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Die Vielkönnerin15.04.2024



Text und Fotos: Britta Lübbers


Eine Retrospektive sei ja eine Gesamtschau, erklärte der Stiftungsvorsitzende und Sohn der Vielseitigen, Prof. Dr. Klaus Hentschel, anlässlich der Eröffnung der Schau. Der schiere Umfang der Werke lasse eine Gesamtpräsentation in diesem Fall allerdings nicht zu. „Wir zeigen hier 80 Bilder und Plastiken von Ruth Schmidt Stockhausen, das sind 1,5 Prozent ihres Werks.“ Die gegenwärtig zusammengestellte Werkaufstellung umfasse bereits jetzt rund 4860 Arbeiten. Wer sich den Bildern und Skulpturen seiner Mutter nähern möchte, solle sich auf einige Aspekte wie etwa Farbigkeit und Formgebung konzentrieren, riet Hentschel.


Sehnsucht nach der Nordsee


Ruth Schmidt Stockhausen sei ein Inselkind gewesen, erklärte Susanne Augat, Leiterin des Kunsthauses Leer, in ihrer Einführung. Geboren auf Norderney habe sie Möwenkreischen, Windgeflüster und Wellenspiele tief in sich aufgenommen. Bereits als Siebenjährige habe sie gezeichnet, gemalt und Gedichte auswendig gelernt. 1944 erhielt sie ein Begabtenstipendium. Sie wurde Dozentin für freie Malerei u.a. in Bonn und an der Frankfurter Kunstschule Westend. Ihre Werke wurden in über 300 Ausstellungen weltweit gezeigt, darunter auch im Pariser Louvre.
Vom Konkreten wandte sie sich mehr und mehr dem Abstrakten zu. Steine, Bäume und Gewässer übersetzte sie in poetische Malerei. Sie arbeitete auch Stoffliches in ihre Bilder ein, zerriebene Blüten aus ihrem Garten, Fasern und Schnüre, und immer wieder Sand. So entstanden grobkörnige Oberflächen, die den Blick magisch anziehen.
Aus Sehnsucht nach der Nordsee zog Ruth Schmidt Stockhausen 1983 in die Nähe von Dornum in Ostfriesland. In den Prielen und Schattierungen des Wattenmeers, in Wolkenformationen und Lichtbrechungen fand sie einen unerschöpflichen Motivschatz. Oft nutzt sie Silberfarbe für ihre Landschaftsbilder, so dass diese tiefgründig schimmern.
„Mit allen Sinnen habe ich aufgenommen. Alles Erlebte prägte sich ein (…). Es kommt und geht wie Ebbe und Flut. Ich führe nur aus“, beschrieb Ruth Schmidt Stockhausen ihr Schaffen, zu dem auch das Dichten zählte. In der Ausstellung sind Verse aus dem Zyklus „Strandwanderung“ zu lesen: „Wenn du mich triffst / sprich leise. Lausche dem Raunen der Steine / (…). Atem der Stille / Ewigkeitsatem“.

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