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MoX Kinotipps KW 0426.01.2023









Texte: Horst E. Wegener


Close
Belgien/Frankreich/ Niederlande ´22: R: Lukas Dhont. Ab 26.1. Wertung: ****
Léo (Dambrine) und Rémi (de Waele) sind allerbeste Freunde, miteinander vertraut von klein auf. Und wer den beiden Jungs dabei zuschauen darf, wie sie in ihrer Freizeit unbeschwert draußen herumtollen oder sich ausmalen, wie der eine später mal den Manager des anderen, musikalisch hochbegabten Kumpels abgeben könnte – dem sollte eigentlich nichts anderes in den Sinn kommen, als hiermit Zeuge einer glücklichen Kindheit in „Close“ zu sein.Doch nach diesem Auftakt und mit Beginn eines neuen Schuljahres sowie dem Wechsel unserer beiden 13-Jährigen an die Oberschule kommt unter deren Mitschülern schnell die Frage auf, ob da mehr als nur Vertrautheit zwischen Léo und Rémi existiert. Léo, der seinem Kumpel bislang nah und vertraut wie ein Bruder war, werden die Verdächtigungen jedoch bald total unangenehm. Er beginnt, Rémi in der Öffentlichkeit zusehends auf Distanz zu halten. Entdeckt obendrein den beinharten Eishockey-Sport für sich – auch weil man hier seine Aggressionen perfekt ausleben kann, einem niemand unterstellt, schwul zu sein. Wie mit einer wachsenden Distanzierung zwischen den zwei Teenies umzugehen ist, dem spürt die Regie nach. Mit zuweilen poetisch anmutenden Aufnahmen blättert der Belgier Lukas Dhont eine tief unter die Haut gehende Geschichte vom Ende der Unschuld auf, erzählt er von einer Lebensphase, die auch die Kindheit ablöst, um Raum fürs Erwachsenwerden zu machen. Schuld und Vergebung, auch sich selbst gegenüber, werden zum zentralen Thema von „Close“, jenem Jugenddrama, das zusehends mehr an Reife gewinnt, je länger und tragischer sich die Ereignisse entwickeln. Neben den ausdrucksstarken Jungschauspielern Eden Dambrine und Gustav de Waele punkten auch Léa Drucker und Emilie Dequenne als in Erziehungsfragen locker eingestellte Mütter.
D: Eden Dambrine, Gustav de Waele, Emilie Dequenne, Léa Drucker, Kevin Janssens, Marc Weiss. Bild: Kris Dewitte


The Son
GB/ USA/ Frankreich ´22: R: Florian Zeller. Ab 26.1. Wertung: ***

Kate (Dern) kommt mit ihrem Youngster Nicholas (McGrath) immer weniger zurecht, seit sich der 17-Jährige zum grüblerischen Eigenbrötler und aggressiven Schulschwänzer entwickelt. Sie hofft darauf, dass ihr Ex Peter (Jackman) vielleicht eher Zugang zum gemeinsamen Sohn findet. Der New Yorker Erfolgsanwalt hat nach der Scheidung von Kate mit der jüngeren Beth (Kirby) erneut Nachwuchs gezeugt, fühlt sich Nicholas gegenüber aber verpflichtet. Schließlich will Peter keinesfalls so kaltherzig dastehen, wie einst sein eigener Vater (Hopkins) – weshalb er den 17-Jährigen zu sich in die noble Citywohnung holt. Obwohl Peters Neue diese Entscheidung mitträgt, ist das Verhältnis zwischen der pragmatisch und mitfühlend agierenden Beth und Nicholas schnell angespannt. Dessen Depressionen entladen sich in Gefühlsausbrüchen, münden in sozialen Rückzug und Schlimmerem ein. Mit „The Son“ ergänzt der Theater-affine Regisseur Florian Zeller das vor gut zwei Jahren mit Anthony Hopkins starbesetzte, Oscar-prämierte Familiendrama „The Father“ um eine weitere Facette. Diesmal vertraut die Regie vor allem ihrem schauspielernden Ensemble um Hugh Jackmans zwischen Hilflosigkeit und Aktionismus schwankenden Hauptdarsteller, verweigert man sich Schuldzuweisungen oder Eindeutigkeiten. Und entlässt das „The Son“-Publikum ratlos
D: Hugh Jackman, Laura Dern, Vanessa Kirby, Zen McGrath, Anthony Hopkins. Foto: Leonine


Die drei ??? - Erbe des Drachen
Deutschland ´22: R: Tim Dünschede. Ab 26.1. Wertung: **
Nachdem Peters Vater (Waschke) den Zuschlag erhält, die Spezialeffekte beim Spielfilm „Dracula Rises“ zu verantworten, vermittelt er seinem Sprössling (Wendt) und dessen beiden Freunden Justus (Weckauf) und Bob (Brandl) zusätzlich ein Praktikum am Set. Damit sind die Sommerferien unserer drei jungen Hobbydetektive verplant. Gemeinsam fliegt man nach Rumänien, wo auf einem Schloss aus dem 14. Jahrhundert gedreht werden soll. Vor Ort treibt das Detektivtrio bald auch die Frage um, was jenem Jungen wohl zugestoßen sein könnte, der in der Gegend vor mehr als fünfzig Jahren spurlos verschwand. Könnte  die geheimnisvolle Bruderschaft, die seinerzeit hier aktiv war, damit etwas zu tun haben? Und existiert der Schatz, von dem in der Bevölkerung gern gemunkelt wird, vielleicht doch? Dieser versuchte Kino-Neustart einer mehrfach verfilmten, äußerst langlebigen ???-Kinderbuchreihe kann sich zwischen Detektiv-, Abenteuer-, Grusel- und Mysteryfilm nie auch nur halbwegs entscheiden, nervt zudem mit hölzernen Dialogen, unlogischen Wendungen – und punktet allenfalls mit Julius Weckaufs schauspielerischem Talent, der seit seinem Kinodebüt in „Der Junge muss an die frische Luft“ eine beachtliche Karriere hinlegen konnte.
D: Julius Weckauf, Nevio Wendt, Levi Brandl, Mark Waschke, Jördis Triebel, Gudrun Landgrebe. Bild: Sony Pictures Entertainment GmbH


