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Das Auge in der Kaffeetasse – Stadtmuseum zeigt betörende Fotokunst von Ennow Strelow26.06.2019



Test und Foto | Britta Lübbers


Man kenne sich schon lange, fährt von Seggern fort, habe einen ähnlichen Humor. Das Museum hat Arbeiten Strelows für die Sammlung gekauft, so sei die Idee entstanden, „Nägel mit Köpfen“, also eine Ausstellung zu machen. Dass Ennow Strelow in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, mache die Sache rund. „Wir zeigen die Spannbreite und Vielseitigkeit seines Schaffens“, freut sich von Seggern.
Seit rund 20 Jahren lebt und arbeitet Ennow Strelow in Oldenburg. Geboren wurde er in Lübeck, aufgewachsen ist er in Hagen, wo er sich besonders als Porträt- und Theaterfotograf einen Namen machte. 1987 eröffnete er dort sein eigenes Atelier B 54. In Hagen hatte er die wilde Musikszene der 1980er Jahre vor der Kamera, von Extrabreit bis Inga Humpe. Er hat skurrile Fotoserien entwickelt und Bilder von sehr großer Schönheit geschaffen. „Er beherrscht das Handwerk, das bei ihm die Basis für eine hohe Ästhetik ist“, bringt es Kurator Dirk Meyer auf den Punkt. „Die Bandbreite seines Könnens ist hoch und reicht von außerordentlichem Minimalismus bis hin zur Opulenz.“ Viele Arbeiten sind von eigenwilligem Humor geprägt. „Aber es geht ihm nicht um die Pointe, er richtet den Blick immer auf das Leben an sich“, betont Meyer.
„Mein erstes Foto“ zeigt einen Mann mit Fliegerbrille, Anzug und Aktentasche inmitten halbnackter Menschen in einem Freibad. 1969 war das, und die Szene ist nicht gestellt. Strelow hat einfach nur sehr genau beobachtet, das Bizarre in diesem Moment erkannt und den Auslöser gedrückt. „Ich weiß noch, dass ich dachte: Fotografieren ist ja ganz leicht“, grinst er breit. Es dürfte ein ziemlich großes Understatement sein.
Strelows erstes Porträt aus demselben Jahr präsentiert einen Seemann auf St. Pauly. Der Mann wirkt wie ein derangierter Jean-Paul Belmondo, hat einen frischen Kratzer auf der Wange und großflächige Tattoos auf der Brust. „Der war an sich ein liebenswürdiger Mensch“, weiß Strelow noch. „Er hat aber im Suff gern mal über die Stränge geschlagen.“ Er habe ihn gefragt, ob er ihn fotografieren dürfe. Ja, habe der Matrose erwidert, für `ne Buddel Bier. Es sei dann aber nicht bei einer Buddel geblieben. Man fragt sich, was aus dem Mann geworden ist. Man fragt sich nicht, wie Ennow Strelow auf die Idee für seine Serie „Dies ist kein“ gekommen ist. Natürlich stand hier Magrittes Pfeife Pate, die keine Pfeife ist. Die Strelow-Bilder machen großen Spaß, denn sie führen genau das vor, was sie tatsächlich nicht sind: die Pudelmütze, die ein Brotlaib mit einem Bommel ist; der Sommerhut, für den ein Küchensieb mit Blumendekors herhalten musste; der Fez, für den Strelow einen Blecheimer umgekippt und mit einer Schnur versehen hat.
Tatsächlich lange nachwirkend sind seine Retard-Fotos, denn sie spielen mit Sehgewohnheiten, bringen Dinge zusammen, die nicht zusammengehören. So blickt uns aus einer Kaffeetasse ein Auge an. „Wir möchten aber gar nicht, dass der Kaffee zurückschaut“, bemerkt Dirk Meyer. Das Auge ist übrigens aus Glas und gehörte einst Strelows Onkel Heinrich, der sein richtiges Auge an der Westfront verlor. „Wenn ich mal tot bin, erbst du mein Glasauge“, habe der Onkel verfügt. „Mach was draus.“ Der Neffe tat es.
„Gedichte schreibe ich auch“, erklärt Strelow beiläufig und zeigt auf Bilder, die mit Versen versehen sind. Es sind schöne Gedichte, es lohnt sich, stehenzubleiben und ihnen Zeit zu widmen. Zeit sollte man überhaupt mitbringen für diese Ausstellung, die viel über die Zeit erzählt. Über das Altern von Schauspielern in ihren Rollen, zum Beispiel. Über das Schwarzwerden von Bananen, wenn man sie weder isst noch wegwirft. Über den vergänglichen Ruhm von Stars. Ennow Strelow hat die blutjunge Inga Humpe fotografiert. Und die Musiker von Extrabreit, die in Hagen seine Nachbarn waren. Ging es da laut zu? „Weiß ich nicht mehr. Wir waren ja jung und auch laut“, antwortet er gut gelaunt. Strelows Fotokunst aber ist vielfach leise, etwa die Eier-Serie, in der er Gänse-Eier zu Groß- und Kleinfamilien anordnet, oder das „Scheue Obst“: Strelow hat eine Birne so arrangiert, dass sie wie ein weiblicher Akt wirkt.
„Ästhetische Streicheleinheiten“ nennt Dirk Meyer Strelows Bilder. Man wünscht ihnen viel Aufmerksamkeit.

100 % Strelow
Fotografien
23. Juni bis 11. August
Stadtmuseum Oldenburg

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