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Wochenzeitung DIABOLO:
Multitalent mit Rückgrat
Maren Kroymann zurecht geehrt06.12.2018
Text | Horst E. Wegener
Und der Bundespreis für herausragende Einzelleistungen im deutschen Fernsehen, den die Deutsche Akademie für Fernsehen (DAfF) gegen Ende der letzten Woche in Berlin vergab, ging unter anderem an Maren Kroymann.
Ausgezeichnet wurde deren Sketch-Comedy-Format „Kroymann“. Die zuletzt im Frühjahr mit dem Grimme-Preis für ihre von Radio Bremen und anderen produzierte Satire-Serie geehrte Kabarettistin, Schauspielerin und Musikerin unterstrich in ihrer Dankesrede, dass sie diese Auszeichnung auch als Würdigung „für alle, die für „Kroymann“ kreativ waren“, entgegennehmen wolle. Dieses geradezu altmodische Insistieren auf Teamwork zeichnet die in Berlin lebende Künstlerin seit langem schon aus. Ihr Pochen auf Haltung ist selten geworden im deutschen Fernsehen – wie sich „Kroymann“ mit gesellschaftlichen Diskursen à la #MeToo, Trump, Feminismus oder AfD beschäftigt, das reizt uns Zuschauer zum Lachen, ohne dass die Sketche je ins bitter Moralinsaure wegdriften. Kostprobe gefällig? Kommt ein Mann mit eindeutigen Symptomen zur Ärztin: Das Zucken im rechten Arm und der immer dicker werdende Hals – Frau Doktor hat keinerlei Zweifel: Ihr Gegenüber ist AfD-positiv. Auf seine Frage, ob das Gebrechen denn tödlich sei, bekommt der Patient zur Antwort „Leider nein!“
Typisch für die anno 1949 in Walsrode geborene und in Tübingen aufgewachsene Vollblutsatirikerin, dass ihr auch jene Balancekunststückchen mit Bravour gelingen, bei denen die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen in schönster Regelmäßigkeit auf Zoten oder Klamaukeinlagen zurückgreifen. Dabei kann Maren Kroymann sowohl sympathische als auch unsympathische Charaktere spielen, beherrscht sie das Ernste wie auch das Heitere – und immerzu bleibt ein Fünkchen Liebenswürdigkeit erhalten, was Kolumnist und Edelfeder Harald Martenstein einst schlussfolgern ließ, dass selbst von jenen Kroymann´schen Biestern wir Zuschauer gerne alle gerettet sähen.
Um auch dies zu ergänzen: Maren Kroymann war die erste Frau, die im deutschen Fernsehen mit „Nachtschwester Kroymann“ eine eigene Kabarett-Serie bekam. Sie spielte sowohl im deutschen Kino als auch im Fernsehen als Schauspielerin in Hits wie „Mängelexemplar“ oder „Eichwald, MdB“ mit. Als Frau mit Rückgrat hat sich die bekennende Feministin und Lesbe anno ‘93, zu einer Zeit also geoutet, als Homosexualität im Unterhaltungsgewerbe noch nicht so relativ risikolos war wie heutzutage. Und sie hat sich hernach dem Singen zugewendet, nachdem die Kabarett- und schauspielerischen Angebote seinerzeit spürbar ausblieben.
Bis heute gilt, dass Frauen in der männlich dominierten Comedy-Branche für ihre Arbeit noch immer zu wenig Freiräume zugewiesen bekommen. In einem Interview, das Multitalent Kroymann vor Jahren gab, merkte sie an: „Intellektuelle, ältere Frauen gelten bei Männern als unerotisch, und wenn sie dann noch Humor haben, ist das für Männer ganz schwer auszuhalten.“ Wer „Kroymann“ sieht, weiß, dass das nicht stimmt. Der eigentliche Skandal besteht doch vielmehr darin, dass das Erste diese seit 2017 laufende Satireserie stoisch auf einen fast schon mitternächtlichen Sendeplatz verräumt. Nächste Sendetermine: 6. Dezember und 31. Januar um 23:30 Uhr; alternativ ist mittlerweile die von 1993 bis ‘97 laufende Sketchserie „Nachtschwester Kroymann“ auf DVD erhältlich.
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