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Wochenzeitung DIABOLO:
Verhandlung Niels Högel IV.
6. (03.01.) und 7. (04.01.) Verhandlungstag10.01.2019

<i>Wochenzeitung DIABOLO:</i><br />Verhandlung Niels Högel IV.<br />6. (03.01.) und 7. (04.01.) Verhandlungstag

text  |  michael richter
Foto: |  Saeed Allahdegir

Der 6. und erste Verhandlungstag im neuen Jahr zeigte am 3.1. deutlich mehr Zuschauer, die Beteiligung von Presse und Nebenklägern blieb jedoch auf ihrem niedrigen Stand. Für alle Beteiligten wurde dieser Verhandlungstag durch die Aussagen der Zeugen wesentlich aufschlussreicher. Der erste Zeuge, Kriminaloberrat Schmidt, Leiter der SOKO Kardio, referierte sage und schreibe drei Stunden sehr detailliert über die Gesamtproblematik.

Beginnend mit Erklärungen zur Struktur- und Darstellungsfindung seines Teams, gab er Einblicke in weitere Problembereiche. Die Organisation der vielen Exhumierungen, die Betreuung der Angehörigen in dieser schwierigen Zeit. Auch die Wissenschaft wurde deutlich gefordert. Hier wurde der Medizinischen Hochschule Hannover, mit der Auswertung der Proben, Ergebnisse abverlangt, die es in dieser Form in Deutschland noch nicht gab. Die Wissenschaftler der MHH holten sich weiteren Beistand durch die Universität Lausanne, die einen weltweit anerkannten Ruf auf diesem Gebiet hat. Beide Hochschuleinrichtungen konnten ihre wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet, durch die aktuell geforderte Problematik, deutlich erweitern. Was trotz aller Dramatik auch einen positiven Wert bekam.
Leider waren die betroffenen Kliniken nur in eine erschütternde Bewertung einzuordnen. Die „Arzneimittelkommission“ in Delmenhorst sei nicht in der Lage gewesen, den explosionsartig gestiegenen Verbrauch der benutzten Medikamente  zu erkennen. Man habe sich ausschließlich mit den Kosten beschäftigt.  Wenn anfangs noch hochgefährliche Medikamente kontrollpflichtig waren, wurden diese sogar herabgestuft. Sie waren schließlich preisgünstig und selbst die vorher durch Passwort geschützte Kontrolle sei umgangen worden. Das Passwort hatte jeder, nicht nur die verantwortlichen Ärzte, die es offensichtlich weiter gegeben hatten. Dass Sterbefälle auf den Intensivstationen sowohl in Oldenburg als auch in Delmenhorst signifikant anstiegen, habe ebenfalls keiner wissen wollen.
Bei der Zeugenbefragung durch die SOKO wurde das Klinikum Oldenburg nochmals auffällig. Im Gegensatz zu Delmenhorst seien alle geladenen Zeugen des Klinikums Oldenburg mit einem Rechtsanwalt gekommen, der durch das Klinikum bestellt und bezahlt worden sei. Erinnern habe sich keiner können… war ja lange her. Auch bei Högels Entlassung kam es zu weiteren Auffälligkeiten in Oldenburg. Der SOKO-Leitung fiel auf, dass sich die Klinikleitung und ein Chefarzt persönlich mit einer Pflegekraft in einem Gespräch beschäftigen.  Mit Führungsstrukturen vertraut, konnte dies nicht dem Leiter der SOKO als ungewöhnlich verborgen bleiben.                                                    
Zu Niels Högel stellt die SOKO-Leitung fest, dass er aus ihrer Sicht absolut unglaubwürdig sei. Er gebe Dinge nur zu, wenn die Fakten ihn dazu zwingen würden. Seine anfangs noch in den Vordergrund gestellte Selbstdarstellungssucht sei relativ schnell ein reines Tötungsverlangen geworden, das in einer nie dagewesenen Katastrophe endete, die hätte verhindert werden können.
Am darauffolgenden Verhandlungstag wurde ein weiterer Umstand, durch den Zeugen Borchers, ehemaliger Kripobeamter aus Delmenhorst, deutlich. Borchers war bereits mit den ersten Untersuchungen aus 2005 gegen Högel beschäftigt. Er schilderte nicht nur die damaligen Sachverhalte, sondern auch die Problematiken, die damals und noch heute für ihn signifikant waren. Herr Högel wurde erstmalig nur für einen Mordversuch verurteilt. Es kam anschließend zu weiteren Urteilen. Die Kripo Delmenhorst, mit  Borchers, hatte zu dem damaligen Zeitpunkt schon Fakten, die von der Staatsanwaltschaft nicht berücksichtigt worden seien. Erst nach Jahren und den Forderungen von Hinterbliebenen, sah man sich 2014 genötigt, eine SOKO Kardio einzurichten!
Zeugenaussagen von Klinikmitarbeitern und Fakten in den nächsten Verhandlungstagen werden diese Problematiken, in den Kliniken und bei den Ermittlungsbehörden, mit großer Wahrscheinlichkeit bestätigen.

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