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„Das Café ohne Namen“ von Robert Seethaler13.09.2023



Text und Foto: Thea Drexhage
Zufällig ergibt sich 1966 am Wiener Karmeliter-Markt, auf dem er bisher für eine bescheidene Existenz gearbeitet hat, in einem alten Haus eine Chance, diesen Traum wahrzumachen. Das Café läuft überwiegend gut. Einfache Menschen aus dem Viertel gehen regelmäßig ein und aus. Die Schicksale dieser Menschen, die zu Robert Simon eine besondere Beziehung aufbauen, nähren die gesamte Handlung. Nach zehn Jahren wird das Haus an Immobilien-Spekulanten verkauft und der Pachtvertrag gekündigt. Robert Simons weiterer Lebensweg bleibt offen.
Besonders schön gezeichnet ist dabei die Bescheidenheit des Protagonisten, die mich ein wenig an Seethaler selbst erinnert und die Art und Weise, wie der Roman die damalige Zeit beschreibt. Das passiert über die Figuren selbst, wie durch zwei wiederkehrende, schon etwas ältere Frauen, die immer in das Café kommen, um zu tratschen, aber schon mit einem gewissen Reflexionsvermögen. Große Teile der Handlung werden den Lesenden durch Dialoge eröffnet.
MoX: Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Elisabeth Drab: Besonders gefällt mir die Ausschnittbildung, die bei Seethaler hier wie auch in anderen seiner Romane exemplarische Bedeutung erlangt. Deswegen hat das Café, wie der Titel ja verrät, keinen Namen. Es steht für ein sozial schwaches Viertel in Wien. Der Wirt und die Stammgäste werden gleichsam als Prototypen porträtiert. Das Café versammelt also Lebens- und Zeitumstände, über die von den Stammgästen wieder und wieder dort und in der näheren Umgebung kommuniziert wird. Der zentrale Ort der Handlung steht für Vertrautheit, für Heimat und für Geborgenheit, aber eben auch für Vergänglichkeit. Biografische Bezüge Seethalers lassen sich unterschwellig ausmachen. Viele Figuren sind - wie in allen Seethaler-Romanen - Außenseiter und mit existentiellen Fragen beschäftigt.
Mich erreicht er mit seiner tiefgängigen Schreibart sehr. Seine Figuren werden plastisch, indem der Autor mich indirekt dazu auffordert, sie in meiner Vorstellung weiterzuentwickeln. Ein großer Reiz und ein Lesegenuss, wie ich finde.
MoX: Wie haben Sie das Buch gelesen?
Elisabeth Drab: Das Buch erschien im letzten Frühjahr. Ich habe es als gebundene Ausgabe zum Geburtstag geschenkt bekommen und es im Sommerurlaub gelesen.
MoX: Wem würden Sie das Buch empfehlen?
Elisabeth Drab: Ich empfehle dieses Buch allen, die gerne eintauchen in den damaligen Zeitgeist und diesem aus der Perspektive einfacher Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, nachspüren wollen. Wer Seethaler bereits kennt und mag, kommt hier voll auf seine Kosten. Interview und Foto: Thea Drexhage

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