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Immer mit der Ruhe13.09.2023


Text und Foto: Thea Drexhage
Denn sie gibt sich nicht der gängigen Popklischees hin, dass alles happy, positiv und hyperfeminin sein muss. Ilgen-Nur gibt zu, dass das Leben manchmal anstrengend ist und es einfach schöner wäre, im Bett zu bleiben. Die betitelte Slacker-Queen betrat um das Jahr 2017 mit ihrer ersten EP „No Emotions“ die Bildfläche und konnte schnell als Support von Bands wie Tocotronic Sympathien bei der Indie-Community mit ihren Lo-Fi-Pop und ihrer zu diesem Zeitpunkt noch recht introvertierten Art sammeln. 2019 folgte dann das Debütalbum „Power Nap“ mit dem sie die Macht des Mittagsschlafs förmlich zelebriert, was auch die Musikpresse begeistern konnte - man kennt sie ja, die stetig müden Journalist*innen. Borali stammt aus einer Arbeiterfamilie türkischer Herkunft und wuchs im Süden Deutschlands auf. In ihrer Jugend lernte sie, Klavier und Gitarre zu spielen, sah die Musik zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht als Karrieremöglichkeit.
So zog sie erst einmal nach Hamburg für ein Kommu-nikationsdesignstudium. Eine Stadt, die im Gegensatz zum schrillen, lauten Berlin, geprägt ist von einer Indiemusikszene, deren Fundament aus Lethargie besteht - Inspiration fand sich daher schnell.
Lethargie bedeutet aber keineswegs, dass Ilgen-Nur faul ist, die Qualität ihrer Songs spricht dabei für sich, sondern dass sie schlichtweg nicht mitmacht bei dem Höher-Schneller-Weiter, bei der Alles-Muss-Glänzen-Instagram-Men-talität. In ihren Texten geht es um Unsicherheiten, Selbst-zweifel, Zukunftsängste und darum, manchmal einfach nicht so cool zu sein, wie die anderen und das ist auch OK. Sie schafft es in ihren Songs, auf nahezu naive Art und Weise Klein-igkeiten des Alltags auf-zugreifen.
Die tiefen Augenringe, die nichtmal den eigenen Schwarm entstellen (“The Bags under your eyes”), das elendige Gefühl, am Sonntag festzustellen, dass man vergessen hat, neue Milch einzukaufen und das schwarzer Kaffee einfach furchtbar schmeckt (“In my head”) oder das Gefühl, nachdem man ein klein wenig Ordnung in seine Umgebung gebracht hat (“Clean Sheets’).
Mittlerweile hat es die Musikerin doch nach Berlin verschlagen eine Stadt, die sich besser mit privaten und musikalischen Bedürfnissen kombinieren lässt. Für ihr im Oktober erscheinendes Album „It’s All Happening“ fand sie ihre Inspiration hingegen ganz woanders. In der heißen Sonne Kaliforniens. Für das SXSW-Festival ging es 2020 nach Los Angeles. Da dieses dann, wie viele andere Großevents auch, der Pandemie zum Opfer fiel, entschied sie sich, das Beste aus der Situation zu machen und etwas Zeit in der Stadt der Engel zu verbringen. Seitdem zog es sie immer wieder dorthin zurück – bis hin ins Studio. Der Song „Purple Moon“ entstand vor Ort und klingt internationaler und erwachsener als ihre bisherigen Veröffentlichungen, ohne dabei an Lässigkeit zu verlieren. Das Lässig-Sein können die Kalifornier zum Glück ja auch ganz gut. Während L.A. als Stadt der großen Plattenfirmen und der noch größeren Träume bekannt ist, sehnt sich Ilgen-Nur nicht nach dem großen Plattenvertrag und internationalem Ruhm, sondern schlägt den genau gegenteiligen Weg ein. So veröffentlicht sie ihren neuen Langspieler wieder in Eigenregie auf dem selbstgegründeten Label Power Nap Records. Und nach der auferzwungenen Live-Pause geht es nun auch endlich zurück auf Headlinerinnen-Tour durch die Clubs im deutschsprachigen
Raum.


Ilgen-Nur live:

23.11.2023, Bremen, Tower
26.11.2023, Hamburg, Knust

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