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Nicht jedes Plastik ist schlecht12.11.2020



Text: Horst E. Wegener

Die Liebe der Fans zum Vinyl ist ungebrochen – und lässt sich nicht nur beim jährlichen Record Store Day bestaunen, zu dem man in ausgewählten Independent-Läden in aller Welt limitierte Neupressungen oder Remaster-Versionen lange vergriffener Kult-Scheiben ergattern kann. Auch über die vielen Aktivitäten in Zusammenhang mit diesem speziellen Ehrentag der Schallplatte hinaus gehen Musikliebhaber ihrer Leidenschaft nach, indem sie regelmäßig in ihren Lieblingsplattenläden vorbeischauen. Dass es Anhängern von CD-Tonträgern jahrzehntelang gelingen mochte, den Absatz von Vinyl-Pressungen radikal zu minimieren, spielt mittlerweile keine Rolle mehr.
Erstaunlicherweise hat sich der Wind gedreht, vernimmt man mit Freude die Kunde, dass der Umsatz von Schallplatten in den USA den von CD-Tonträgern jetzt erstmalig seit 1986 überholt hat. Auch diesseits des Atlantiks weist die Branche einen Anstieg beim Verkauf von Vinyl aus: Während CDs durch die krisenbedingten Maßnahmen im stationären Handel  in der ersten Halbjahresbilanz 2020 22,9 Prozent Einbußen zu verzeichnen hatte, gab es bei LPs einen Zuwachs von 4,6 Prozent.
Natürlich müssen diese Zahlen ins Verhältnis gesetzt werden: 783,7 Millionen Euro wurden insgesamt durch Audio-Streams und den Verkauf von CDs, Downloads und Vinyl eingenommen, was einem Anstieg von 4,8 Prozent verglichen mit den Zahlen des ersten Halbjahres 2019 entspricht. Bei näherer Betrachtung schlagen hier vor allem die Streaming-Dienste zu Buche, die mittlerweile knapp zwei Drittel des Umsatzes erwirtschaften.
Der Blick in die monatlich veröffentlichten deutschen Vinylcharts offenbart die nächste Sensation. Die Elektro-Pioniere Kraftwerk haben nicht nur Anfang Oktober Remaster-Versionen von „Der Katalog“ auf den Markt gebracht – jene acht Alben, die zunächst zwischen 1974 und 2003 produziert worden waren, um im Oktober 2009 zu einer Box zusammengefasst an den Handel weitergereicht zu werden, gibt es seit diesem Oktober in einer dynamischen Farbpalette, lichtdurchlässig, in Heavyweight-Pressung, inklusive 16- oder 20seitiger Booklets. Und siehe da: Sieben der acht Studioalben gelang das Kunststück, sich umgehend in den Top 20 der deutschen Format-Hitliste festzusetzen; einzig dem „Techno-Pop“-Album (ehemals „Electro Cafe“) war der Durchmarsch bis in die Top 20 der LP-Charts nicht vergönnt.
Das Siebene-auf-einen-Streich-Kunststück unterstreicht einmal mehr die weltweite Bedeutung der deutschen Vorzeige-Band Kraftwerk: In Düsseldorf 1970 von den Elektroniktüftlern Ralf Hütter und dem mittlerweile verstorbenen Florian Schneider mit weiteren Seelenverwandten gegründet, leistete die Formation vom Start weg Pionierarbeit auf dem Gebiet des Elektrorock, beeinflusste Synthiepop, Electrofunk, Detroit Techno, löste die HipHop-Bewegung aus – und inspirierte Künstler wie David Bowie, Depeche Mode, Rammstein. 1997 stufte die New York Times die Elektronik-Veteranen als die „Beatles der elektronischen Tanzmusik“ ein. Auch in den Jahren danach ließ sich die Strahlkraft der Teutonen-Combo anhand von für Musiker eher unüblichen Retros festschreiben, die mal in New Yorker MoMA, der Londoner Tate Modern, dem Burgtheater in Wien oder in der Neuen Nationalgalerie Berlin deren Oeuvre ins Museale überführen mochten. In einer Ausstellung im Design Museum London wird einem seit August der Einfluss, den die Düsseldorfer Pioniere auf die elektronische Musik und die Popkultur ausgeübt haben, unterm Label „Electronic: From Kraftwerk to the Chemical Brothers“ verdeutlicht. Bleibt die Hoffnung, dass Corona damit die DanceCulture nicht auf ewig ausschließlich ins museumsreife Format umwidmen kann.

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