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Filme im Kino

MoX Kinotipps KW1008.03.2023













Texte: Horst E. Wegener

Die Fabelmans
USA ´22: R: Steven Spielberg. Ab 9.3. Wertung: **** Bild: Storyteller Distribution Co., LLC. All Rights Reserved.

Vom genre-begeisterten Super-8-Jungfilmer hin zur detailversessen inszenierenden Regie-Titan ist´s ein weiter Weg. Dank Ermutigung durch seine kunstsinnige Mutter meisterte dies Hollywood-Größe Steven Spielberg, der in einer allenfalls auf den ersten Blick typisch amerikanischen Durchschnitts-Familie aufwuchs und sich schon als Kind für die Welt des Filmemachens interessierte, scheinbar mühelos. Allerdings mussten Jahrzehnte vergehen, bis der Kassenknüller-Garant endgültig bereit war, seine eigene Familiengeschichte in einem Film zu verarbeiten. Das Ergebnis, „Die Fabelmans“, stellt Spielbergs persönlichstes Vermächtnis dar. Mit fiktiven Charakteren in einer semiautobiografischen Geschichte errichtet der 76-Jährige für sich selbst und seine jüdisch-stämmige Mischpoke ein Denkmal, das ihn noch einmal die seelisch mitunter arg strapaziösen Achterbahnfahrten der Jahre vorm Hollywood-Entrée durchleben lässt. Los geht´s mit dem allerersten Kinobesuch von Spielbergs Alter ego Sammy (LaBelle), der als Sechsjähriger von den Eltern (Williams und Dano) zu einer Vorführung von Cecil B. DeMilles „Die größte Schau der Welt“ mitgenommen wird – und fortan von diesem Medium nicht mehr lassen will. Burt Fabelman, der Vater des Sechsjährigen, arbeitet als Computerpionier viel. Ist dauernd abwesend. Zudem zieht man wegen der Karriere des Familienoberhaupts viel um. Mutter Mitzi, die eine talentierte Konzertpianistin war, leidet darunter, ihre Kunst zugunsten der Ehe bestenfalls noch hobbymäßig ausüben zu können. Aber hey, wir befinden uns in den 1950ern – während Mom die Filmleidenschaft Sammys versteht, mag dessen Dad darin partout keinen Beruf erkennen. Des Youngsters Vorliebe für Genreklassiker, insbesondere für die Western-Epen John Fords, erstreckt sich wie ein roter Faden durch einen Film, in dem auch der sich zusehends schwieriger gestaltenden Beziehung zwischen den ehegestressten Eltern sowie den Auswüchsen antisemitisch überreagierender Mitschüler auf Sammys Highschool-Alltag viel Raum zugebilligt wird. Während „Fabelmans“-Starfilmer Spielberg der Familiendrama-Strang erst nach dem Tod seiner anno 2017 und ´20 hochbetagt verstorbenen Eltern inszenierbar erschien, bettet er Sammys nie erlahmende Regie-Begeisterung in eine Erfolgsstory ein, die sich in ihrer emotionalen Strömung irgendwo zwischen der Mythologie einer atypisch amerikanischen Familie und dem TV-Clan der Simpsons manifestiert.
D: Michelle Williams, Paul Dano, Gabriel LaBelle, Seth Rogen, Judd Hirsch, Julia Butters, Jeannie Berlin.


Gletschergrab
Island/ Deutschland ´23: R: Óskar Axelsson. Ab 9.3. Wertung: ***
Bild: Splendid Entertainment / Sagafilm


