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kulturbericht: Ein Blick ins Umland09.10.2024



Nicht nur in der Stadt herrscht kulturelle Vielfalt. Jazz, Literatur, Kino, Theater, Punk – die Kulturszene im Oldenburger Umland ist ebenso vielfältig, wie in der Stadt selbst, man muss sie nur finden. Dahinter stecken meist engagierte Menschen, die mit Herzblut bei der Sache sind und den gemeinschaftlichen Nutzen vor Profit stellen. In Westerstede beispielsweise kümmert sich der Bahnhofsverein um ein buntes Programm aus Livekonzerten, (Kinder-)Kino, Literatur sowie Kunst, Comedy und Kabarett. Der erste Vorsitzende ist seit 2019 Bodo van Rüschen. Dieser ist eigentlich Informatiker im Rathaus, verbringt aber seit 2010 seine freie Zeit damit, das kulturelle Leben in der kleinen Stadt zu fördern. Angefangen beim Kinoprogramm und nun verantwortlich für einen Großteil der Organisation. Mit dem Amtsantritt 2019 startete Bodo van Rüschen seine neue Verantwortung genau in die Coronazeit hinein. Für die Kultur eher schwierig, aber dennoch ging es im Güterschuppen gut voran. Fördergelder wurden für Verbesserungsarbeiten an und im Gebäude genutzt sodass mit voller Kraft und neuem Glanz in die neue Spielzeit gestartet werden konnte, doch wie es seitdem in der Kultur so ist: nicht jede Veranstaltung ist ausverkauft oder rechnet sich. „Wir erhalten eine sehr großzügige Kulturförderung durch die Stadt Westerstede und den Landkreis Ammerland, ohne die das alles gar nicht möglich wäre. So können wir mit dem Programm auch Mal experimentieren. Aber natürlich versuchen wir auch auf allen Wegen, das Programm bekannt zu machen ob nun über Printmedien oder Social Media.“, so Bodo van Rüschen. Dabei gelingen ihm im Booking immer mal wieder kleine Highlights wie Klaus Lage, der im nächsten Jahr nach Westerstede kommen wird. Solche Namen ziehen dann tatsächlich eine breitere Masse an und sorgen nachhaltig für Bekanntheit der Location. Auf Bekanntheit schaffen durch bekannte Namen setzt auch Karl-Heinz Büsing von Kultur hinterm Feld in Dötlingen. Der begeisterte Konzertgänger ermöglichte sich dort mit seiner Frau den Traum der eigenen Kulturstätte. Nachdem sie 2012 das Grundstück kauften, um eigentlich in Ruhe in der Abgeschiedenheit zu leben, kamen ihnen irgendwann Ideen dafür, was man mit all den Gebäuden  dieses alten Resthofs machen könnte. Seit 2021 finden dort nun überwiegend Jazzkonzerte aber auch Lesungen und andere Themenabende statt. „Die Idee war schon vorher da, aber es war sehr schwer, alle Genehmigungen zu bekommen für Gastronomie und Kulturveranstaltungen  - gerade hier im ländlichen Bereich. Das hat zwei Jahre gedauert. Als wir dann 2019 alle Genehmigungen hatten, haben wir mit dem Umbau angefangen und dann kam Corona. Es ist schon schwer, seitdem Kultur zu machen, ich kann aber auch nicht beurteilen, wie es vorher war.“, so Büsing. Wie der Name schon sagt, liegt  der  Veranstaltungsort  mitten im Nirgendwo und ist angewiesen auf Gäste von außerhalb. „Wenn die Gäste aber erst einmal hier waren, kommen sie auch immer gern wieder.“, erklärt er. Dafür braucht es dann große Namen wie eine Viktoria Tolstoi oder einen Gregor Gysi,  der dort demnächst lesen wird - die erste Lesung ist bereits ausverauft. Das Paar agiert dabei ohne Fördermittel, dies wäre schwierig wenn man nicht im Verein bzw. gemeinnützig agiert. Sie finanzieren sich das Kulturprogramm durch die Saalvermietung beispielsweise für Hochzeiten im Sommer. Einen großen Gewinn erhoffen sie sich aus Kultur hinterm Feld nicht, aber ihre Leidenschaft, gerade für den Jazz dort aufleben lassen zu können, wäre schon Lohn genug.
