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Küchen Kabinett: FünfzehnUnten – Geschichten aus der Wohgemeinschaft Alteneschstraße30.09.2021



Nur Dario trennt sich erst in einer Woche von Portugal, aber er hat ja auch lange genug auf seine Ferien warten müssen. Die Juli- und August-Geburtstagskinder werden bald mit Pflaumen- und Kürbiskuchen nachgefeiert und die Herbstjacken ausgepackt. Flohmärkte werden besucht und die Bikinis und Badehosen wieder in die untersten Schubladen verpackt. So ein Jahreszeitenwechsel hat schon immer einen ganz gemütlichen Charakter. Allerdings heißt September für die meisten Studis auch Uni-Stress und für WGs häufig zudem Mitbewohnerwechsel. Denn es beginnt ein neues Uni-Jahr und wer schon einmal in einer Wohngemeinschaft gelebt hat, kennt die Kehrseite der gemeinsamen Alltagsgestaltung. Denn Aus-, Um-und Einzüge stehen immer mal wieder einfach auf dem Tagesplan. So ist das natürlich auch in der Alteneschstraße keine Ausnahme. Felix ist mittlerweile nur noch ein kleiner Teil Besuchs-Mitbewohner in der FünfzehnUnten, denn er wohnt jetzt bei Gießen. So ganz kann er sich allerdings nicht trennen, denn er schaut immer mal wieder vorbei, um die Uni zu besuchen und bezahlt nun seine kurzen Aufenthalte hier mit den besten kulinarischen Spezialitäten, damit sich keiner beschwert, wenn das WG-Zimmer mal wieder belegt ist. Für sein veganes indisches Buffet stand Felix bei seinem letzten Besuch den ganzen Tag in der Küche und hat „Fake-Duck“ und „Chicken-Masala“ vorbereitet. Das Ergebnis hätte er auf jedem Festival verkaufen können. Soooo lecker! Und das Beste – Die Mitbewohner*innen dürfen sich jedes Mal aussuchen was es geben soll! Da hat dann auch wirklich niemand in Problem damit, dass die Nachricht über seine Ankunft auch mal eher kurzfristig erfolgt: „Hey Leute, voll vergessen euch zu schreiben. Komme heute vorbei und bleibe bis Freitag. Passt das?“ - „Überlegt euch schon mal was ihr essen wollt!“. Macht er schon sehr geschickt der angehende Herr Doktor. Für den Rest der WG bedeutet das, wie könnte es anders sein: WG-Castings. Wer schon einmal an einer solchen Veranstaltung teilgenommen kann sich vielleicht noch an das ganze Prozedere erinnern. Zunächst geht eine allgemeine Aufregung und Vorfreude durch die WG. Kuchen wird gebacken, Kaffee gekocht, beziehungsweise Bier, Wein oder Limo kaltgestellt und dafür gesorgt, dass sich die Räumlichkeiten von ihrer besten Seite zeigen. Es wird geputzt und aufgeräumt und auch mal der ein oder andere selbstgepflückte Blumenstrauß auf dem Küchentisch platziert. Und dann geht es los. Ein allgemeines Kennenlernen und Herumführen. Die oder der Erste hat dabei noch die beste Chance die ganze Aufregung der Mitbewohner*innen abzubekommen. In diesem Jahr hat es sich Martin nicht auch nur ein einziges Mal nehmen lassen den potenziellen Nachmieter*innen seine Bohnenranken zu präsentieren. Immer mit dem scheinheiligen Vorwand: „Komm ich zeige dir mal den Garten und den Fahrradschuppen“ - „Und meine Böhnchen!“. Abgesehen davon bewegt man sich auch einfach in einer total ungewohnten Gesprächssituation, weil man immer ein bisschen den Eindruck hat man sitzt in einem Vorstellungsgespräch, aber auf der anderen Seite ja nur einen Menschen sucht mit dem man zusammenleben möchte und dieser Mensch ja schlecht Referenzen aus früheren Wohngemeinschaften auf den Tisch legen kann und beschreibt welche Eigenschaften ihn als Mitbewohner*in besonders auszeichnen. Da ist es ganz schön, dass man dann aber mit einem verschmitzten Lächeln doch immer mal wieder Sätze hört wie „Ich putze auch immer sehr viel und gerne!“ oder „In meiner alten WG habe ich immer mal wieder Kuchen und Muffins für alle gebacken!“. Ein bisschen bestechlich ist man dann ja vielleicht doch irgendwo im Hinterkopf – wer weiß. Jetzt bewohnt die Alteneschstraße auf jeden Fall nicht mehr Felix (beziehungsweiese nr noch ab und an) sondern Jigar, der viel lacht und viel über einen Sport namens Jokeiba spricht, wobei es manchmal den Anschein erweckt, als würde auch er nur in Ansätzen wissen, was genau das eigentlich ist. Wenigstens kann sich jeder was unter Acro-Yoga vorstellen, auch wenn die Vorstellungskraft nicht reicht um sich persönlich beim Ausüben dieser Tätigkeit zu sehen. Außer Janna – die hat es natürlich schon gewagt. Wer sich auf dem Rugby-Feld mit Mundschutz seinen Gegner*innen stellt, der traut sich vielleicht auch irgendwann im Handstand auf den Füßen einer anderen Person zu balancieren und nimmt den Absturz dann einfach in Kauf.

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