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Filme im Kino

MoX Kino-Tipps KW 4904.12.2024













Texte: Horst E.  Wegener


The Outrun
GB/Deutschland ´24: R: Nora Fingscheidt. Ab 5.12. Wertung: ***** Bild: Studiocanal
Wer die Einsamkeit sucht, wird auf den kargen Orkneyinseln, hoch droben vor der nördlichsten Küste Schottlands gelegen, mit Sicherheit fündig. Für Rona (Ronan), die auf einer dieser weltentrückten Inselchen geboren wurde und froh ist, der familiären Enge ihrer zurückgezogen lebenden Familie nach ihrer erfolgreich absolvierten Schulzeit endlich zum Studieren gen Großstadt entfliehen zu können, entpuppt sich das Nachtleben in London als süße Verlockung, der sich die Biologie-Studentin mit Wonne hingibt. Erstaunlich, dass sie es bis zum Master schafft, so exzessiv wie das Partygirl bald auf Feten und in Bars abhängt, um sich immer sinnloser zu besaufen. Doch erst als Ronas Freund Daynin (Essiedu) ihr die Beziehung aufkündigt und sie nach einem ihrer üblichen Saufgelage von einem Brutalo misshandelt und fast vergewaltigt wird, beschließt die Alkoholikerin die Reißleine zu ziehen. Für die anstehende Promotion fehlt ihr eindeutig die Möglichkeit, sich auf ein Thema fokussieren zu können und sich nicht ablenken zu lassen. Ein solch radikaler Entzug scheint Rona nur in der alten Heimat möglich, weshalb sie ins Elternhaus zurückkehrt. Eine Zeitlang geling der trockenen Alkoholikerin die Rückbesinnung auf ihren früheren Alltag, hilft sie dabei Lämmer auf die Welt zu bringen und die elterliche Farm am Laufen zu halten – doch eine Sucht ist nicht heilbar, nur beherrschbar. Nach einem Rückfall greift die Naturwissenschaftlerin dankbar zu, als man ihr einen Job auf der entlegensten der Orkneyinseln anbietet: Dort soll sie zunächst erkunden, ob die äußerst seltene Spezies des Wachtelkönigs auf dem Archipel noch existiert, und gegebenenfalls seinen Gesang dokumentieren. Die totale Einsamkeit ringsumher tut Rona gut, lässt sie innehalten und ihre Situation endlich reflektieren. So chronologisch sich diese Geschichte einer Süchtigen auf Entzug in der Zusammenfassung anhören mag, im Film muss man dies wie ein Puzzle mühsam zusammensetzen, da „The Outrun“ unentwegt zwischen Szenen im quirligen London und auf zwei kargen Orkneyinseln hin und her schaltet. Amy Liptrot, die die Vorlage zum Film schrieb, wuchs auf den Orkneyinseln auf und schildert im Roman ausführlich ihre Alkoholabhängigkeit. Nora Fingscheidt ist spätestens seit ihrem Film „Systemsprenger“ dafür bekannt, jemanden ins Zentrum des Geschehens zu rücken, der durch alle Raster fällt. Saoirse Ronan in der Hauptrolle erweist sich als ideale Besetzung: Mit Wut und Wucht, aber auch großer Verletzlichkeit spielt sie ihrer Rona die verzweifelte Seele aus dem Leib und gibt ihr eine Vielschichtigkeit, dass man der Süchtigen in nahezu jeder Hinsicht alles zutrauen darf. Kaum weniger großartig funktioniert die Kulisse der Orkneyinseln, die – rauh und naturparadiesisch zugleich – zwischen Bedrohung, Schönheit und naturmystischer Möglichkeit einfach keinen Unterschied macht.
D: Saoirse Ronan, Paapa Essiedu, Stephen Dillane, Saskia Reeves, Nabil Elouahab.


