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Die richtigen Leute zur richtigen Zeit12.07.2023



Interview und Foto: Thea Drexhage


MoX: Wie haben Sie die Kultur in Oldenburg vorgefunden?
Ekkehard Seeber: Ich kam am 1.9.1976 zurück nach Oldenburg und ich stellte fest, dass die Innenstadt ziemlich trüb ist, wenn um 18:30 Uhr die Geschäfte schließen. Außer einem kommerziellen Angebot gab es eigentlich nichts. Dabei sollte die Innenstadt ein Platz der Kommunikation und der freien bürgerschaftlichen Teilhabe sein, dafür bieten leere Straßen keinen Anreiz. Als ich nach Oldenburg kam, gab es auch kein Kulturamt, sondern nur eine Kulturabteilung mit einem einzigen Mitarbeiter, das war für eine Stadt dieser Größe damals zu wenig. Der Rat hat dann mutig den Beschluss gefasst, ein Kultur- und Schuldezernat auszuschreiben und ich wurde für 12 Jahre gewählt. Ich habe dann versucht, die Kulturszene in der Stadt kennenzulernen. Dabei muss man folgendes sehen. Die Stadt ist eine Residenzstadt und die Kulturinstitute des Landes Niedersachsen, die Residenzstadt ausmachen, sind das Schlossmuseum mit dem Prinzenpalais und dem Augusteum, die Landesbibliothek, das Naturkundemuseum, der botanische Garten, damals noch beim Land, heute bei der Uni und dazu kam dann noch die Universität Oldenburg, die 1972 gegründet wurde. Es gab 2 Galerien, die Galerie Centro mit Frau Butt und die Galerie Schumann mit Frau Schumann. Es gab genügend Chöre und es gab ein virulentes Staatstheater damals mit einem hochinteressanten Generalintendanten, Harry Niemann. Ansonsten hatte die Stadt überhaupt keine Veranstaltungen, außer einen kleinen Saal mit 99 Plätzen in der Gartenstraße. Dort war auch die Brücke der Nationen untergebracht. Dort sind Vorträge gehalten worden internationaler Art, um auch den Blick zu weiten über die Oldenburger Geest hinaus, aber es waren eben sehr behütete Veranstaltungen.
MoX: Und wie hat sich das geändert?
Ekkehard Seeber: Die Macht eines Kulturdezernenten, wenn er auch Schuldezernent ist, war dabei nicht unwesentlich. Ich kannte jemanden am Landemuseum, Karl Veit Riedel, der entdeckte bei der Besichtigung der Magazinbestände des Schlossmuseums vollständige Puppenausstattung samt Karren, was zeigt, dass es da eine große Tradition in der Stadt gab. Ich hörte von Pavel Möller-Lück und seiner damaligen Frau Eske in Bremen. Über Kulturamtsleiterin Hedwig Schumann stellte ich Kontakt her und fragte die beiden, was sie in Oldenburg benötigen würden. 3 Klassenräume. Einen für die Aufführung, einen als Werkstatt und einen zum Leben. Ich wusste von einer Schule in der Blumenstraße, die abgerissen werden sollte. Darin konnte ich für ein halbes Jahr diese Räume organisieren und konnte diese Pavel kostenfrei zur Verfügung stellen. Dafür machte er für Schulklassen einen Sonderpreis für die Veranstaltungen. So konnte hier beispielsweise ein Grundstein für das Figurentheater gelegt werden.
MoX: Und wie kam es dann zum Kultursommer?
Ekkehard Seeber: Nach einer Dezernentenkonferenz fragte mich der damalige Pressesprecher Horst Westphal, ob ich Lust hätte, am Abend zu einem Jazzkonzert nach Wilhelmshaven ins Pumpwerk mit ihm zu fahren. Das Pumpwerk war sehr interessant für Oldenburger, da es ein soziokulturelles Zentrum ist, das es so in Oldenburg überhaupt nicht gab. Und ich merkte, dass das in Oldenburg eine unbeliebte Problematik war. Das Konzert war super, das Pumpwerk beeindruckte mich. Westphal wünschte sich dies auch für Oldenburg, er wusste aber auch, dass bis dahin bereits drei Initiativen für solch ein Zentrum behindert und nicht unterstützt wurden von der Stadt, weil das natürlich Geld kostet. Für den Kultursommer fand eine Art Problelauf mit 5 Jazzkonzerten im Museumsgarten statt, die noch 5 Mark Eintritt kosteten. Entgegen den Erwartungen der Stadt waren alle ausverkauft. 