Ebenfalls eigenständig und nicht im Verein veranstalten in Wardenburg-Littel Eefke Jehlicka-Kleimann und Sören Jehlicka seit 2020 Ausstellungen, Konzerte und Kleinkunst bei Dahms - Wirtschaft - Handlung - Kunstbetrieb.
Die Kuratorin und der Lehrer übernehmen den Familienbetrieb nun in 5. Generation und versuchen, die langjährige Familienidee für einen kulturellen Anlaufpunkt zukunftsgerecht weiterzuentwickeln. Zuletzt bestand die Dahms Wirtschaft aus einem Schankbetrieb und einem kleinen Edeka, aber der Veranstaltungssaal war noch immer da und wartete nur darauf,  mit neuem Leben gefüllt zu werden. „Wir mussten uns eingestehen, dass wir nicht alle Ideen von heute auf morgen umsetzen können, aber die Immobilie einfach aufzugeben und zu verkaufen war auch keine Option.“, so Eefke Jehlicka-Kleimann, die zuvor in der Kunsthalle Bremen arbeitete. Ihr Ziel ist es nun, ländliche und urbane Kultur zu verschmelzen und den Ort zu einem attraktiven Ausflugsziel auch für Städter zu machen. Der Edeka ist mittlerweile zu einem Ausstellungsraum und einem kleinen Ladengeschäft für kunsthandwerkliche Gebrauchsgegenstände geworden und wurde schon während der Umbauarbeiten durch Künstlerresidenzen kreativ bespielt. Der sanierte Saal mit seinen historischen Elementen wird mittlerweile wieder mit verschiedener Musik von Jazz über Indie bis Grunge gefüllt. Dies blieb nicht lange unbemerkt, sodass neben Förderungen durch die Oldenburgische Landschaft und dem Landkreis Oldenburg auch enge Zusammenarbeiten mit anderen Kulturein-richtungen der Gemeinde möglich geworden sind und das finanzielle Risikofür einige Events nicht mehr allein bei dem jungenPaar liegt.
Ganz  am  Anfang  steht  hingegen das Seker Huus. Kopf dahinter ist Florian Bock  aka RE:Wollte, der mit seinem Punk4Punx e.V. Subkultur in den ländlichen Raum nach Uplengen bringt.  Vor ein paar Jahren zog es ihn aus spießbürgerlichem Bayern nach Ostfriesland. „Gefühlt gibt es für mich weniger Grenzen in Ostfriesland als im Rest des Landes. Man hat mehr Weitsicht. Auch sind die Leute hier deutlich toleranter als im Süden. Die Idee zu diesem Projekt hatte ich schon lange und warum nicht hier? Die Ostfriesen sind es schließlich gewohnt, ein paar Kilometer weiter fahren zu müssen in die verschiedensten Locations.“, erzählt er. Auf den Saal im alten Landgasthof aufmerksam wurde er während der Suche nach einem Proberaum. Dieser befindet sich auch vor Ort im Keller. Der Saal darüber stand  leer. „Es wurde auch überlegt ,Wohnungen daraus zu machen, da hab ich gesagt, das geht nicht und dem Vermieter von meiner Idee erzählt. Die kam gut an.“ 2022 ging es dann recht erfolgreich los – bis Anzeigen aus verschiedenen Richtungen kamen. Wegen Lärm und der generellen Art der Einrichtung. Dabei gab es während des laufenden Betriebs nie Beschwerden von den direkten Anwohnern.  Also musste der  Verein einige Ämter und Behörden durchlaufen, vom Finanzamt, dem Landratsamt, der Gemeinde bis zum Denkmalschutz. Einige Umbauarbeiten zum Schallschutz wurden vorgenommen und nun sind sie alle da, die Genehmigungen. Während die aktuelle Ausrichtung des Seker Huus der Punk ist, soll der Raum ein offener Treffpunkt für jede*n werden und vor allem eine Bühne für Kleinkunst für alle sein. Das aktuelle Programm ist noch bestimmt durch Bocks eigene Vorlieben, einfach, weil dort die Kontakte liegen, aber er ist absolut offen für alle Kreativen die Bock haben, in Uplengen etwas zu machen.
Text und Fotos: Thea Drexhage

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