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Die kleine Geste der großen Entschuldigung29.06.2021

Text und Foto: Thea Drexhage

„Bevor ich hier angefangen habe, wusste ich gar nicht, dass es sowas hier gibt. Unter Mediatoren kennt man sich, da gibt es auch so ein Netzwerk. Frau Hillenstedt, meine Vorgängerin, kannte ich, aber ich wusste nie genau was sie macht. Als hier eine Stelle vakant wurde hat sie mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte, und ich fand das super interessant und habe mich dafür entschieden.“ Während sich die Familienmediation mit Trennungen, Scheidungen oder anderweitigen familieninternen Problemen befasst, ist dieser neue Bereich an die Vermittlung zwischen Täter*in und Opfer angelegt und erfordert neue Kenntnisse. Diese konnte sich Hilke Kenkel-Schwarz nach ihrer Grundausbildung zur Mediatorin in drei Aufbaumodulen einer bundesweiten Organisation zum Täter-Opfer-Ausgleich aneignen, doch der Lernprozess hört ihrer Meinung nach nie auf. „Es gibt immer Veranstaltungen und Fortbildungen in Methoden, welche man machen kann. Das Angebot zur Weiterbildung ist sehr gut organisiert.“ Während man sich als Außenstehende*r vorstellen mag, dass so viel Kontakt mit Straftaten und dem Gesetz Belastungen an der eigenen Psyche hervorruft, empfindet Hilke Kenkel - Schwarz nichts als Freude für ihren Beruf. „Wenn man damit arbeitet, stimmt das überhaupt nicht. Natürlich wird man mit Vorfällen und Schicksalen konfrontiert, die wirklich hart sind, aber die Leute, die hier herkommen machen das freiwillig und haben das Potenzial etwas zu ändern bzw. wieder gut zu machen. Für die Geschädigten ist das eine Chance etwas mit der Situation abzuschließen, weil sie erlebt haben, wie sich jemand entschuldigt hat oder eine Wiedergutmachungsleistung erbracht hat. Von daher belastet das mich nicht so. Ich finde das super interessant und bin immer echt bewegt, was für Potenzial in den Menschen steckt. Gerade bei Jugendlichen.“
Mit der Übernahme der Geschäftsführung stehen für Hilke Kenkel-Schwarz ganz neue Aufgaben an, neben Buchhaltung und Co. beispielsweise, wie man den Verein noch präsenter in der Stadt macht oder ob man nicht auch an Schulen aktiver werden kann, doch das direkte Arbeiten mit den Menschen möchte sie deshalb nicht einstellen. Doch was unterscheidet die Arbeit der Mediatorin bei Strafsachen vom Gericht? Laut Kenkel-Schwarz geht es bei dem freiwilligen Programm vor allem darum, einen direkten Austausch zu fördern. Vor allem die Geschädigten haben oft den Wunsch, dass die Täter*innen merken, was sie ihnen angetan haben. Während es vor dem Gericht überwiegend um Zeugenaussagen geht und darum, eine Distanz zu wahren, bietet die Mediation die Möglichkeit, eigene Gefühle und Gedanken direkt zu zeigen und damit mehr im Täter zu bewirken als eine einmalige Strafe oder Wiedergutmachungsleistung. Dabei kommen die Menschen aus ganz verschiedenen Bereichen in den Verein. Einige finden den Weg von allein, anderen wird der Verein vom Gericht, der Polizei oder auch dem Jugenddezernat empfohlen. Natürlich besteht auch bei Hilke Kenkel-Schwarz nicht das ganze Leben aus der Arbeit. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich gern mit den schönen und kreativen Dingen des Lebens. „Ich bin in einer Nähgruppe. Außerdem habe ich mich gerade für einen Zeichenkurs angemeldet und mir ein Buch über Ikebana gekauft. Ich bin sehr neugierig und etwas kreativ zu machen, das entspannt mich.“ Auch das Reisen sei nicht uninteressant. „Vielleicht mache ich ja mal eine Hospitation beim Institut of Restorative Justice in Kanada.“ …und da ist sie dann auch schon wieder, die Arbeit.


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