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11 Fragen an Mario Müller ein Künstler von hier14.05.2020



Text und Foto  |  Karin Eickenberg

Foto oder Malerei? - Ganz sicher ist sich der Betrachter nicht. Erst bei genauem Hinsehen entdeckt er den feinen, glatten Pinselstrich, mit dem Mario Müller seine wie zufällig aus dem Alltag herausgeschnittenen Figuren in abstrakte Bildräume setzt. Im scharfen Kontrast von Farbe, Licht und Schatten wirken seine Motive gestochen scharf. Menschen mit Einkaufstüten oder Freizeit-Outfit, oft in der Rückenansicht, auf dem Weg zu Irgendwohin. Oder sich selbst betrachtend in Spiegelungen, nicht wirklich spiegelgleich sondern mit kleinen subtilen Veränderungen, die Spannung erzeugen. Zwischen Realismus und Illusion, Detailgenauigkeit und Abstraktion entstehen Bilder einer – so der Künstler - „neuen malerischen Wirklichkeit.“ Mario Müller stammt gebürtig aus Leer. Er studierte Freie Künste in Bremen und Ottersberg, schloss mit dem Diplom ab und hängte anschließend noch ein Studium der Philosophie und Kunstgeschichte in Bremen dran. Neben seiner Tätigkeit als Dozent an Kunstakademien und kulturellen Bildungseinrichtungen in Deutschland und Österreich betreibt der freischaffende Maler seit fünf Jahren das KunstHaus in Wardenburg. Hier befindet sich auch sein Atelier sowie viel Freiraum für Ausstelllungen, Kunstkurse und Seminare.
 
