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Buch-Tipps
„Die Abenteuer des Tom Sawyer“ von Mark Twain25.10.2023
Interview und Foto: Thea Drexhage
Das Buch enthält zahlreiche Anekdoten, in denen man sich als Junge wiederfindet. Eine Anekdote, die ich auch immer wieder in Theaterworkshops erzähle, wenn es darum geht trickreich zu sein ist die, wenn Tom Sawyer einen Zaun streichen soll, worauf er gar keinen Bock hat. Dann tut er so, als wäre das eine ganz tolle Sache. Als seine Kumpels vorbeikommen streicht er und tut als wäre das ganz wichtig. Die Jungs schauen interessiert und er fragt: Na, wollt ihr auch mal? Und die wollen dann natürlich schon, worauf er fragt: Und was gebt ihr mir dafür? Alle geben ihm dann etwas und streichen dazu noch seinen Zaun. In einem Moment wird er für tot gehalten und beobachtet bei der Beerdigung, wie die anderen um ihn Trauern. Dabei taucht der Wunsch auf, bedeutungsvoll zu sein. Getragen werden all diese Geschichten von der Beziehung der beiden Jungs. Tom Sawyer sehnt sich dabei nach dem Leben des stromernden Huck Finn und das ist der zentrale Punkt des Buchs.
MoX: Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Ulf Goerges: Ich habe viel überlegt, warum mir dieses Buch immer wieder in den Sinn kommt. Ich denke es hat mit der Widersprüchlichkeit zwischen den beiden Figuren zu tun, die sich auch heute noch auf die Gesellschaft übertragen lässt. Ich habe große Sympathien mit dem Huck Finn, der in dieser Bedürfnislosigkeit und Furchtlosigkeit lebt. In dem Buch entdecke ich immer wieder Dinge, die für mich auch heute noch wichtig sind. Ein ganz zentraler Punkt ist der Wunsch ein Leben zu führen ohne all diesen Überfluss. Die Figur des Huck Finn kommt mir immer wieder in den Sinn. Was ich auch merke, das hat man damals nicht so gespürt, ist die Kritik an der Wirtschaftsordnung und dem Neoliberalismus. Die Kritik, dass wir in einer Zeit leben, in der materielle Güter eine so große Rolle spielen, dass das erschreckende Konsequenzen hat.
MoX: Wie haben Sie das Buch gelesen?
Ulf Goerges: Das habe ich mit 14 Jahren von meiner Tante geschenkt bekommen und es sehr geliebt. Auch heute, wenn ich den mittlerweile ausgefledderten Umschlag anfasse, fühle ich mich direkt zurückversetzt. Ich greife nicht ständig zu dem Buch, dennoch gibt es immer weder Momente, in denen ich mich daran erinnere. Ich habe vier Jahre in Cordoba gelebt, dort gibt es einen Fluss, an dem eine Mauer entlang läuft, damit niemand hineinspringt. Mir ist auf dieser Mauer immer ein Mann aufgefallen, der komplett unter Pappen gelebt hat. Ich war mit einem Schriftsteller befreundet, der mir irgendwann dessen Geschichte erzählte. Dieser Mann kam aus einem reichen Elternhaus, studierte Jura und war dann Rechtsanwalt und hat sich dann bewusst für dieses Leben entschieden. Dabei kam mir direkt wieder Huckleberry Finn in den Sinn.
MoX: Wem würden Sie das Buch empfehlen?
Ulf Goerges: Das würde ich allen Menschen empfehlen, die im Überfluss leben, vielleicht, ohne ein Bewusstsein dafür zu haben. Für die, die den Blick verloren haben, was um sie herum passiert und die den Blick verloren haben für die Schere zwischen arm und reich. Und auch Jugendlichen, die im Alter der Protagonisten sind, um ihnen zu zeigen, dass es auch ein Leben außerhalb des Zimmers und der Bildschirme gibt.
MoX: Was wissen Sie über den Autor?
Ulf Goerges: Mark Twain ist 1835 geboren und Anfang des 20 Jahrhunderts gestorben. Er absolvierte eine Ausbildung als Schiffslotse und war eine Weile in diesem Beruf tätig. Schriftstellerische Erfolge erreichte er noch während seiner Lebzeiten.