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Künstler von Hier: 11 Fragen an ... Karl-Heinz Heilig04.09.2019



Interview und foto | Karin Eickenberg
Die Filme von Karl-Heinz Heilig scheinen so ziemlich allen Erfolgsrezepten der modernen Filmindustrie zu widersprechen: Statt spektakulärer Szenen, schneller Schnitte oder  bekannter Stars lebt „Der stille Film“ von leisen, berührenden Momenten in Echtzeit und in der Regel von Menschen, die kaum jemand kennt. Es gibt nicht einmal ein fertiges Drehbuch vorab – und daher auch keine subventionierte Förderung – da Heilig mit der Kamera oft über Jahre den nicht voraussehbaren Entwicklungen seiner Protagonisten folgt. Es geht um Vertrauen in das Leben. Und zwar von der Idee bis zur Realisation dieser ausschließlich privat und durch private Förderer finanzierten Projekte. Bereits seit zwanzig Jahren ist der 1953 in Oldenburg geborene Film- und Medienproduzent mit seinem außergewöhnlichen Konzept in ganz Deutschland und der Schweiz unterwegs. Alle Arbeiten laufen in  Eigenregie, selbst Technik und Ton. „Das Große findet im Kleinen statt“, so Heilig über seine Dokumentationen. Sie sollen den Zuschauern Mut machen, ihre eigenen Lebensträume zu entdecken und auch wirklich zu leben.

