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DIABOLO Wochenzeitung:
Düstere Aussichten? Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltet Tag der progressiven Wirtschaft22.05.2019



Text und Fotos  |  Christoph Kienemann

Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung versammelten sich am 15. Mai PolitikerInnen der SPD, WirtschaftswissenschaftlerInnen und VertreterInnen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um auf dem Tag der progressiven Wirtschaft über die Zukunft der Sozialdemokratie und über die Neuausrichtung ihrer Wirtschaftspolitik zu diskutieren. In insgesamt 10 Panels konnte mit den Profis diskutiert werden.
Was ist eigentlich unter progressiver Wirtschaftspolitik zu verstehen? Die Antwort auf diese Frage gab der Direktor des Institutes für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Sebastian Dullien, am Ende des letzten Panels in Berlin. Progressive Politik sichere die Lebensrisiken der Menschen ab, sei es Alter, Krankheit oder Arbeitslosigkeit und das unabhängig von der konjunkturellen Lage. Progressive Wirtschaftspolitik sei aber auch eine Domäne der politischen Linken, wie SPD-Vorsitzende Andrea Nahles zu Beginn des Tages erklärte. Dementsprechend behandelte der Tag der progressiven Wirtschaftspolitik zwei Fragen: Welche Politik braucht die Bundesrepublik, um auch in Zukunft ihren Wohlstand zu erhalten und Europa nicht zu gefährden, und wie kann man die SPD dazu bringen, eine solche Politik zu betreiben, um den Einfluss von (Rechts-)Populisten zu begrenzen?
Blickt man dabei von außen auf die Bundesrepublik, dann scheint es dem Land wirtschaftlich gut zu gehen. Die Wirtschaft wächst, der Staat macht keine neuen Schulden. Beim näheren Hinsehen bekommt dieses Bild aber Risse. Ashoka Mody, Professor an der Princeton University zeichnete ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Aussichten der BRD. Letztere sei kein wirtschaftlicher Sonderfall, sondern zeige vielmehr die wirtschaftlichen Fehlentwicklungen, die von vielen Ländern der westlichen Welt zu einem erstarkten (Rechts-)Populismus geführt haben. Mody kritisierte, dass die neoliberalen Theorien, die sich seit den 80er-Jahren etabliert hätten, zu einer unfairen Gesellschaft geführt hätten. Immer weniger Wirtschaftswachstum werde immer ungleicher verteilt, was zu einer geringeren sozialen Mobilität führe. Adam Tooze, Professor an der Columbia University, kritisierte hingegen das Wirtschaftsmodell der BRD. Kein Land weise eine unausgeglichener Handelsbilanz aus, als die Bundesrepublik. Der Fokus auf den Export habe dazu geführt, dass die BRD heute extrem abhängig von der Nachfrage in China sei. Die Konzentration auf den Export habe zudem zu einer zu starken Lohnzurückhaltung und zu geringen Investitionen geführt.
Als Folge dieser Entwicklung, so stellte die Politikwissenschaftlerin Sheri Berman, Columbia University fest, hätten gerade sozialdemokratische Parteien ihre sozial-politisches Expertise aufgegeben. Diese Lücke im System hätten dann Rechtspopulisten mit ihren sozial-politischen Agenden gefüllt. Aus Sicht der Wissenschaft ist der Ausweg aus diesem Dilemma also einfach: Mehr Investitionen in Bildung und digitale Infrastruktur, eine Steigerung der Binnennachfrage und eine Abkehr von der schwarzen Null. Gerade die deutsche Schuldenbremse stieß bei den internationalen ExpertInnen auf Unverständnis. Allerdings scheint die SPD sich gegen die Ideen der ExpertInnen noch zu sträuben. „Schulden hätten noch nie etwas gelöst“, entgegnete Thorsten Schäfer-Gümbel, noch stellvertretender SPD-Parteivorsitzender. Anders sah dies Sebastian Dullien: Die Schuldenbremse sei ökonomischer Unsinn, denn sie erlaube es dem Staat nicht, in die Zukunft zu investieren. In Zeiten niedriger Zinsen müsse investiert werden, damit die sozial-ökologische Wende gelingen kann. Wie man Investieren und Schuldenbremse in Einklang bringen kann, erläuterte der ehemalige Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Anstatt die Schuldenquote immer weiter zu reduzieren, sollte der Staat soviel investieren, dass diese konstant bleibe, so Bofinger. Im Falle der BRD heiße dies, einen Schuldenstand von 60% des Bruttoinlandsproduktes zu halten.

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