Shambhala
Nepal/Frankreich/Norwegen/Hongkong/China/Taiwan/Türkei/Katar/USA ´24: R: Min Bahadur Bham. Ab 5.12. Wertung: **** Bild: Shooney Films
In einigen der entlegenen nepalesischen Dörfer hoch droben im Himalaya-Gebirge ist Polyandrie auch heutzutage noch gelebte Realität – was Pema (Lhamo) die Gelegenheit gibt, nicht nur ihren geliebten Tashi (Dalha) zu ehelichen, sondern zugleich auch noch dessen Brüder, den minderjährigen Dawa (Gurung) und den buddhistischen Mönch Karma (Topden) zu heiraten. Das anfänglich zelebrierte Familienglück trübt sich dann allerdings ein, als Ehemann Nummer Eins für mehrere Monate mit einer Gruppe von Handelsreisenden gen Lhasa entschwindet. Da Karma im Kloster lebt, ist Pema während Tashis Abwesenheit mit ihrem jüngsten Ehemann, dem Bettnässer und Träumer Dawa allein, der in der von ihm ungeliebten Schule immer öfter rauflustig aneckt. Dass sein Lehrer Ram Sir (Shakya) irgendwann bei Pema zuhause vorbeischaut, um sich mit ihr über die Zukunft des trotzköpfigen Schülers auszutauschen, heizt die Gerüchteküche mächtig an. Im Zuge dessen, dass sich die selbstbewusste junge Frau längst auch über ihre Schwangerschaft im Klaren ist, sagen die Dörfler ihr bald eine Affäre mit Dawas Lehrer nach. Da somit auch Tashis Vaterschaft angezweifelt wird, macht sich der vermeintlich Gehörnte vor seiner Rückkehr aus dem Staub, sobald ihm der Unsinn zu Ohren kommt. Nun ihrerseits wild entschlossen, die Wahrheit aufzudecken, startet Pema eine Suchaktion nach ihrem zweifelnden Ehemann Nummer eins. Im Kloster wird Tashis Bruder Karma dazu angehalten, der Alleinreisenden beizustehen. Widerwillig schließt der Mönch sich Pema an – und die anspruchsvolle Reise der beiden über teils unwegsame Trampelpfade fordert ihnen emotional einiges ab, bringt sie einander aber allmählich näher. Als die Schwangere den Gesuchten dann endlich aufspürt, fordert dieser sie zur Abtreibung auf, unabhängig davon, wer der Kindesvater sein mag. Da sie aber das Ungeborene behalten will, willigt Pema in ein archaisches Ritual ein, das einem Todesurteil gleichkommt - nur um ihre Unschuld zu belegen. Bis zuletzt betört der für den Auslands-Oscar 2025 nominierte Film uns Kinogänger mit fast schon meditativ in Szene gesetzten Landschaftsbildern, beeindruckt mit einer sowohl auf Moderne als auch Tradition beharrenden Hauptdarstellerin – und regt zum Nachdenken an.
D: Thinley Lhamo, Sonam Topden, Tenzing Dalha, Karma Wangyal Gurung, Karma Shakya, Loten Namling.


Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann
Deutschland ´24: R: André Schäfer. Ab 5.12. Wertung: **** Bild: Mindjazz
Über Jahrzehnte hinweg brütete Thomas Mann über seinem Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“, schrieb und unterbrach und überarbeitete er den Inhalt immer mal wieder. Bis heute meinen viele Literaturwissenschaftler, dass es diesem weltberühmten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts hier mehr oder minder offen ums Hinterfragen seiner eigenen Sehnsüchte und (sexuellen) Identitätskonflikte ging. Mit Originalzitaten, dokumentarischem Bildmaterial und fiktionalen Szenen nähert sich Dokumentarfilmer André Schäfer dem Werk und den unterdrückten homoerotischen Neigungen des Jahrhundertschriftstellers an, geleitet uns der Schauspieler Sebastian Schneider wechselweise als Thomas Mann oder Felix Krull durch den Roman wie das Leben des Nobelpreisträgers. Dabei deutet allein schon der im filmischen Vorspann vermerkte Hinweis „nach Texten von Thomas Mann“ auf den recht freien Umgang mit dem herangezogenen „Material“ hin und macht die gewollte Zuspitzung der Schäfer´schen These, den Krull-Stoff als homoerotisches Bekenntnisbuch entziffern zu wollen, mehr als deutlich. Die Umsetzung wird ebenso frech wie respektabel gemeistert, was einem den Kinobesuch ans Herz legt.
D: Sebastian Schneider.


Toni und Helene
Deutschland/Österreich/Schweiz ´23: R: Sabine Hiebler. Ab 5.12. Wertung: **** Bild: Orbrock Tivoli
Toni (Tiesel), um die achtzig, ist zu Hause gestürzt, muss kurzzeitig in einer Pflegeeinrichtung wieder aufgepäppelt werden – und landet in einer edlen Seniorenresidenz. Ihre in etwa gleichaltrige Zimmernachbarin Helene (Ostermayer) markiert auf Grande Dame, da sie schließlich auch im Unruhestand noch als bekannte Schauspielerin durchgehen will. Das No Smoking-Schild in ihrem Zimmer treibt Neuankömmling Toni zum Rauchen umgehend auf den Balkon. Da Helene Nichtraucherin ist, verbindet die elegante, reiche, unnahbare Diva und Kurzzeit-Nachbarin Toni zunächst herzlich wenig. Doch dann reift in der unheilbar kranken Helene der Entschluss, Toni als Chauffeurin anzuheuern. Gemeinsam fährt man in Helenes Limousine nach Zürich zur Sterbehilfe – schließlich möchte die Krebskranke nicht irgendwann mit der Schnabeltasse in der Hand vor sich hindämmern. Während die beiden alten Damen auf der Fahrt von Wien gen Zürich ihre wachsende Freundschaft trotz etlicher Hindernisse besiegeln, folgt ihnen Helenes Neffe, für den Sterbehilfe Sünde ist. Wie mag das enden, fragt man sich vor der Leinwand, während sich diese beiden großartigen Schauspielerinnen in unsere Herzen katapultieren. Kann der Tod nicht noch ein Weilchen warten, bevor er zuschlägt? Gespannt seh´n wir dem Finale entgegen, sind angefasst, gerührt, nachdenklich.
D: Christine Ostermayer, Margarethe Tiesel, Julia Koschitz, Manuel Rubey, Thomas Mraz.