DIABOLO: Wie sind Sie zur Filmkunst gekommen?
Heilig: Das erzählt sich über meinen Lebensweg – über das Vertrauen lernen. Und das gelang mir erst einmal im Schutz von etabliertem wissenschaftlichen Denken. So habe ich an den Universitäten München und Göttingen Forstwissenschaften studiert, danach an der Uni Oldenburg noch Stadt- und Regionalplanung. Das war in den siebziger und achtziger Jahren  - es war eine Zeit der großen Umweltszenarien. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht über Waldsterben, Monokulturen, Wasser- und Bodenschutz, Klimaschutz berichtet wurde. In wohl grenzenloser Naivität schickte ich 1986 ein umfangreiches Skript  zur historischen Ökologie an den damaligen Programmdirektor und Moderator der Sendereihe Globus vom WDR Köln, Herrn Alfred Thorwart. Ich habe ihm angeboten, in sieben Folgen ökologische Zusammenhänge und die Folgen menschlichen Handelns bezogen auf die Waldnutzung aufzuzeigen und damit eine anschauliche Brücke zu einem aktiven Verstehen der Gegenwart zu bauen. Ich bekam den Auftrag. Daraus wurden dann 13 Folgen, dazu kam dann noch die Mitarbeit in der Redaktion Kultur des WDR. Am Gründonnerstag 1997 kündigte ich schweren Herzens nach über 10 Jahren diesen wundervollen Lebenstraum und tauschte ihn in etwas ganz Ungewisses ein. Zwei Monate später lernte ich über einen ziemlich verrückten Zufall einen wunderbaren Menschen in seinem zum Paradies gestalteten Felsengarten in der Schweiz kennen. Es wurde der Drehort für meinen ersten Kinofilm „La casa delle favole – Das Haus der Märchen“ und der Beginn von etwas wirklich märchenhaftem.
DIABOLO: Was möchten Sie mit Ihrer Kunst bewirken?
Heilig: Das, was aus dem Herzen kommt, entfaltet Kraft von alleine. Da muss ich nichts mehr dazu tun.  
DIABOLO: Mit welchen Themen setzen Sie sich auseinander?
Heilig: Mir ist es nicht wichtig zu fragen, was jemand geschaffen hat – wie groß und bedeutend es auch sein mag – sondern „wie“ er es geschaffen hat; mit welcher Lebenshaltung und Motivation. Mit wie viel Lebensfreude, Lebensmut und Vertrauen jemand andere Menschen auf seinem Weg angesteckt hat. Ein Thema, das sich in all unseren Filmen wiederfindet, wir haben es DER LEISE FILM genannt und als eingetragene Marke schützen lassen.
DIABOLO: Wo und wie arbeiten Sie?
Heilig: Ich begleite Menschen über einen längeren Zeitraum in ihrem Alltag. Bilder für das WIE zu finden, braucht Zeit. Die kürzeste Begleitung war ein Jahr, die längste fast 10 Jahre. Respekt, Vertrauen und Einfühlung sind die dramaturgischen Mittel des LEISEN FILM.  
DIABOLO: Ihre kreative Eigen-Art?
Heilig: Wie in einer guten Galerie den Kunstwerken Raum gegeben wird, so schenke auch ich meinen Bildern diesen Raum der Entfaltung. Raum im Kontext der Geschichte und den jeweiligen Protagonisten; aber auch Raum, um in Dialog gehen zu können mit den inneren Bildern des Betrachters. Der Film „La casa delle favole“ ist nunmehr 20 Jahre alt und trotzdem ist dieser Film so aktuell wie am ersten Tag. Er ist mit den Geschichten der Zuschauer gewachsen. Das geschieht, indem ich den Raum DAZWISCHEN mit der Frage nach dem WIE fokussiere.    
DIABOLO: Ein Höhepunkt in Ihrer bisherigen Arbeit?
Heilig: „Menschen und Geschichten um das Alte Kurhaus Dangast“. Es ist ein freundlicher Blick auf die Landschaft und Menschen geworden. Ein Erzählfilm mit einem feinen Gespür für das Ungesagte und für das Nichtbebilderte – ein FreiRaum gewissermaßen für das, was sich entwickeln darf; für das Zufällige und Unerwartete. Eine Hommage an einen Ort, wo sich Lebensgeschichten mit Kunstgeschichten verweben und beflügeln, wo sich Zeitgeschichte in Kindheitserinnerungen zu einer gelebten Gegenwärtigkeit verknüpft. Zur Restfinanzierung des Films hat sich der Freundeskreis Dangastfilm „Altes Kurhaus“ gebildet. Jede Zuwendung hilft, diesen Film zu einem guten Ende zu bringen. Infos unter Email:freundeskreis-dangastfilm@posteo.de
DIABOLO: Wo sind Ihre Filme zu sehen?
Heilig: Wir führen unsere Filme mit der eigenen mobilen Kinoausrüstung als „Film & Gespräch“ in Deutschland und der Schweiz auf. Häufig auf Einladung von Agenda-Gruppen, Kulturvereinen und Kirchen. Aber natürlich auch in Programmkinos.
DIABOLO: Was bedeutet Erfolg für Sie?
Heilig: In unseren Dokumentarfilmen erzählen wir von Menschen, die in ihre eigene Gewissheit, in ihr Vertrauen hineingewachsen sind. Wir erzählen von Menschen und ihrer tief verborgenen Sehnsucht nach Leben; von Menschen, die mit Mut und Hingabe ihren Alltag leben und dies auch in ansteckender, lebensfreundlicher Weise ausstrahlen. Diese leise Spiritualität auch im Alltag zu leben – das ist für mich persönlich Erfolg.
DIABOLO: Wie lebt es sich als Künstler in Oldenburg?
Heilig: Ich bin hier geboren und auch aufgewachsen. Und ich bin hier in der Region in einem wunderbaren Netz langjähriger Freundschaften und Beziehungen eingebunden und auch getragen. Da bin ich verwurzelt. Mit meinem „Tanzbein“ empfinde ich Heimat überall.
DIABOLO: Ein Wunsch, ein Plan, eine Vision?
Heilig: Eine TV-unabhängige Förderung des Dokumentarfilms, ohne all die voreiligen Katalogisierungen von Richtig und Falsch.  
Kontakt: www.heilig-film.de

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