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Berlins Haus der Zukunft16.08.2023



Text und Foto: Horst E. Wegener
Zur Eröffnung schaute Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Jörg Welke und Simone Wiechers mit ihren beiden Kindern vorbei, die als erste Bewohner des gut 130 Quadratmeter großen Quaders unweit des innerstädtischen Westzentrums ihre Altbauwohnung in Prenzlauer Berg gegen den Neubauklotz in der Fasanenstraße eingetauscht hatten. 15 Monate lebten und arbeiteten die Welke/Wiechers in dem theoretisch komplett recycelbaren Effizienzhaus Plus mit seiner innovativen Gebäudetechnik und der durch und durch gedämmten Fassade. Das Mantra des Sobek´schen Architekturbüros hatte von Anfang an jeden am Projekt beteiligten Mitarbeiter dazu angehalten, das Triple Zero-Prinzip zu beherzigen, sprich: null Energie, null Emission, null Abfall bereits in der Bauphase einzuplanen. Folgerichtig wurde mit keinerlei nicht wiederverwendbaren Materialien gearbeitet, darunter verklebte oder beschichtete Kunststoffe, imprägnierte Hölzer, Metalllegierungen. Im Hausinneren galt es selbst Teppichböden geklemmt zu verlegen statt sie zu verkleben – um diese nach Auszug der Testfamilie den Herstellern jeweils wieder zum Recyceln zurückgeben zu können.
Der Sobek´sche Wohnquader nutzt erneuerbare Energien zum Erzeugen von Strom. Wo bei anderen Einfamilienhäusern ein Briefkasten angebracht ist, gab im F87, so benannt nach seiner Adresse Fasanenstraße 87 rund um die Uhr eine Bildschirmanzeige den Bewohnern Auskunft: über den aktuellen Verbrauch der Fußbodenheizung oder die Energie, die durch Sonneneinstrahlung gewonnen wird. Fast hundert Quadratmeter Dachfläche und die gesamte Südseite des Gebäudes sind mit Fotovoltaikmodulen bestückt. Rund 16 500 Kilowattstunden Strom werden dadurch jährlich erzeugt.
Was nicht gebraucht wird, kann in Hochleistungsbatterien zwischengespeichert oder in das öffentliche Versorgungsnetz eingespeist werden. Überdies lässt sich ein Teil des überschüssigen Stroms nutzen, um die hauseigenen E-Autos und Pedelecs zu betreiben – gemäß dem Motto: Mein Eigenheim, mein eigenständiges kleines Kraftwerk, meine Haustankstelle! Geheizt wird mithilfe einer Luft-Wasser-Wärmepumpe, die die Wärme aus der Außenluft gewinnt. Via Bildschirmberührungen von Smartphones oder Tablets kann auf die Steuerung der Haustechnik des Energiewunderbaus von überall her zugegriffen werden – Gelegenheit für die in ständigem Kontakt mit den Testbewohnern sorgsam buchführenden Forscher, ihre gewonnenen Erkenntnisse per Fernabgleich analysieren zu können. Und sie wenn nötig da zu modifizieren, wo immer es in der alltäglichen Nutzung durch die F87-Bewohner haken würde.
Auch so gesehen, machte es durchaus Sinn, der die Nutzerfreundlichkeit des Zukunftshauses auf Herz und Nieren testenden Familie Welke/Wiechers über mehrere Jahre hinweg weitere Testfamilien nachfolgen zu lassen – bis dann im Herbst ´17 die Anlage endgültig in ein „Informations- und Kompetenzzentrum für zukunftsgerechtes Bauen“ umgewidmet wurde. Wesentliche Aufgabe ist seither die öffentliche Vermittlung von bau- und klimapolitisch zentralen Themen und Inhalten der Forschungsinitiative Zukunft Bau und des Modellvorhabens Effizienzhaus Plus. Letzterer Initiative gehören mittlerweile Effizienzhäuser Plus in ganz Deutschland an, die sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, um Interessenten im Rahmen von Führungen, Workshops und Beratungen die Bandbreite zukunftsgerechten Wohnens alltagstauglich demonstrieren zu können. Klar ist: Beim Sobek´schen Prototyp handelt es sich mitnichten um einen wohlproportionierten Baukörper, spricht der steril anmutende Klotz, zu zwei Seiten komplett verglast, von außen betrachtet eher exhibitionistisch veranlagte Naturen an. Wer wie seinerzeit die Ersttester Welke/Wiechers Wert auf Privatsphäre legt, gönnt sich Jalousien. Doch damit würde man sich die schöne Aussicht aufs Gegenüber, den prächtigen Altbau der Universität der Künste nehmen. Ob dies den Mitarbeitern des mittlerweile im F87 angesiedelten Info-Zentrums argumentativ Ansporn genug war, die bis 2017 die Glasfronten bei Bedarf verschattenden Jalousien entfernen zu lassen? Verstehen könnte man´s.

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