1978 folgte dann der erste Kultursommer und das Programm wurde um[font=Bembo] [/font]Theater, Lesungen, Freiplastikausstellungen, Mitmachaktionen und später auch den Töpfermarkt erweitert. Abgeben an die Kulturetage mussten wir ihn aus einem einfachen Grund: Wir haben Schwierigkeiten gehabt, die Haushalte rechtzeitig fertig zu kriegen. Wenn im Sommer ein Kulturprogramm stattfinden soll, kann nicht erst im Mai der Haushalt beschlossen werden. Schön und dann habe ich mit der Kulturetage gesprochen, zu der wir immer einen guten Kontakt gehabt haben. Wir haben einen Vertrag gemacht, der beschlossen hat, dass die Stadt in den ersten 5 Jahren die Trägerschaft übernimmt und die Zuschüsse nicht gekürzt werden dürfen.
MoX: Mit dem PFL und vielen weiteren Einrichtungen haben Sie neue Räume für die Kultur geschaffen. Wie wird aus ihrer Sicht heute damit umgegangen?
Ekkehard Seeber:  Das wird immer personenbezogen sein. Der Eine macht dieses, der Andere jenes. Ich fand die Basis null vor, auf der ich nach und nach aufbaute, bis dann einiges da ist. Und dann kommt jemand, der oben noch etwas drauflegen muss. Ich habe immer wieder gemerkt, wenn man die Leute vernünftig anspricht, wie die Geschichte mit Pavel, dann ist vieles machbar. Heute ist das schwieriger. Wir haben heute ein Verbuchungssystem in der öffentlichen Verwaltung, die überhaupt nicht mehr diese Art zu organisieren zulässt, wie wir sie gemacht haben. Zum Beispiel die Freiplastikausstellung. Habe den Leiter des Gartenamtes angerufen, Herrn Hummel, der dazu auch künstlerisch eine affine Ader hat und habe gefragt: Haben Sie einen Unimog mit einem Kran ,der mindestens 3-4 Tonnen tragen kann mit einer Mannschaft, die den bedienen kann? Das ging.  Das würde heute voraussetzen, dass das Gartenamt eine Rechnung stellt, das Kulturamt die bezahlt und dann die Leistung abgerufen wird. Vorher müssen die Sachen kalkuliert sein. Das konnte ich so gar nicht. Ich konnte nur pauschalisieren und zugreifen und wir haben nicht danebengegriffen, sondern es ging.
MoX: Welchen Rat haben sie für Menschen und Initiativen, die versuchen in der Stadt etwas Neues aufzuziehen?
Ekkehard Seeber: Die soziokulturellen Initiativen hier haben es schon immer schwer gehabt und keine Resonanz in den Ratsgremien gefunden. Das ist erst gekommen, als die CDU/FDP ersetzt wurde von einer SDP/ die Grünen Ratsmehrheit. Da sind die ersten Verträge aufgemacht worden, die den Initiativen erlaubten, feste Anstellungen zu machen. Aber das hat unglaubliche Widerstände gegeben und so ist es heute auch. Es gibt zum Glück immer wieder Leute, die das positiv sehen und unterstützen würden. Die Frage ist, ob man das integrativ angeht oder konfrontativ.  Ich neige eher zu der integrativen Lösung, aber manchmal auch der listigen.
MoX: Und sind Sie zufrieden mit der heutigen Entwicklung?
Ekkehard Seeber:  Ich glaube, ich kenne die viel zu wenig. Ich könnte das erst beantworten, wenn ich mir vorher die Frage beantworte, was die Stadt braucht. Ich kann mir vorstellen, dass die Infrastruktur und die Zusammensetzung der Bevölkerung sich in den letzten 10 Jahren erheblich verschoben hat. Darauf muss man reagieren und die Menschen dort abholen, wo sie sind. Das heißt, ich kann nicht die Innenstadt als den Standort sehen, an dem die wichtigen Sachen stattfinden. Dort sind eh das Theater und die großen Konzertveranstaltungen.


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