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Wochenzeitung DIABOLO:
Neues aus der Hauptstadt
Der Wedding muckt auf!17.01.2019
text | horst e. wegener
Seitdem man sich in Berlin aufs gemeinsame Regieren verständigen mochte, ist dem rot-rot-grün austarierten Senat political correctness extrem wichtig. Auch deshalb mag es kaum verwundern, dass etwa die Namen von Straßen und Plätzen auf Herz und Nieren überprüft wurden, wo immer profilierungssüchtige Lokalpolitiker Handlungsbedarf sahen.
Vor allem im sogenannten Afrikanischen Viertel des Berliner Bezirks Wedding kam das Bezirksparlament schnell zur Überzeugung, dass gewisse Straßennamen „mit dem heutigen Demokratieverständnis nicht mehr in Einklang“ stünden. Der alsbald vom Bezirksamt eingefädelte Umbenennungsprozess schlitterte von einem Fettnäpfchen zum nächsten: Angefangen mit jener Peinlichkeit, dass sich unter den von einer Geheimjury (!) ausgewählten Namensvorschlägen der einer Sklavenhändlerin befand; auch fragt man sich, wie Gustav Nachtigal auf die Umbenennungsliste geraten konnte. Immerhin gilt Letzterer als Stammvater der ethnografischen Feldforschung und ist bis heute ein weltweit respektierter Afrikaforscher. Sei´s drum – der Nachtigal-Platz darf nach dem Willen der Weddinger Juroren demnächst Manga-Bell-Platz heißen, womit eines Widerstandskämpfers gegen deutsche Kolonialautoritäten gedacht werden soll. Vollends abstrus arten derlei pseudodemokratische Bürgerbeteiligungen jedoch aus, wenn man den Anwohnern einerseits das Recht auf Einspruch (das teilweise noch bis Februar 2019 gilt) einräumt – während die Lokalpolitik das ihr genehme Ergebnis insgeheim längst festgezurrt hat. Diese Ansicht scheint jemandem wie Carsta Knaack naheliegend, seitdem die Weddingerin vorm Ende der Widerspruchsfrist beim Bürgertelefon der Polizei anrief – und zu hören bekam, dass der Beamte am anderen Ende der Leitung ihre Adresse im Afrikanischen Viertel partout nicht finden konnte. Der Knaack´sche Einwurf, seit Jahren schon in der Petersallee zu wohnen, förderte dann die Erkenntnis zu Tage, dass sie laut Polizeicomputer neuerdings in der Anna-Mungunda-Straße geführt werde. „Empörend“ sei das, meint Frau Knaack, die damit nichts gegen die Ehrung afrikanischer Persönlichkeiten im Stadtbild vorbringen will. Gleichwohl mag es niemandem so recht einleuchten, warum ausgerechnet die Weddinger Petersallee umbenannt werden soll. Schließlich war diese anno 1939 nach dem rassistischen Kolonialpolitiker Carl Peters benannte Straße 1986 umgewidmet worden und ehrt seither den NS-Widerstandskämpfer, CDU-Politiker und Mitautor der Berliner Verfassung Hans Peters.
Gar keine Frage, dass uns manche Straßen- oder Platz-Umbenennung durchaus begrüßenswert erscheint. Und mal abgesehen vom bürokratischen Aufwand und den anfallenden Kosten, die solch ein Prozess für die Anwohner stets mit sich bringt, greifen Politiker ansonsten auch gern auf unverdächtige Namen zurück. Da kommt dem Berliner etwa die Entlastungsstraße in den Sinn. Wie wär´s mit dem Benennen nach unverdächtigen Eigenschaften wie Opferstraße, Allee der Diskriminierten, Gasse der gesunden Ernährung. Oder, warum nicht, Platz des himmlischen Friedens – ähmm.
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