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Frauen in der   Wissenschaft sichtbarer machen28.05.2022



Diesen Weg hat sie jedoch längst nicht immer so vorausgesehen. Nach ihrem Abitur wusste die Wissenschaftlerin noch nicht, in welche Richtung es gehen sollte. Mit einem guten Abschluss und Interessen in den Naturwissenschaften, Mathematik, Physik aber auch Geschichte und Musik stand die Welt ihr offen. Als es dann an die Uni gehen sollte, war die Entscheidung für die Mathematik eher eine zufällige. „Ich muss ganz ehrlich sagen, als es an der Zeit war eine Entscheidung zu treffen, hatte ich gerade so eine Mathephase und ich hatte mich in der Mathematik eingeschrieben. Das war sehr einfach, da es keinen Numerus Clausus oder mehr Nachfrage als Angebot gab, wie in der Medizin. Hätte ich ein halbes Jahr später angefangen, wäre ich vielleicht Biologin geworden oder hätte Musik studiert.“, verrät die 61-Jährige. Nach dem Diplom das große: Was nun? Leben und arbeiten im Ausland war eine denkbare Option, hatte Renate Scheidler doch schon während ihrer Schulzeit ein Jahr in den USA verbracht und gefallen daran gefunden. Als ihr eine Gelegenheit zum Promovieren in der Informatik in Kanada geboten wurde, musste sie nicht lange überlegen. „Das war für Frauen damals ziemlich ungewöhnlich.“, erklärt sie. Ihr Doktorvater an der University of Manitoba war Kryptograph. Die Kryptographie entpuppte sich als der Bereich, in dem die Wissenschaftlerin promovieren wollte. Kryptographie verbindet die Mathematik und die Informatik. Es ist die mathematische Grundlage der Datensicherheit. „Der Bereich der Kryptographie für den ich mich interessiere, basiert auf schweren mathematischen Problemen, die an Computern nur sehr schwer zu programmieren sind. Diese Problemlösungen dauern sehr lange und sind daher so spannend.“, erklärt sie. Während der Arbeit auf diesen wissenschaftlichen Gebieten fiel der Kölnerin auf, das auf wissenschaftlichen Konferenzen, bei Vorträgen, in der Fachpresse oder in Gremien, die über wissenschaftliche Gelder entscheiden, überwiegend Männer das Sagen hatten und das Frauen, die in diesen Gebieten ebenfalls erfolgreich agierten, oft unsichtbar waren. So gründete sie mit zwei Kolleginnen „Women in Numbers“ im Jahr 2008. Seitdem werden über „Women in Numbers“ Fachkonferenzen organisiert, die sich nicht nur durch die Teilnehmerinnen von anderen Konferenzen abheben, sondern auch durch die Durchführung. Während es in der Wissenschaft üblich ist, dass solche Konferenzen ablaufen wie Vorträge, steht bei den „Women in Numbers“ der Austausch und das wissenschaftliche Arbeiten im Vordergrund. „Wir wollten etwas machen, das viel mehr auf Kollaboration und Zusammenarbeit basiert. Wir haben eine Konferenz organisiert, bei der wir Gruppen zusammengestellt haben, von fünf oder sechs Frauen. Etablierte Professorinnen der Zahlentheorie und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Doktorandinnen haben dann zusammen ein Projekt gestartet und auf Forschungsniveau daran gearbeitet. Diese Ergebnisse wurden dann in guten Fachzeitschriften veröffentlicht. Das hat auch andere Fachbereiche inspiriert, Selbiges zu tun. Das Ganze ist irgendwie explodiert und macht mich sehr froh, das habe ich so nicht erwartet.“, so Scheidler.
Die Kryptographin ist nun das erste Mal seit 1988 wieder für einen längeren Zeitraum in Deutschland. In Kanada lernte sie ihren Ehemann kennen und entschied sich, dort zu bleiben und an der University of Calgary als Professorin zu arbeiten. Der Kontakt nach Oldenburg besteht jedoch schon seit vielen Jahren. In der Vergangenheit war Renate Scheidler schon zu Besuch in der Huntestadt und stellt nun begeistert fest, wie viel sich hier verändert hat. „Inzwischen ist die Uni viel größer. Es gibt eine medizinische Fakultät und spannende Studiengänge wie Marinebiologie, der hat ja einen internationalen Ruf.
Und auch am Matheinstitut sind jetzt sehr viele dynamische Forscherinnen und Forscher am Werk. Die Stadt ist gewachsen und nicht so eingeschlafen wie vor 15 Jahren. Als ich das erste Mal hier war gab es kaum internationale Student*innen sondern nur Menschen aus der Region - inzwischen ist das unheimlich international geworden.“, erzählt sie. Und wie es sich für Oldenburg gehört, haben Renate Scheidler und ihr Mann sich als erstes ein paar Fahrräder gekauft und genießen das Radeln auf dem flachen Land. Normalerweise verbringen sie ihre Zeit auf Reisen und erleben viel. Selbst, wenn es nicht in die Ferne geht, bieten die Rock Mountains um Calgary zahlreiche Möglichkeiten zum Wandern oder Entspannen in einer Berghütte. Doch auch das flache Friesland hat seinen Charme. Noch bis zum Ende des Jahres wird Renate Scheidler an der Universität Oldenburg arbeiten und vor allem jungen Frauen in der Wissenschaft unterstützend zur Seite stehen. Für diese hat sie außerdem folgenden Rat: „Frauen dürfen sich in Disziplinen, in denen sie unterrepräsentiert sind, nicht unterkriegen lassen. Man muss sich ein dickes Fell wachsen lassen und Ratschläge annehmen, auch von Männern und mutig Gelegenheiten wahrnehmen. Natürlich können Fehler passieren. Man braucht immer etwas Mut und darf keine Scheu haben, in Männerdomänen einzubrechen. Man braucht Selbstbewusstsein. Oft unterhalte ich mich mit sehr klugen Frauen, die wahnsinnig gut in ihren Bereichen sind, aber das Selbstbewusstsein fehlt. Das ist schade.“

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