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Verabredung mit einem Dichter21.02.2024



Text: Britta Lübbers


Anlässlich seines 80. Geburtstags hat Krüger Literaturbegeisterten und auch sich selbst ein Geschenk gemacht. Er hat –ein bisschen atemlos, mit einer Vielzahl von Anekdoten, Kopfreisen und erinnerten Gesprächen gespickt – Begegnungen mit Autorinnen und Autoren lebendig werden lassen, darunter Ikonen wie Paul Celan.
Wem das Erinnerungsbuch zu textlastig sein sollte, der kann alternativ auf den Band „Männer, die Rosen schneiden“ mit Fotos von Isolde Ohlbaum zurückgreifen. Es zeigt Krüger mit Dichterinnen und Dichtern, jedem Bild hat er eine poetische Beschreibung vorangestellt. Zu sehen ist er z.B. mit Elke Heidenreich in München, in enger Umarmung mit dem scheuen Wolfgang Hilbig im Piemont oder mit Nicolas Born in einem Bus in Südfrankreich.
Jemanden wie Krüger werde es nicht mehr geben, heißt es in der Literaturszene. Dass ein Quereinsteiger so weit nach oben kommt in einer gnadenlosen Branche, sei kaum noch vorstellbar. Und dann diese Lässigkeit. Er habe ihn lange für den schönsten Verleger Deutschlands gehalten, schreibt der Journalist und Autor Arno Widmann über Krüger. Ein Blick auf frühe Fotos bestätigt die Einschätzung. Da sitzt der junge Krüger neben dem damals gleichfalls jungen Lyriker Wolf Wondratschek, zwei coole Typen in München. Mit „Wölfchen“ habe er Schwabinger Nächte durchgefeiert, erzählt Krüger. Wölfchen hatte Boxerfreunde wie den Prinzen von Homburg und flirtete mit der Unterwelt. Dass eine ordentliche Portion Testosteron in den 1970er Jahren literarische Aufstiege beflügeln konnte, steht außer Frage.
Es gibt andere Bilder, die zeigen Michael Krüger beim Kopfstand. Lange war er berühmt dafür, sich – etwa während öder Sitzungen – auf den Kopf zu stellen. Er tat dies auf Teppich- und Parkettböden und sogar auf Tischen. Die Kopfstände sehen ebenfalls sehr lässig aus. Es mache ihm einfach Spaß, die Welt stehe auf dem Kopf, das gefalle ihm, hatte Krüger die Leibesübung kommentiert. Irgendwann wurde er zu alt dafür, machte der Körper nicht mehr mit.
Michael Krüger wurde 1943 in Wittgendorf bei Zeitz geboren. Bücher waren schon als Kind sein Halt. Nach dem Abitur machte er eine Lehre zum Buchdrucker und -händler. Ende der 1960er Jahre ging er nach London, wo er eine Stelle als Buchhändler im International Book-Department bei Harrods annahm. Er landete im Lektorat, das ihm wichtige Kontakte bescherte. 1968 wurde er Lektor im Münchener Carl Hanser Verlag, den er von 1986 bis 2013 leitete. Während dieser Jahre wurden 15 Hansa-Autorinnen und Autoren mit dem Nobelpreis geehrt.
Aber Krüger schrieb immer auch selbst. Mehr als 50 Bücher hat er veröffentlicht, Erzählungen, Romane und – Lyrik. Krüger ist Lyrik-Liebhaber, er liest täglich Gedichte. Vor einigen Jahren erkrankte er an Leukämie. Während der Corona-Pandemie zog er sich in ein Haus im Wald in der Nähe des Starnberger Sees zurück. Auch diese Erfahrung verarbeitete er literarisch. Die „Meditationen aus der Quarantäne“ wurden jeden Freitag im Magazin der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht.
In „Verabredung mit Dichtern“ erzählt Krüger auch aus seiner Kindheit. Er wuchs bei den Großeltern auf, die gerade einmal zwei Bücher besaßen, einen Band zur Pflanzenbestimmung und die Bibel. Beide Lektüren hätten seinen Geist in Schwingung versetzt, schreibt er. Sein Buch beginnt mit dem Gedicht „Wo ich geboren wurde“, das in eine ferne Zeit weist. „Mein Großvater konnte hundert Vögel und ihre Stimmen erkennen (…). / Meine Großmutter benutzte die Brennschere, um ihre dünnen Haare zu wellen (…). / Abends gab es Kartoffelsalat mit Soße oder ohne (…). / So vergingen die Tage. Ich stellte mir Gott als einen Menschen vor, der alles mit sich machen ließ (…).“ Einmal versteckte der Großvater einen Hasen unter dem Mantel, um ihn vor Jägern zu schützen. Noch heute könne er das Hasenherz schlagen hören, sagte er dem Enkel. Und Krüger bilanziert: „Das alles bin ich. / Der Mann mit dem Hasenherz / nicht mehr / eher weniger.“
In Oldenburg trägt Michael Krüger nicht nur vor, er führt auch ein Gespräch mit Prof. Dr. Stefan Müller-Doohm und Dr. Wolfgang Schopf. Die Veranstaltung ist die Finissage zur Ausstellung über den Verleger V.O. Stomps „… heute Nacht fangen wir mit dem Drucken an“. Man muss kein Orakel sein um vorauszusehen, dass sie mehr als gut besucht sein wird.

Foto: Verleger und Schriftsteller: Michael Krüger | Foto: Meinen/Suhrkamp Verlag


Lesung mit Michael Krüger 26. Februar, 19 Uhr
Vortragssaal Landesbibliothek
Der Eintritt ist frei

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