Pech fürs isländische Freundestrio, dass man sich nicht damit begnügt, die Überreste des Nazi-Fliegers im Gletschereis nur entdeckt zu haben. Denn von den Fotos und Videoclips, die einer der Drei seiner daheim gebliebenen Schwester (Ólafsdóttir) schickt, bekommen umgehend auch ein ehemaliger CIA-ler (Glen) sowie ein deutsche Agent (Möhring) Wind. Beim Versuch, sich der Aufnahmen zu bemächtigen, schreckt der Deutsche nicht mal vor Mord zurück. Doch Kristin, auf die er´s abgesehen hat, entgeht dem Anschlag. Gemeinsam mit einem von ihr kontaktierten britischen Historiker, der im Wrack eine brisante Fracht der Nazis vermutet, kämpfen sich die beiden zum Absturzort durch – und Kristin hofft darauf, dort ihren Bruder lebend vorzufinden. In der Verfilmung des gleichnamigen Buchbestsellers bleibt es spannend bis zuletzt – gemäß der literarischen Vorlage, in der Autor Arnaldur Indridason historische Fakten und Legenden aus dem Zweiten Weltkrieg gekonnt miteinander verwebt. Allerdings riecht es für jene, die Indridasons Werk bis zur letzten Seite verschlungen haben, verdächtig nach Zensur, wie sehr sich das filmische Finale vom Ende des Schmökers unterscheidet. Auch deshalb gilt: Geht´s noch?
D: Vivian Ólafsdóttir, Iain Glen, Wotan Wilke Möhring, Jack Ford, Ólafur Darri Ólafsson.


65
USA ´23: R: Scott Beck, Bryan Woods. Ab 9.3. Vorankündigung
Bild: CTMG

Nachdem die Technik des Raumschiffs kollabierte, blieb eine Bruchlandung auf dem nächstgelegenen Planeten als einzige Option. Dieses Vorhaben gelang – doch dann muss Astronaut Mills (Driver) ungläubig erkennen, dass ihn der Crash an den Startpunkt der Erkundungsreise, die Erde, zurück brachte. Nur dummerweise gut 65 Millionen vor Beginn der Mission. Nicht gerade die allerbesten Aussichten für Bruchpilot Mills und die Halbwüchsige Koa (Greenblatt), die diese Notlandung ebenfalls überleben konnte. Fürs Zeitreise-Duo beginnt ein nervenzerfetzender Kampf gegen prähistorische Saurier, denen auch mit modernster Waffentechnik nurmehr mühsam beizukommen ist. Die alles entscheidende Frage lautet: Lässt sich der Rücksturz in ein zivilisierteres Zeitalter irgendwie bewerkstelligen, bevor einen die Urviecher als Snack verputzen? Ein möglichst hyperrealistisches Jurassic World-Gefühl scheint garD: Adam Driver, Ariana Greenblatt, Chloe Coleman, Nika King.antiert durch die Zusammenarbeit des Drehbuch- und Regieerfahrenen Macher-Gespanns Scott Beck und Bryan Woods. Mit dem SciFi- und Thriller-erprobten Actionhelden Adam Driver in der Hauptrolle und einem durch Hollywoods Special-effects-Alleskönner finanziell bestens ausgestatteten Team hinter der Kamera, stehen die Chancen für thrillendes Mainstreamkino gut. Einstweilen der größte Wermutstropfen für „65“-Interessenten: Dass auf 3-D-Technologie verzichtet wurde.
[font=Helvetica]D: Michelle Williams, Paul Dano, Gabriel LaBelle, Seth Rogen, Judd Hirsch, Julia Butters, Jeannie Berlin.[/font]  


Scream VI
USA ´23: R: Matt Bettinelli-Olpin. Ab 9.3. Wertung: ***
Bild: Paramount Pictures
 
Sowohl Sam (Barrera) und Tara Carpenter (Ortega), als auch Chad (Gooding) und Mindy Meeks-Martin (Brown) haben den Horror von „Scream 5“ überlebt. Am neuen Wohnort, der Ostküsten-Metropole New York, fühlen sie sich viel sicherer als im kalifonischen Provinznest Woodsboro. Doch wem sich Ghostface erst mal an die Fersen heften konnte, dem verschafft selbst das Untertauchen im anonymen Großstadtdschungel von Big Apple allenfalls eine kurze Verschnaufpause, bevor das Massakrieren wieder losgeht.
Dass der Unbekannte hinter der Killermaske diesmal in New York City zuschlägt, wann immer er seine Gelegenheit wittert, dürfte das „Scream“-Serienerfahrene Publikum kaum schocken. Verwunderlich ist´s höchstens, dass Courteney Cox´ Gale Weathers sich als mittlerweile einzige Mitwirkende der 1996er Auftaktfolge den Attacken des Slashers stets erfolgreich entziehen konnte. Alsdann: Alles auf Anfang; dass Teil VI nichts für Zartbesaitete ist, muss man wohl kaum erwähnen.
D: Courteney Cox, Melissa Barrera, Jenna Ortega, Jasmin Savoy Brown, Mason Gooding, Dermot Mulroney, Hayden Panettiere.


