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Kommt der Meister wieder?09.10.2019

Kommt der Meister wieder?

text und foto  |  christoph kienemann
Nach 15 Jahren gibt es erneut eine Meisterpflicht für 12 Gewerke, darunter auch Bauberufe wie Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Estrichleger, Betonstein- und Terrazzohersteller sowie Parkettleger. Darauf hat sich Bundesregierung geeinigt und will damit eine höhere Qualität im Handwerk garantieren. Die Regelung soll bereits im kommenden Jahr in Kraft treten, für bestehende Betriebe ohne Meistertitel soll ein Bestandsschutz gelten. Die Reform soll zudem nach fünf Jahren evaluiert werden. Im Handwerk erhofft man sich durch die Meisterpflicht auch wieder mehr Auszubildende in den betroffenen Gewerken.

DIABOLO: Die Handwerkskammer begrüßt sicherlich die Wiedereinführung der Meisterpflicht. Welche Vorteile sehen Sie für die Kunden?
Stein:  Wir begrüßen das natürlich auf jeden Fall. Wir gehen davon aus, dass durch die Wiedereinführung der Meisterpflicht die Qualität der Arbeit gesteigert werden kann. Wir gehen auch davon aus, dass wieder mehr ausgebildet werden wird. Das klassische Beispiel ist ja der Fliesenleger. Hier sind nach dem Wegfall der Meisterpflicht die Ausbildungszahlen stark zurückgegangen und wir gehen davon aus, dass die Betriebe wieder nachhaltig im Markt bestehen können. Letzteres liegt daran, dass die Eingangsvoraussetzungen einen Betrieb zu führen oder zu eröffnen, nun wieder höher liegen.
DIABOLO: Lässt sich der Rückgang der Qualität nachweisen? Gab es beispielsweise vermehrt Beschwerden der Kunden?
Stein: Auf jeden Fall. Hier ist auch der Fliesenleger wieder ein gutes Beispiel, da es eben viele Menschen betrifft. Gerade hier gab es die Rückmeldungen, dass es starke Qualitätseinbußen gab und die Firmen auch nicht lange am Markt bestehen. Zudem ging die Motivation eine Ausbildung zu beginnen, in diesem Bereich immer weiter zurück.
DIABOLO: Welche Vorteile ergeben sich für die Betriebe?
Stein: Die eigene Qualitätssicherung wird durch den Zwang seinen Meister machen zu müssen mit Sicherheit wieder erhöht werden. Ein wichtiger Punkt ist natürlich die Befähigung, den Nachwuchs auszubilden. Mit Sicherheit gibt es auch Stimmen die sagen werden, es ist ein Nachteil, aber die Mehrheit sieht es als einen Gewinn. In der Öffentlichkeit wird dann wahrgenommen werden, dass die Betriebe wieder Meisterbetriebe sind und das war früher ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Hinzu kommt, dass neben den fachlichen Kompetenzen, in der Meisterausbildung auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt werden. Das praktische Können kann man als Fliesenleger auch über die Arbeit erlangen, aber die betriebswirtschaftliche Seite ist wichtig für die nachhaltige Betriebsführung. Darüber hinaus ist es für die Handwerkerschaft wichtig, dass diejenigen die Leistungen anbieten, auch wissen, was diese Leistungen Kosten müssen.
DIABOLO: Kann die Meisterpflicht einen Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels leisten?
Stein: Indirekt schon. Der Mangel ist weiterhin da. Aber durch mehr Meister, die ausbilden dürfen, sollten wir mehr Fachkräfte bekommen. Die Voraussetzung ist natürlich, dass die neuen Betriebe auch einen Ausbildungsplatz besetzen können, denn da fängt der Mangel an. Wir gehen davon aus, dass die Meisterbetriebe leichter Auszubildende finden.
DIABOLO: Andere Länder setzen auf Zertifikate für die Qualitätssicherung. Wäre dies eine Alternative gewesen?
Stein: Aus unserer Überzeugung ist das duale System der Garant für die Qualität in der Ausbildung. Hierfür werden wir von unseren europäischen Nachbarn beneidet. Wir haben auch Kontakte nach China, die versuchen diese System abgewandelt einzuführen. Wir sind davon überzeugt, dass die Zertifikate die Qualität nicht in dieser Weise sicherstellen.
DIABOLO: Steht die Meisterpflicht im Konflikt mit der Niederlassungsfreiheit in der EU?
Stein: Die vermeintliche Hürde für eine Selbstständigkeit wird dadurch natürlich höher. Aber die Möglichkeit besteht weiterhin für ausländische Unternehmer, sich hier selbstständig zumachen, indem ihre Abschlüsse anerkannt werden. Zudem gibt es Ausnahmeregelungen in der Handwerksordnung, beispielsweise für Menschen die langjährig eine Baustelle geleitet haben, auch die können sich selbstständig machen.
DIABOLO: Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Verbraucher eine Wahlmöglichkeit zwischen Meisterbetrieben und günstigeren Anbietern hätten?
Stein: Die Wahlmöglichkeit wird weiter bestehen bleiben. Es ist nicht gesagt, dass der Meisterbetrieb teurer sein wird. Es ist immer noch ein freier Markt. Wenn jemand, der das Kalkulieren nicht gelernt hat, die Preise zu niedrig ansetzt, mag der Kunde zunächst einen Vorteil haben, wenn man dann aber eine schlechtere Leistung bekommt, ist dieser dahin. Ich will aber auch nicht sagen, dass jemand der günstiger anbietet, per se die schlechtere Leistung bringt.
DIABOLO: Könnten die Baukosten durch diese Entscheidung ansteigen?
Stein: Auf den Bau bezogen sind beispielsweise die Fliesenleger oder Estrichleger betroffen. Ich glaube nicht, dass dadurch die Kosten ansteigen werden. Wir gehen vielmehr davon aus, dass die Menge der Anbieter von diesen Leistungen steigen wird, dadurch müsste dieser mögliche Anstieg wieder kompensiert werden. Natürlich haben die Unternehmer auch eine zusätzliche Investition in die Meisterprüfung. Ich glaube aber nicht, dass sich das auf die Bausumme auswirken wird.

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