DIABOLO: Was hat Sie zu Ihrer Kunst gebracht?
Müller:  Die Motivation täglich zu malen und zu zeichnen ist einfach da und war schon immer da. Ich denke, wenn man Maler ist, dann ist man pausenlos motiviert und arbeitet jeden Tag an seiner künstlerischen Position und an seinem Oeuvre. Da gibt es auch keine Alternative. Ob die Bilder dann Kunst sind oder nicht, entscheiden andere.    
DIABOLO: Was möchten Sie mit Ihrer Kunst bewirken?
Müller: Ich reduziere die Bildkomposition auf das Wesentliche, um für den Betrachter Platz zu lassen.  Raum für eigene Interpretationen. Damit eine Deutung in unterschiedliche Richtungen möglich wird. Ich möchte einen inneren Dialog zwischen Bildrezipient und meinem Werk wachrufen. Der Betrachter vervollständigt meine Bilder, indem er meine gemalten „short stories“ betrachtet und meine Motive und Bildszenen gedanklich weiterentwickelt – also das rezipierte Bild mit eigenen Erlebnissen und Erinnerungen füllt und dadurch die angerissene Szene im Geiste vervollständigt.
DIABOLO: Mit welchen Themen setzen Sie sich auseinander?
Müller: Ich setze mich damit auseinander, wie ich menschliche Figuren malerisch umsetzen kann, so dass sich die Atmosphäre und die eingefangene lebendige Bewegung im Bild fortsetzt und der abstrakte Bildraum im Gesamteindruck lebendig bleibt und belebt wirkt. Ich denke über eine zeitlose Ästhetik in einem  zeitgenössischen Gewand nach und versuche, dieses Thema malerisch umzusetzen. Wie kann ich zum Beispiel meine Fotografien in Malerei überführen, ohne dass ein kalter technischer Fotorealismus dabei heraus kommt. Mir ist wichtig, dass bei der Betrachtung meiner Originalbilder das jeweils verwendete Material zur Wirkung kommt. Meine Ölbilder sollen zwischen Malerei und Fotografie changieren. DIABOLO: Wo und wie arbeiten Sie?
Müller:  Für meine Malerei verwende ich eigene Motive von „Jetztzeitfiguren“, die ich auf meinen fotografischen Streifzügen im öffentlichen Raum finde. In meinem ruhig und ländlich gelegenen Atelier, im KunstHaus Wardenburg, verwandle ich meine digitalen Skizzen in gemalte „short stories“, deren Anfang und Ende offen bleiben.
DIABOLO: Ihre kreative Eigen-Art?
Müller: Mein Stil ist das Herauslösen von zeitgenössischen Figuren und Objekten aus ihrer natürlichen Umgebung und ihre Neuverortung in abstrakte Bildräume. Meine Motive fange ich zuvor mit der Kamera ein. Die Detailgenauigkeit und der zeitaufwändige Arbeitsprozess beim Übereinanderlagern der einzelnen Lasurschichten meiner gemalten und gezeichneten Figuren und Objekte steht im Gegensatz zu den offenen, abstrakten Bildräumen, in denen sie dargestellt sind. Auf diese Weise entsteht ein großer Kontrast zwischen Realismus und Abstraktion. Das besondere daran ist, dass ich die polaren Gegensätze in meinen Arbeiten miteinander verschmelzen lasse, so dass eine Einheit entsteht. Eine neue „malerische Wirklichkeit“, die Gegensätze in sich vereint.
DIABOLO: Ein Höhepunkt in Ihrer bisherigen Arbeit?
Müller: Da gibt es viele Highlights. Zum einen die Nominierung zum Wilhelm-Morgner-Preis, im Wilhelm-Morgner Museum in Soest. Oder auch meine Arbeit für das Künstlerhaus Spiekeroog, das ja aus bekannten Gründen nicht mehr existiert. Das mir aber viele Türen für meine freischaffende Arbeit als Künstler geöffnet und mich über die Grenzen Oldenburgs und der Nord-West-Region bekannt gemacht hat.  
DIABOLO: Ein aktuelles Projekt?
Müller: Das sind nach wie vor meine sechs Mal im Jahr stattfindenden Kunstseminare auf Spiekeroog und meine Ausstellungen auf der Insel. Zur Zeit arbeite ich an einer neuen Bildserie auf groß- und kleinformatigen Leinwänden für meine nächste Einzelausstellung ((wo?))
DIABOLO: Wo ist Ihre Kunst zu sehen?
Müller: Auf nationalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen. In meinem Atelier im KunstHaus Wardenburg. Und demnächst in der Artothek Oldenburg. Meine nächste Einzelausstellung auf Spiekeroog findet im Juni 2020 statt.  
DIABOLO: Was bedeutet Erfolg für Sie?
Müller: Sich als bildender Künstler verwirklichen und täglich frei arbeiten zu können. Es ist ein Privileg, die  Zeit und den Raum zu haben, seine Ideen und Bildkonzepte in täglicher Atelierarbeit zu realisieren, um sie für mich und andere sichtbar machen zu können. Und dann von dieser freien Arbeit leben zu können.  
DIABOLO: Wie lebt es sich als Künstler in Oldenburg?
Müller:  Wenn man als Künstler viel unterwegs ist und viele Menschen außerhalb Oldenburgs kennt sowie mit professionellen Kunstakademien und engagierten Kulturschaffenden zusammen arbeitet, lebt es sich hier gut. Ohne diese berufliche Infrastruktur und ohne diese Kontakte wäre mein Leben als Künstler in Wardenburg und Oldenburg nicht denkbar. In Oldenburg fehlt vieles, was ein freischaffender Maler braucht. Unter anderem eine offene und lebendige Galerieszene, die den nationalen und internationalen Diskurs zwischen Künstlern und kunstinteressierten Sammlern sucht und pflegt. Und darüber hinaus gibt es hier leider zu wenig privat geführte professionelle Ausstellungseinrichtungen und Ausstellungsräume.
DIABOLO: Ein Wunsch, ein Plan, eine Vision?
Müller: Ich wünsche mir für Oldenburg und die umliegende Region mehr Menschen, die sich für einen positiven Austausch zwischen Künstlern und kunstinteressierten Bürgern einsetzen.  Und mehr Menschen, die sich mit Malerei auskennen und den Mut und die Leidenschaft besitzen, zum Beispiel einen privaten Kunstraum oder eine Galerie mit nationalem und internationalem Konzept zu eröffnen und zu führen.

Kontakt:   www.kunsthaus-wardenburg.de

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