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„Ich fühle mich sehr bedrängt”22.09.2022





Als Diskutierende waren eingeladen: Vally Finke (SPD), Christoph Baak (CDU), Ruth Drügemöller (Grüne), Christian Lütke (ADFC) und aus Groningen Benni Leemhuis (GroenLinks). Moderiert wurde die Runde von Felix Zimmermann, der in Oldenburg in den 2010er Jahren das Onlinemagazin Oldenburger Lokalteil mitbegründete (2015 eingestellt) und Lehrbeauftragter für „Journalistisches Schreiben” an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg war. Es zog ihn dann nach Berlin zur TAZ, wo er seit 2012 das Wochenendressort leitete. Seit 2021 wohnt er nun wieder in Oldenburg. Und so präsentierte er sich auch als Kenner der Oldenburger Verhältnisse und fragte in die Runde: „Warum ändert sich nichts in einer Stadt wie Oldenburg?” Gemeint war damit zunächst das Wohnverhalten der Oldenburger, speziell das von jungen Familien, die, so Ruth Drügemöller, heute immer noch davon träumen, in einem Haus im Grünen zu wohnen. Eine These, die zumindest von den Oldenburger Umlandgemeinden geteilt wird, die aktuell wieder viel Baugrund für Einfamilienhäuser ausweisen. In Oldenburg selbst, so Christoph Baak, findet das kaum noch statt. Auch im Neubaugebiet Fliegerhorst würden fast nur Reihen- und Mehrfamilienhäuser gebaut. Er sieht hingegen ein Problem bei der Wohnungsgröße. Viele Familien finden, wenn das zweite oder dritte Kind kommt, keine Mietwohnung in der Stadt. Da muss sich dringend das Bauverhalten ändern und größere, familientaugliche Wohnungen erstellt werden. In Wüsting und Hude hingegen, so Christian Lütke vom ADFC, der auch als Grüner im Gemeinderat Hude sitzt, gibt es das umgekehrte Problem. Junge Menschen, Azubis und Studierende finden nur schwer kleine, passende Wohnungen, weil fast nur Einfamilienhäuser gebaut werden. Doch was hat diese Frage mit dem Klima zu tun? Einfamilienhäuser sind bekanntermaßen energetisch nicht besonders effektiv. Sie benötigen, im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern, mehr Material beim Bau und mehr Energie beim Wohnen. Einen anderen Aspekt warf Benni Leemhuis in die Diskussion. In Groningen baut man ebenfalls gerade ein neues Wohngebiet für 4.000 Menschen und die Maxime laute dort: Kein Weg darf länger als 15 Minuten zu Fuß sein, damit niemand ein Auto benötigt. Außerdem führt ein 4 Meter breiter Fahrrad-Highway in die City. Das sieht in Oldenburg bekanntlich etwas anders aus. Da stehen vor vielen Vorortwohnungen meist gleich zwei Autos. Und so wünscht sich Vally Finke eher gemischte Wohngebiete, wo Familien auf Senioren und Studierende treffen, und verschiedene, jeweils passende Wohnungen angeboten werden, auch für finanziell schwächer aufgestellte BürgerInnen.
Wohnungspolitik kann also viel oder wenig Verkehr produzieren, so Moderator Felix Zimmermann, und lenkte die Diskussion auf die Oldenburger Verkehrspolitik, die Benni Leemhuis wie folgt beschrieb: Für Fußgänger, Rollstuhlfahrer und Kinderwagen ist sehr wenig Platz auf den Straßen. Dafür viel Asphalt für den Autoverkehr, der, so die deutsche Straßenverkehrsordnung, fließen soll. Diese Maxime gilt es zu brechen, so der Appell an die PolitikerInnen in der Runde. Nicht das Auto sollte das Maß der Dinge sein, sondern die Aufenthaltsqualität, womit die Diskussion bei der Nadorster Straße angekommen war, auf der die Protectiv Bike-Line für heftigen Aufruhr unter den Einzelhändlern an der Straße führte. An dieser Stelle merkten die KommunalpolitikerInnen an, dass zwar eine Menge Konzepte in den letzten 20 Jahren entwickelt wurden, aber kaum etwas umgesetzt wurde. Und warum? Christoph Baak erzählte dazu die Geschichte von der Auseinandersetzung um verbesserte Aufenthaltsqualität am Schlossplatz. Eine Idee, die mit der Parole „ja keine Parkplätze abbauen” vernichtet wurde. Probleme, die es auch in Groningen bei der Verkehrswende gab. Allerdings hat sich dort, so Benni Leemhuis, die Politik durchgesetzt, die ja schließlich die Mehrheit der Bevölkerung repräsentiert. Und die Befürchtungen des Einzelhandels haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil, die Aufenthaltsqualität in Groningen hat sich erheblich verbessert, so das jetzt mehr Menschen die City besuchen. Doch warum setzt sich in Oldenburg die Politik nicht durch? Das fragten auch ZuhörerInnen und es machte sich eine gewisse Ratlosigkeit breit. Nicht aber bei Vally Finke, die im Verkehrsausschuss am Rahmenplan Mobilität und Verkehr 2030 für Oldenburg arbeitet, den man auf der Hompage der Stadt Oldenburg einsehen kann.
Ganz grundsätzlich empfahl am Ende der Ratsherr aus Groningen: Macht Autofahren unbequem und teuer, Radfahren und Gehen komfortabel und preiswert. Und speziell für Oldenburg meinte er: „Der Wallring ist wirklich sehr schön. Er könnte paradiesisch sein, wenn die breite Asphaltbahn nicht wäre. So endete ein interessanter Diskussionsabend, der thematisch etwas eingeengt war, nichts über ÖPNV, nichts über Wohnungsnot und sozial-finanzielle Probleme. Aber trotzdem die zentrale Frage wurde gestellt: Warum tut sich kaum etwas in Oldenburg?
Text und Foto: Rüdiger Schön

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