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Bedrohte Schönheit: Das Schwimmende Moor wird verschwinden26.07.2022

Bedrohte Schönheit: Das Schwimmende Moor wird verschwinden

Der Jadebusen, so befand einst der aus Varel stammende Dichter Ferdinand Hardekopf, sei nichts als eine Filiale der Nordsee, eine trostlose Fläche ewigen Schlicks. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verließ der junge Hardekopf die eintönige Heimat und ging nach Berlin. Anders als der Dandy-Dichter, der Boulevards und Drogen den Deichen vorzog, mögen manche Menschen das tranige Flache aber durchaus. Nur knapp 40 Kilometer von Oldenburg entfernt liegt Sehestedt, ein Weiler am Jadebusen. Er gehört zur Gemeinde Jade auf der Halbinsel Butjadingen zwischen Varel und Eckwarderhörne. Sehestedt ist kein Ort im eigentlichen Sinne, sondern eine Ansammlung von Häusern entlang der Bäderstraße am Deich. „Außerdem gibt es in Sehestedt noch eine Feriensiedlung – und sonst nichts“, gibt die Jade-Touristik unumwunden zu und folgert: „Hier können Sie einen ruhigen Urlaub verbringen.“ Neben der Ruhe hat die Gegend aber einen richtigen Schatz zu bieten: das Schwimmende Moor. Es ist das einzige Moor der Welt, das außen vor einem Deich liegt und bei Orkanfluten aufgeschwemmt wird. Die Gemeinde Jade vermarktet diese Naturschönheit sehr moderat. Jenseits der Saison ist man meist alleine zwischen Moor und Meer. Der Blick geht weit, die Wat- und Wiesenvögel fliegen tief. Es liegt ein Zauber über diesem Flecken Erde, der aus der Zeit gefallen scheint. Wer mit dem Auto anreist, fährt die Bäderstraße stur geradeaus. Auf der Höhe von Sehestedt gibt es einen Parkplatz und ein paar Hinweisschilder. Eine Treppe führt den Deich hinauf. Von hier kann man direkt loslaufen, knapp fünf Kilometer über den Salzwiesenpfad. Im Winter schimmert Eis in den Pfützen, im Sommer leuchten die Wiesen, als hätte der Maler Radziwill sie mit Öl übergossen. Der Rundweg biegt ab zur Küste, über holprige Steinplatten führt der Pfad Richtung Sandstrand. In der Saison stehen hier ein paar Campingwagen, es gibt einige Duschen und einen Kiosk. Mehr ist nicht los. Hier könnte der Jever-Mann sein Lieblingsbier genießen. Oder er wendet sich zurück zum Deich. Zwischen dem grasbewachsenen Wall und der Nordsee erstreckt es sich, das Moor, das vor langer Zeit sein Seepferdchen gemacht hat. Nur noch rund zehn Hektar einer vor 1000 Jahren immensen Fläche sind erhalten. Wenn extreme Orkanfluten in Sehestedt auflaufen, hebt sich das Moor aber auch jetzt noch und schwimmt. Als es bewohnt war, hatte es Häuser hochgehoben, samt Menschen und Tieren. Allerdings brach bei jeder Sturmflut auch Moorland ab, so dass es immer kleiner wurde. Keine sichere Wohnstatt also, das letzte Haus auf den unruhigen Placken wurde 1906 durch einen Blitzschlag zerstört.
Heute ist das Schwimmende Moor nur über einen Bohlenweg zugänglich. Am Ende steht eine Schutzhütte, die einen ungestörten Ausblick auf die fragile Moorlandschaft bietet. Im Hintergrund schimmert die Nordsee. Es ist sehr still, sehr schön – und sehr vergänglich. Denn noch immer reißen die Sturmfluten dem Moor große Stücke ab. In absehbarer Zeit wird es verschwunden sein.
„Genießen Sie Ihren Spaziergang“, fordert die Jade-Touristik die Moor-Gäste auf. „Damit Sie später sagen können: Ich habe es gesehen.“

Text und Fotos: Britta Lübbers

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