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Es geht auch anders11.01.2023



Text und Foto: Joachim Mittelstedt

Die Geschichte geht auf die Zeit um 1750 zurück. Damals waren die Landwirte an der Küste für Bau und Pflege der Deiche zuständig. Der Adrianenhof ist eines der ältesten Anwesen an der ostfriesischen Küste. Das Hofgebäude liegt auf einer Warft, die bei den immer wieder einlaufenden Sturmfluten Mensch und Tier vor den gewaltigen Wassermassen schützen sollte. Für die Arbeit an den Sicherungen vor den Fluten erhielten die Vorfahren der Familie Behrends im Jahr 1772 von der „Königlich preußischen Domänenkammer“ ein Nutzungsrecht zum Weiden und Mähen der Deichvorlandflächen zugesprochen.
Das Areal zwischen dem niedrigen Sommer- und dem deutlich höheren Winterdeich wird im Herbst und Winter oft überflutet. Das führt zu besonders salzigen Gras- und Kräuterpflanzen, die von den Tieren gern gefressen werden und dem Fleisch eine ganz besondere Note geben. Das Ergebnis ist ein zart rosa und mildaromatisches Fleisch. Übrigens: fast die ganze Fläche gehört zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das Areal ist mit rund 85 Hektar so groß, dass jeder Kuh mit ihrem Kalb eine Fläche von rund einem Hektar zur Verfügung steht. Extensive Landwirtschaft vom Feinsten. Die Kälber der rund 90 Kühe, zumeist von der Rasse Blonde d‘ Aquitaine, bleiben bei ihren Müttern. Das bedeutet: jederzeit reichlich frische Muttermilch und viel Sicherheit für die Kleinen.
Die Wintermonate verbringen die Tiere, Kälber, Jungrinder, Mutterkühe und die Deckbullen Hans, Hinni und Herbert geschützt vor der Flut, in geräumigen Laufställen mit Stroheinstreu.
Aus dem früheren Milchviehbetrieb ist also ein nachhaltig arbeitender Zuchtbetrieb für bestes Rind- und Kalbfleisch geworden. Ergänzt werden die Aktivitäten von Jens Behrends und seiner Familie durch die Bereiche Tourismus mit mehreren Ferienwohnungen, Ferien auf dem Bauernhof in familiärer Atmosphäre. Die Flächen im Deichvorland dienen neben der Beweidung durch die Herden auch dazu, das Winterfutter zu erzeugen. Denn auch in den kühlen Monaten im Stall werden die Tiere ausschließlich mit eigenem Futter versorgt.
Geschlachtet wird entweder in Marienhafe oder in Norden, ein Transportweg von maximal 30 Kilometern. Rund 80 Prozent des Fleisches werden über acht Fleischereien, neben Ostfriesland sind es auch Betriebe aus Braunschweig, Hannover und Mönchengladbach. Die Fleischer setzen dazu eigene Kühlfahrzeuge ein, mit denen sie die abgehangenen Rinder- und Kälberhälften zumeist selbst abholen und in ihren Betrieben als besondere Spezialität von der Küste weiter verarbeiten. Zehn Prozent nehmen regionale Restaurants auf den ostfriesichen Inseln und den umliegenden Orten ab und setzen die entsprechenden Fleischgerichte stolz auf ihre Speisekarten. Der Rest geht an Privatkunden, die das Fleisch auf Bestellung abnehmen. Jens Behrends ist immer auf der Suche nach weiteren Vermarktungswegen und neuen Restaurants in der Region.
Bis vor einigen Jahren wurde das Fleisch vom Adrianenhof und auch von einigen anderen Züchtern über eine Leeraner Supermarktkette hier bei uns an den Fleischtheken als Produkt mit regionalem Anspruch verkauft. Dann aber entdeckten die Einkäufer, dass es billiger ist, sich auf dem Weltmarkt zu bedienen und beendeten diese regionale  Kooperation. Denn der Preis für umweltschädlichen Transport mit Kühlschiffen über die Meere fällt bei der Massenproduktion  und -Vermarktung  von Fleisch kaum ins Gewicht.  

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