Broker – Familie gesucht
Südkorea ´22: R: Hirokazu Kore-eda. Ab 16.3. Wertung: ****
Bild: Plaion Pictures
Als Besitzer einer Kleiderwäscherei hat Sang-hyun (Song Kang-ho) immer öfter Stress mit lokalen Gangstern. Da sein Freund Dong-soo (Gang Dong.won) in der nahegelegenen Kirchengemeinde arbeitet, die über eine Babyklappe verfügt, heckt das Duo einen Plan aus. Man greift sich jene Winzlinge, die in der Klappe abgelegt wurden, um die Kleinen dann an zuvor ausgesuchte, ihnen sympathisch erscheinende und gut betuchte junge Paare gegen einen Obolus weiterzureichen. Als Dong-soo und Sang-hyun dann mal wieder mit einem auf diese Weise abgegriffenen Baby wie gewohnt entschwinden wollen, steht dessen Mutter plötzlich vor den beiden. Beharrt darauf, bei der Wahl der Adoptiveltern für ihren Winzling mitentscheiden zu wollen. Was bleibt dem überrumpelten Freundes-Duo anderes übrig, als So-youngs (Lee Ji-eun) „Bitte“ zu entsprechen. Gar nicht so einfach, sich auf passende neue Eltern festzulegen. Während das Trio hin und her überlegt, ahnt man nicht, dass Sozialarbeiterin Su-jin (Bae Doona) vom Babyklau längst mehr als eine Ahnung hat, dem Trio mitsamt der Polizei bereits auf den Fersen ist. Das Dreierbündnis muss sich zu einem spontanen Roadtrip zusammenraufen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen – was der Regie reichlich Gelegenheit gibt, Herzschmerzkino ohne Sentimentalität oder gar Schmalz überzeugend in Szene zu setzen. Einer der Cannes-Favoriten 2022.
D: Song Kang-ho, Gang Dong-won, Bae Doona, Lee Ji-eun.


Das Blau des Kaftans
Frankreich ´22: R: Maryam Touzani. Ab 16.3. Wertung: ****-vier Punkte
Bild: Arsenal Filmverleih
Über zu wenig Arbeit kann sich Maßschneider Halim (Bakri), der gemeinsam mit seiner Frau Mina (Azabal) in der Medina einer marokkanischen Stadt sein Traditionsgeschäft betreibt, kaum beklagen. Von moderner Stangenware und dem Einsatz von Maschinen hält er wenig, fertigt einen Kaftan nach alter Kunst ausschließlich mit der Hand. Dass so ein Prachtstück dann mehrere Monate braucht, bis es der Kunde tragen kann, versteht sich von selbst – und die vielen Stunden Arbeit lassen sich in Bargeld kaum mehr umrechnen. Da Mina todkrank ist, sucht Halim also nach einem Lehrling. Youssuf (Messioui), der Neue, stellt sich zur Freude seines Chefs nicht nur recht geschickt im Laden an, sondern er erweist sich obendrein als jemand, der sich zu Männern hingezogen fühlt. Damit teilt er die homosexuellen Neigungen seines Arbeitgebers, der als Marokkaner sein Schwulsein nur heimlich im Haman ausleben kann. Mina weiß um die Veranlagung ihres Ehemanns, hat es aber gelernt, sich damit zu arrangieren. Dennoch gerät das seit langem sorgsam austarierte Gleichgewicht in den Räumen der Schneiderei durch die in Gang kommende Dreiecksgeschichte aus dem Tritt.
Dialogarm, grandios besetzt, und ganz auf ihr schauspielerndes Trio zugeschnitten, lotet Regisseurin Maryam Touzani die kleinen Fluchten sowohl für Männer als auch Frauen innerhalb der patriarchalisch geprägten marokkanischen Gesellschaft aus. Ein Programmkinoschmankerl vom feinsten.
D: Saleh Bakri, Ayoub Messioui, Lubna Azabal, Mounia Lamkimel, Abdelhamid Zoughi.

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