LzOLzO
OLDENBURG
Freitag

22

November

Foto:
Jugend in Oldenburg

Hier geht es zu den aktuellen Ausgaben

Suche:

direkte Antwort ohne Umwege!

Kleinanzeigen

Aktuelles

Zeitlose Intensität05.04.2023



Text und Foto: Britta Lübbers

Es wurde der Grundstein einer lebenslangen Liebe. „Kein Bild von mir ist ohne Dangast möglich“, resümierte er später. Hundert Jahre ist der Hauskauf her. „Alles auf Anfang. Hundert Jahre Franz Radziwill in Dangast“ ist auch die Ausstellung überschrieben, die noch das ganze Jahr bis zum 7. Januar 2024 im Franz Radziwill Haus in der Sielstraße zu sehen ist. „Wir zeigen ein Frühwerk vom Feinsten“, freut sich Konstanze Radziwill, Vorsitzende der Franz Radziwill Gesellschaft und Tochter des Malers, die die Ausstellung kuratiert hat. „Für Radziwill bedeutete die Entscheidung für die Provinz alles andere als Stillstand“, ergänzt Mara-Lisa Kinne. Die Kunsthistorikerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Oldenburg und mit einer halben Stelle zugleich Radziwill-Kuratorin.
Nachdem Franz Radziwill den Metropolen den Rücken gekehrt hatte, änderte er auch seinen Stil. 1920, bei seinem ersten Besuch in Dangast, folgte er der Leuchtspur der Brücke-Maler, kam als Expressionist und warf mit schneller Geste gleißende Farben auf die Leinwand. Nun wandte er sich von dieser Malerei ab und entdeckte den weiten Raum und die Landschaft. Sein Ankerpunkt und sein Rükkzugsort war das Fischerhaus, das er, der gelernte Maurer, eigenhändig renovierte und ausbaute. „Er konnte alles bis auf Elektrik und kochen“, erzählt Konstanze Radziwill. Zwar pflegte ihr Vater seine Kontakte in den großen Städten und verließ den Weiler Dangast regelmäßig, um wieder Großstadtluft zu atmen, kehrte aber verlässlich zurück. Dangast war sein fester Boden, der ihm die Grundlage für sein weiteres Werk bot. Jeden Tag ziehe er mit dem ablaufenden Wasser aufs Watt, schrieb er in einem Brief an seinen Freund Wilhelm Niemeyer. Nackt, bis zu den Knien im Schlick. Kein Mensch weit und breit, nur Radziwill, der das unbändige Wesen der vielen kleinen Dinge um sich herum spüren wollte.
Franz Radziwill war – nicht nur im Watt – ganz für sich. Sein Wirken in der abgeschiedenen Natur vollzog sich jenseits einer Gemeinschaft. Auch wenn er Freundschaften und den kreativen Austausch pflegte, wurde er nie Teil einer Künstlerkolonie. Radziwill war ein Solitär, ein Individuum, das Kraft aus der rauen Küstenumgebung zog und sich von ihr inspirieren ließ. Die Ausstellung zeigt Radziwills radikalen Stilbruch mit über 50 Exponaten aus der Zeit von 1919 bis 1925.
„Das größte Wunder ist die Wirklichkeit“, so lautete sein Credo. Fasziniert von der Technik seiner Zeit stellte er auch deren Gefahrenpotenzial dar. Radziwill war einer der ersten Naturschützer, was ihm in Dangast keine Sympathien einbrachte, zumal er sich zuweilen sehr robust für die Umwelt einsetzte. Seine ambivalente Haltung zum Fortschritt lässt ihn und sein Werk heute hochaktuell erscheinen.
Ambivalent war auch seine Rolle im Nationalsozialismus. Bereits 1933 trat er in die NSDAP ein und wurde außerordentlicher Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Doch schon zwei Jahre später verlor er das Amt. Er wurde mit Ausstellungsverboten belegt, sein Frühwerk als „entartet“ verunglimpft. Dieses Werk, das jetzt umso eindrücklicher wirkt. Ob „Segelboote im Schnee“ oder „Dorfkrug Dangast“ (wo der Maler gerne feierte und kegelte): Die Bilder haben nichts von ihrer Intensität verloren. Stellt man sich an einem verhangenen Tag an den Strand, lässt den Blick über das Kurhaus schweifen und vergleicht die Szene mit jener auf dem Radziwill-Gemälde „Dangast vom Meere aus“, dann ist kaum vorstellbar, dass zwischen dieser und jener Ansicht hundert Jahre liegen sollen.

Kommentare

Keine Kommentare vorhanden.

Um hier Kommentare abgeben zu können müssen Sie sich erst Anmelden!

Benutzername:     Passwort:    

Wenn Sie Ihr Passwort vergessen haben oder Sie sich registrieren wollen Klicken Sie bitte hier.


Sonderseiten
MoX-DIABOLO Ratgeber
EXB Handwerk