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Die Tastenflüsterin27.10.2022



Text: Horst E. Wegener
Mit einem Kirchenmusiker als Vater und einer sich in einer Musikschule engagierenden  Mutter mag es in Haukes Elternhaus naheliegend gewesen sein, sich bereits als Vierjährige am Klavier mit „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ auszutesten. Ein paar Jahre später hätte die Schülerin gegenüber Klassenkameraden mit derlei Freizeitgestaltung keine Sekunde lang punkten wollen – schon allein, weil in den 1970ern kaum ein Jugendlicher auf klassische Musik stand. Gleichwohl war es der Abiturientin dann wieder klar, dass sie ab 1983 an der Hochschule für Künste in Bremen ihre Musikinteressen akademisch vertiefen würde, was ´89 in der Staatlichen Prüfung für Privatlehrer/innen in den Fächern Klavier und Blockflöte gipfelte. Es folgte eine Karriere als Solistin und Mitglied in verschiedenen Kammermusikensembles – einerseits. Daneben setzte die längst auch an der Kreismusikschule des Landkreises Diepholz freischaffend unterrichtende Pädagogin auf die reine Lehre – andererseits.  
Irgendwann fühlte sich Hauke Kranz überdies zum Komponieren berufen. Nachdem  2017 ihre erste CD mit Eigenkompositionen produziert war, fand sie sich damit unversehens „zwischen den Stühlen“ wieder: Im Klassikbereich tummelten sich überwiegend Tastenvirtuosen, die mit mehr oder weniger Bekanntem aus früheren Epochen glänzen mochten, und in der Unterhaltungsmusik galt das Soloklavier erst recht als Wundertüte. Erfreulicherweise gefielen die eigenen Stücke der auf Harmonie bedachten Pianistin ihrem Publikum ebenfalls, so dass eine Nachfolge-Produktion mit weiteren Eigenkompositionen spruchreif wurde. Dass Friedrich Thein, seines Zeichens Ko-Produzent und Tonmeister dieser ersten beiden Alben, „A New Dawn“ und „Open Skies“, dann kurz vor Veröffentlichung der zweiten CD verstarb, warf Hauke Kranz fast aus der Bahn. Nicht genug damit, dass sie Thein stets als ihren Mentor betrachtet hatte, die 2020 aufkommende Corona-Pandemie wurde von den Freiberuflern in der Kreativbranche als Berufsverbot begriffen. Ohne Tonmeister und Studio zum einen und pandemie-bedingt um sämtliche Auftrittsmöglichkeiten gebracht, wertete die mit einer Arthrose in den Fingern kämpfende Pianistin diese Gemengelage als eindeutiges „Zeichen des Universums“. Ihren Lebensunterhalt sah die selbsternannte Tastenflüsterin sich künftig allenfalls als Klavierlehrerin in und um Syke bestreiten. Zugegebenermaßen nicht die miesesten Zukunftsaussichten für jemanden mit einem Talent, selbst älteren Bürgern das Klavierspiel beibringen zu können.
Doch kaum hatte sich Hauke Kranz seelisch mit diesen Aussichten angefreundet, da kam ihr eine neue Melodie nach der nächsten in den Sinn. Und sie sagte sich, da die Stücke ihrer Seele gut getan und ihr Mut gemacht hatten, könnte dies auch anderen burn-out-Gefährdeten helfen. Auf der Suche nach einem neuen Aufnahmestudio lernte Kranz dann Gregor Zielinsky kennen, dem für seine Leistung bei einer „Candide“-Produktion von und mit der Musiker-Größe Leonard Bernstein in den berühmten Londoner Abbey Road Studios 1992 eine Grammy-Trophäe zugesprochen worden war. Zielinsky gefielen die Kompositionen der Tastenflüsterin. Ein Anruf bei der Witwe von Kranz´ früherem Tonmeister Thein öffneten der Pianistin und ihrem neuen Technik-Ass die Türen ins Studio des Verstorbenen. Dort wurden über fünf Tage hinweg zehn bis zwölf poetische Klaviermusiken eingespielt – Melodien mit Ohrwurmcharakter, die sich laut Kranz „auch sehr gut als Filmmusik in Hollywood-Produktionen machen würden. Letzteres kann ab dem 28.10 auf CD überprüft werden;  das Releasekonzert zu „Beyond Boundaries“ findet am 12. 11. in Hauke Kranz´ Heimatstadt Syke in der Christuskirche statt, gefolgt von einer Tour durch Norddeutschland.

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