Here
USA ´24: R: Robert Zemeckis. Ab 5.12. Wertung: *** Bild: DCM
In „Here“, seiner Adaption einer gleichnamigen Graphic Novel von Richard McGuire, spannt Hollywoods Regiealtmeister Robert Zemeckis den filmischen Erzähl-Bogen über zig Jahrtausende: Los geht´s im Zeitalter der Saurier, weiter zu den Ureinwohnern in einer Gegend der heutigen USA, in der dann anno 1902 ein Wohnhaus errichtet und übers gesamte 20. bis ins 21. Jahrhundert hinein von den unterschiedlichsten Eigentümern und Mietern bewohnt wird. Die ersten Bewohner des Hauses sind eine junge Ehefrau und Mutter namens Pauline (Dockery), deren Mann John (Lee) für die Fliegerei schwärmt, gefolgt von Leo (Fynn) und Stella Beekman (Louibond), die sich ab Mitte der 1920er im Haus einquartieren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs treten Kriegsheimkehrer Al Young (Bettany) und seine Frau Rose (Reilly) an ihre Stelle, deren Kindern und Enkeln von der Regie bis 2015 beim Abhandeln von beruflichen sowie Ehehöhe- nebst -tiefpunkten am intensivsten hinterfragt werden – immerzu durch eine an der Zimmerdecke starr installierten Kamera, die den Alltag im über die Jahrhunderte selten komplett neu möblierten Wohnzimmer festhält. Ab 2015 ziehen dann die Harris ins Haus ein, und verlangen als die ersten Farbigen im Viertel ihren weißen Mitmenschen ein radikales Umdenken hin zu einem harmonisch-toleranteren Miteinander ab.
Verpasste Lebenschancen, fragwürdige Entscheidungen, Liebe, Untreue, Unzufriedenheit, Depression und Suff, die Sorge um alternde Eltern und neuen Nachwuchs: Filmer Zemeckis macht das ganz große Fass an Alltagsbetrachtungen auf, lässt vor allem sein Star-Duo Tom Hanks (alias Richard Young) und Robin Wright (als seine große Highschool-Liebe Margaret) mithilfe der „De-Aging-Technologie“ verjüngt aufeinandertreffen, sich in einander verlieben und altern. Nicht minder sehenswert ist und bleibt die Liebe zu einem weiteren Detail: Wie sich die Einrichtung des Wohnzimmers im Lauf der Zeit verändert, führt einem vor Augen, wie wenig man doch manche Erinnerungsstücke wertschätzt.
D: Tom Hanks, Robin Wright, Paul Bettany, Kelly Reilly, Michelle Dockery, Gwilym Lee, David Flynn, Ophelia Louibond, Nicholas Pinnock, Nikki Amuka-Bird.


Wicked
USA ´24: R: Jon M. Chu. Ab 12.12. Vorankündigung Bild: Universal Studios
Unter Musical-Fans dürfte es sich schon seit längerem herumgesprochen haben, dass einem hier die Filmadaption des Broadway-Hits „Wicked – Die Hexen von Oz“ auf die Kinoleinwand geholt wird; entsprechend der auf zwei Akte aufgeteilten Vorlage hat Hollywoods Traumfabrik nun Regisseur Jon M. Chu seine filmische Adaption ebenfalls in zwei Teile splitten lassen, die anno 2024 und kurz vor Weihnachten ´25 in unsere Kinos kommen werden. Natürlich ist die eigentliche Geschichte noch viel älter, basiert auf Figuren des Kinderbuchs „Zauberer von Oz“ und des gleichnamigen Filmklassikers von 1939 – bei „Wicked“ wird die Vorgeschichte der Oz-Figuren erzählt, geht es darum, wie Elphaba und Galinda zur bösen Hexe des Westens und zur guten Hexe des Nordens werden. Die von Cynthia Eriva gespielte spätere böse Hexe wird in ihrer Jugend ständig wegen ihrer grünen Hautfarbe gemobbt, kann sich aber mit Klugheit und durch ihre magischen Fähigkeiten den Respekt ihrer Schulleiterin und die Freundschaft der beliebten, aber oberflächlichen Mitschülerin Galinda (alias Ariana Grande) erwerben. Wie alle anderen hofft auch Elphaba inständig auf eine Einladung durch den Zauberer von Oz, doch als sie dann tatsächlich in dessen Smaragdstadt empfangen wird, dämmert es ihr schnell, dass der große Zauberer längst nicht mehr so mächtig ist, wie das alle Welt glaubt…Special-effects-mächtige, starbesetzte Fantasy-Mär mit Gesangs- und Tanzeinlagen à la Hollywood.
D: Cynthia Eriva, Ariana Grande, Jeff Goldblum, Michelle Yeoh, Jonathan Bailey.

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