Fritz Bauers Erbe
Deutschland ´22: R: I. Gathof, S. Lamby, C. Partmann. Ab 2.2.; Sondervorführung am 29.1. im Cine k. Wertung: ****
Anno 2019 wird der 93-jährige Rentner Bruno Dey als ehemaliger SS-Wachmann im  Konzentrationslager Stutthof enttarnt, vor Gericht gestellt – und schuldig gesprochen. In ihrer Doku treibt die Regisseurinnen Isabel Gathof, Sabine Lamby und Cornelia Partmann die Frage um, wieso NS-Kriegsverbrecher überhaupt jahrzehntelang unbehelligt in Nachkriegsdeutschland leben konnten. Neben dem sich gut ein Jahr lang hinziehenden Prozessverlauf, den „Fritz Bauers Erbe“ vorm Hamburger Landgericht dokumentiert, spiegelt das Regie-Trio die mühsame Recherchearbeit vor Prozessbeginn wider, lässt man Nachkommen von Stutthof-Überlebenden, Zeugen und Nebenkläger zu Wort kommen. Zudem taucht die Doku tief in die Geschichte der unzähligen zwischen 1963 und ´81 vom hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer auf den Weg gebrachten Auschwitzprozesse gegen ehemalige Angehörige und Anführer der SS-Wachmannschaften ein. Bauers Sisyphus-Arbeit gegen jeglichen Widerstand der vielen in der jungen BRD erneut in leitender Funktion tätigen Alt-Nazis und die sich erst im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen schrittchenweise wandelnde Rechtsauffassung wird auch für Nicht-Juristen verständlich dargestellt – unbedingt sehenswert
Doku



Daniel Richter
Deutschland ´22: R: Pepe Danquart. Ab 2.2. Wertung: ***


Auf der Weltkunstmarktszene handelt man Daniel Richters großformatige Bilder längst schon als bedeutend und hochpreisig. Dabei hätte der 1962 in Eutin geborene Jungrevoluzzer, der mit seinen Eltern sowie der Schule früh über Kreuz lag, und sich nach Hamburg absetzte, um auf Szenepunk zu markieren, bevor ihn die Kunsthochschule ein Stück weit erdete,  sich´s auch mit dem Abschluss in der Tasche nie und nimmer träumen lassen, von seinen Bildern irgendwann leben zu können. Pepe Danquart, Dokumentarfilmer und Freund des In-Malers, portraitiert den musikaffinen workoholic beim Konzipieren eines Bilderzyklus für eine anstehende New Yorker Ausstellung. Er schaut zu, wie Richter gleich mehrere Bilder malt. Und hört zu, wie der Seelenverwandte während der Arbeit im Atelier darüber philosophiert, was die Qualität eines Gemäldes ausmacht. Hängt sich mit der Kamera an seinen Freund dran, um mit ihm nach Amerika zu fliegen – dorthin, wo Richter im Vorfeld der Vernissage in den Ausstellungsräumlichkeiten intensiv grübelt, wo welches Bild am besten hängen könnte. Es folgt die Ausstellungseröffnung inklusive anschließender Party und Konzert; Impressionen von einer Kunstauktion, Erinnerungen von Kunsthochschulgefährten und Kunstsammlern ergänzen das Portrait. Gleichwohl: So kurzweilig die Doku rüberkommt, fällt es dem Kinogänger mit der Zeit doch auf, dass Danquart zu dicht an Richters Fersen klebt, um seine Doku über diesen unangepassten ewigen Revoluzzer rund zu kriegen. Das Bild bleibt unscharf.  
Doku Bild: BI14 Film

Ein Mann namens Otto
USA/Schweden ´22: R: Marc Forster. Ab 2.2. Wertung: ***
Nach mehr als dreißig Jahren Schuften im nahen Stahlwerk hat man Otto Anderson (Hanks) vorzeitig pensioniert. Ein Schock, den der unfreiwillige Ruheständler zu kompensieren versucht, indem er sich zum Ersatz-Sheriff des Viertels aufschwingt und jeden in der Pittsburgher Vorstadtsiedlung zu maßregeln beginnt. Als dann jedoch auch noch seine über alles geliebte Sonya (Keller) stirbt, beschließt der einsame Alte, seinem Leben ein Ende zu setzen. Die nebenan einziehende mexikanische Familie der temperamentvollen Marisol (Trevino) verhindert Ottos Selbstmordversuch jedoch schon allein durch die Art, wie sie ihren Wagen samt Umzugsanhänger einparken. Und bald bringen die neuen Nachbarn den Miesepeter Schritt um Schritt dazu, seine Granteleien einzustellen, zum netten, hilfsbereiten Kümmerer in der Reihenhaussiedlung zu werden.Das US-Remake des schwedischen Kassenrenners „Ein Mann namens Ove“ von 2015 wurde von Hollywoodregisseur Marc Forster nach Amerika umgesiedelt, mit einem glänzenden Hauptdarsteller und einer warmherzigen Gegenspielerin sehenswert besetzt – und leider eine Spur zu mainstreamig geglättet. Typisches Wohlfühlkino aus der Traumfabrik.    
D: Tom Hanks, Mariana Trevino, Rachel Keller, Manuel Garcia-Rulfo, Cameron Britton.















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