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Soziales Jahr: ‚Entwicklungszeit‘ mit Anspruch13.02.2020



Text und Foto  |  Joachim Mittelstaedt

Das freiwillige soziale Jahr (FSJ) oder der Bundesfreiwilligendienst (BFD) wird zumeist von jungen Menschen nach der Schule gewählt, um nach dieser Zeit etwas ‚ganz anderes‘ zu machen und sich für die Berufsentscheidung noch ein wenig Zeit zu nehmen. Die Dauer dieses ‚Jahres‘ kann zwischen sechs und 18 Monaten liegen, in Ausnahmefällen sind auch 24 Monate möglich. Das FSJ kann unter anderem in den Bereichen Soziales, Kultur, Politik und Ökologie abgeleistet werden.

Im Laufe des Dienstes nehmen die Teilnehmer an mehreren Kursen teil, die sich mit den Themen ihrer Tätigkeit auseinandersetzen. So können etwa auf dem Woldenhof des Naturschutzbund NABU in Wiegboldsbur (Ostfriesland) Teilnehmer aus dem ökologischen Bereich an einem solchen Kurs teilnehmen. Einige von ihnen arbeiten in der Regel direkt auf dem Woldenhof.
Bei einem der letzten Kurse kamen die Teilnehmer aus Herten, Ganderkesee, Düsseldorf, Oldenburg oder aus Osterode am Harz. Zwanzig Freiwillige hatten sich da versammelt. Dabei ging es um die Entwicklung in der Landwirtschaft, um Ernährung und natürlich um das Kochen und Zubereiten von Mahlzeiten. Die Teilnehmer nahmen an Planspielen teil, kauften unter dem Motto „Essen für Arm und Reich“ mit unterschiedlicher Finanzausstattung (mal mit viel, mal mit sehr wenig Geld) ein, um dann leckere Mahlzeiten herzustellen. Sie besichtigten einen Bio-Hof, recherchierten zu den Bestandteilen von Fertigprodukten aus dem Supermarkt und hörten einen Vortrag über die Ernährungsorganisation „Slow Food“.
Es waren allesamt junge Frauen und Männer die sich entschieden hatten, nach der Schule für etwa ein Jahr im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) eine Tätigkeit im Naturschutz zu übernehmen. So arbeiteten sie bei verschiedenen Organisationen und Vereinen, die sich in Deutschland für den Naturschutz stark machen. Manchmal war das ein Schullandheim, bei dem Schüler im Rahmen einer Klassenfahrt betreut werden, manchmal ein regionales Umweltzentrum. Im Gespräch mit der Gruppe wurde schnell deutlich, dass sich fast alle bereits mit Ernährungsthemen befasst hatten.
Eine der jungen Frauen kam aus Victorbur/Ostfriesland. Sie gehörte zum Team auf einem Tierschutz-Hof in Norden. „Zunächst“, sagte sie, „war die körperliche Arbeit ein bisschen anstrengend. Aber jetzt ist es klasse!“ Sie habe schon eine Ausbildungsstelle als Veranstaltungskauffrau. Da freue sie sich schon drauf, finde es aber auch toll, erstmal noch diese ‚Auszeit‘ in einem ganz anderen Arbeitsfeld angenommen zu haben.
Eine andere Teilnehmerin kam aus Engerhafe. Schon als Kind habe sie bei Veranstaltungen auf dem „Woldenhof“, vor allem in einer Kochgruppe, „die es jetzt leider nicht mehr gibt“, mitgemacht: „Ich wollte nach der Schule erstmal praktisch arbeiten und sehen, ob die Arbeit mit Kindern was für mich ist.“ Die gehörte nämlich zu ihren Aufgaben. Sie habe bisher den Plan gehabt, Lehramt zu studieren. Jetzt überlegte die junge Frau, ob die Arbeit mit Tieren, eventuell als Tierarzthelferin, ihr eher entspricht. Eine weitere Frau aus Celle hat das Interesse an der Natur in das freiwillige Jahr im Bereich Ökologie gelockt: „Ich wollte einfach nach der Schule was machen, was mir Spaß macht“, erklärt sie. Ein junger Mann aus Meppen schließlich hatte eine Stelle für Landschaftspflege auf dem Woldenhof angenommen. Er fand den kleinen Nebenverdienst bei dieser Arbeit zwischen Schule und Studium interessant. Außerdem wolle er später in der Naturschutzforschung arbeiten: „Ich wollte wissen, ob das was für mich ist.“
Aber es gibt auch noch andere Tätigkeitsfelder. So kann das FSJ auch im klassischen Sozialbereich durchgeführt werden. Die Kurklinik der „Kurbetriebsgesellschaft in Bad Zwischenahn/Reha-Zentrum am Meer“ bietet etwa 12 Stellen für Bundesfreiwilligendienstler an. Die meisten davon seien im Pflegedienst angesiedelt, andere Helfer würden in der Patientenbetreuung eingesetzt. Im Gespräch erklärte eine Mitarbeiterin des Reha-Zentrums, man sei immer auf der Suche nach interessierten jungen Menschen für diese Arbeit. Wer gerne Kontakt mit kranken Menschen habe, die sich über jede Hilfe freuen, sei bei ihnen genau richtig .
Im Juni des letzten Jahres waren in ganz Niedersachsen, ähnliche Zahlen gibt es auch für alle anderen Bundesländer, 4207 Freiwilligendienstler tätig (2421 Frauen, 1786 Männer). Auch in Oldenburg gibt es zahlreiche Stellen für das soziale Jahr oder andere Freiwilligendienste, etwa beim Diakonischen Werk.
Auf die Frage, ob sie ein Freiwilliges Jahr auch anderen Jugendlichen empfehlen würden, waren bei den FSJ-lern des Woldenhof-Seminars die Reaktionen eindeutig: „Das würden wir jedem sehr empfehlen.“ Vor allem würde man durch die Arbeit und oft auch durch das Zusammenleben Gleichgesinnter in kleinen Wohngemeinschaften sehr viel selbstständiger: „Wir sehen nur Vorteile.“
Im Netz bestehen viele Möglichkeiten, sich weiter gezielt zu informieren. Beispielsweise beim „Verein für soziales Leben“, 02591/987234, info@sozialhilfe24.de

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