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Wochenzeitung DIABOLO:
Viehlosoph und Stabsdirektor
Eckard Harjes erinnert an die Geschichte des Jeveraners Fritz Levys10.01.2019

<i>Wochenzeitung DIABOLO:</i><br />Viehlosoph und Stabsdirektor<br />Eckard Harjes erinnert an die Geschichte des Jeveraners Fritz Levys

text |  Christoph Kienemann

KennerInnen der nordwestdeutschen Musikszene dürfte Eckard Harjes ein Begriff sein. Als Musiker in den Formationen E&B oder Wrong Haircut ist Harjes seit langem auf vielen Bühnen zu Gast. Jetzt hat Harjes sich auch als Autor hervorgetan und erinnert mit seinem Werk „Das Haus an der Schlosserstraße“ an die Geschichte des Jeveraners Fritz Levy.

Als 14-jähriger lernt Eckard Harjes Fritz Levy 1974 in Jever kennen und die Geschichte des selbst ernannten Viehlosophen, Stabsdirektors und Berufsverbrechers lässt Harjes seitdem nicht mehr los. Der Viehhändler Fritz Levy, 1901 in Jever geboren, arbeitete zunächst als Viehhändler, bevor er vor den Nationalsozialisten nach China und die USA fliehen musste. Nach dem Krieg kehrte er in seine Heimat zurück und führte dort seinen Kampf gegen das Unrecht und die Profiteure der NS-Zeit fort. Um die Geschichte des „letzten Juden von Jever“ zu erzählen, wählt Eckard Harjes dabei einen ungewöhnlichen Ansatz. In drei Kapiteln – Rückkehr, Exil und Triumph -  berichtet der Autor aus dem facettenreichen Leben des Fritz Levys. Im ersten Kapitel liest sich das Buch daher eher wie ein Roman. Genau beschreibt Harjes die Jugend von Fritz Levy, seine Arbeit als Viehhändler und seine starke Verbundenheit zur norddeutschen Heimat. Im Zentrum steht dabei stets die Familie von Fritz Levy. Auf tragische Weise kommen dessen Vater und Bruder um, sodass Fritz seine Ausbildung zum Veterinär abbrechen und den Familienbetrieb in Jever übernehmen muss. Schon damals erscheint Fritz Levy als außergewöhnlicher Charakter, der seinen eigenen Weg geht.
Angesichts des immer größer werdenden Einflusses der Nationalsozialisten, zu denen sich bald schon die Mehrheit der Jeveraner zählen, gerät Levy in zunehmende Konflikte mit den Autoritäten. Nachdem er eine Propagandaveranstaltung der NSDAP besuchen will, wird er von den Nazis in das KZ Sachsenhausen deportiert. Nach seiner Entlassung geht Levy ins Exil nach Singapur. Getrennt von seiner Familie muss er nach dem Krieg feststellen, dass kaum einer seiner Verwandten dem NS-Terror entkommen konnte. Levy kehrt nach Jever zurück, wo er sich als „letzter Jude“ den einstigen Tätern entgegenstellt. In Jever kämpft er für sein Recht und erhält seinen Besitz zurück und macht sich vor allem um die Jugend Jevers verdient. Sehen die Älteren in Levy einen Clown, ist er für viele Jugendliche ein Vorbild, das sich gerade für ihre Interessen einsetzt.
Je weiter die Erzählung voranschreitet, desto mehr wandelt sich dabei der Stil des Buches. Harjes verbindet die Geschichte Fritz Levys gekonnt mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und die Erinnerungen der jungen Mitstreiter Levys. Dieser ließ sich trotz der Schikanen der Altnazis nicht kaltstellen und engagierte sich in der Jeveraner Politik und war eine der entscheidenden Figuren für die Etablierung eines Jugendzentrums in Jever. Als Einzelbewerber schafft es Levy sogar in den Stadtrat und eröffnet als Alterspräsident die Sitzung, ein später Triumph. Auf diese Weise gelingt es Harjes nicht nur, die Erinnerung an eine Persönlichkeit wie Fritz Levy aufrecht zu erhalten, sondern er zeichnet ein Panorama der Jeveraner Gesellschaft über 80 Jahre hinweg. So steht nicht nur die Peson Levys im Vordergrund, sondern auch die Geschichte der Jeveraner Juden – vor dem Krieg lebten 149 Juden in Jever – und die Konflikte zwischen der Kriegs- und der Nachkriegsgeneration bekommen ihren gebotenen Raum. So entsteht im wahrsten Sinne des Wortes eine Erzählung über Fritz Levy und seine Heimat, die ebenso Erkenntnis fördernd wie unterhaltsam ist.

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