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Künstler von Hier: 11 Fragen an … Jael Andra Benar02.10.2019



Text und Foto  | Karin Eickenberg

Anschließend studierte sie an der HfK Bremen Keramik und Bildhauerei, dann Kunst und Medienwissenschaft sowie Jüdische Studien in Oldenburg. Vor 16 Jahren hat sie sich schließlich als Künstlerin selbstständig gemacht. In der Steinbildhauerei arbeitet sie besonders gern mit harten Materialien, die sich gerade noch von Hand schlagen lassen. Neben abstrakten, vom Stein geleiteten Objekten setzt sie sich intensiv mit der Tradition des Judentums auseinander. – „Ein Thema, das mich tief bewegt, vor allem die Schrift und deren Auslegung“, so Benar.  Ihre in die Dreidimensionalität versetzten hebräischen Buchstaben aus Stein beeindrucken ebenso wie ihre neuen Installationen mit „blind“ geschriebener Schrift auf Transparentpapier. Für das nächste Jahr plant die Künstlerin, die gern auch mal unbequem ist, eine große Ausstellung mit ihren jüngsten Werken. Kann spannend werden!  

DIABOLO: Wie sind Sie zur Bildhauerei gekommen?
Benar: In einer Schülerzeitung habe ich mal verschmitzt geantwortet, dass mir die Berufsberatung nichts besseres angeboten hat. Meine Meinung ist, dass ein gutes Handwerk der Kunst vorausgeht. Ich habe vor dem Studium unter anderem eine Ausbildung zur Tischlerin absolviert und auch in diesem Beruf gearbeitet. Als Individualistin liebe ich Herausforderungen. Irgendwann habe ich meinen Eltern dann gesagt, dass die Tischlerei mir zu anstrengend ist. Ich bin ein kreativer Kopf. Mein Atelier sieht aus wie früher mein Spielzimmer. Ordentlich und zu bestaunen.  
DIABOLO: Was möchten Sie mit Ihrer Kunst bewirken?
Benar: Es geht mir um Auseinandersetzung. In der Skulptur selbst kann das die Fragestellung nach Linie und Form sein, Oberfläche, Material, Balance und Gewicht. Die Ästhetik eines Werkes kann anziehen und berühren und das führt zu wunderbaren Begegnungen. In Gesprächen und Projekten sind die Gefühle oft intensiver. Es gibt einen Satz, „Erinnere dich deiner Zukunft“. Wenn wir uns mit uns selbst auseinandersetzen, können wir den  Anderen als Bereicherung und nicht als Bedrohung erleben. Wenn wir offen füreinander sind, gewinnen wir Tiefe und können voneinander lernen und miteinander leben.  
DIABOLO: Mit welchen Themen setzen Sie sich auseinander?
Benar: In der Bildhauerei sind das ganz feste Begriffe wie Bewegung, Balance, natürlich Form und Linie. Die abstrakte Bildhauerei fasziniert mich, weil sie nichts vorgibt, an das wir glauben müssen. Meine Themen sind für Europäer oft mit Religion und Geschichte verbunden. Allerdings geht es um Sehnsüchte wie Heimat und Tradition, die ich selbst liebe, lebe und verlasse.  
DIABOLO: Wo und wie arbeiten Sie?
Benar: Mit der Bildhauerei bin ich an Orte und Räumlichkeiten gebunden. Ich habe in Oldenburg sehr lange ein Atelier gesucht, das mir optimale Bedingungen bietet. Andererseits muss es mich in Metropolen und andere Orte ziehen. Im Moment finden weitere Projekte auch in übergreifenden Kunstsparten statt, in Bamberg, Berlin und Jerusalem.  
DIABOLO: Ihre kreative Eigen-Art?
Benar: Ich arbeite oft Jahre zu unterschiedlichen Themen und Projekten, die nebeneinander laufen. Die Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialien und Techniken, auch Reisen in andere Kunstsparten wie Theaterpädagogik, Bühnenbild oder Installation sind wichtig für mich, um mich auszudrücken. In der Thematik gibt es Wiederholungen. Im Material ist es die Faszination für Transparentpapier, rollbare Bühnenbilder und schwere harte Steine, die mich immer wieder aufs Neue bewegen. Ich beiße mich gerne durch und das mit einer humorvollen Grundhaltung. Die Bildhauerei ist meine künstlerische Heimat, die im Vordergrund meines Schaffens steht.    
DIABOLO: Ein Höhepunkt in Ihrer bisherigen Arbeit?
Benar: Ich muss lachen, der steht mir hoffentlich noch bevor! Da ich mich selbst gerade an einem Wendepunkt meiner künstlerischen Arbeit befinde, denke ich viel an anfängliche Projekte. Da war zum Beispiel meine Projektidee für das Bildhauersymposium „Sieben Todsünden“ im Museumsdorf Cloppenburg. Mit den anderen Bildhauern zusammen habe ich  eine ganze Menge bewirkt, Menschen berührt und einen wunderbaren Dialog geführt. Ich war zwölf Jahre als Dozentin für Bildhauerei an der VHS Oldenburg tätig. Eine für mich lange Zeit mit unglaublich schönen Begegnungen und talentierte Schüler sind daraus entsprungen. Doch meistens sind die Höhepunkte die aktuellen Projekte.
DIABOLO: Ein aktuelles Projekt?
Benar: Neben abstrakten Skulpturen arbeite ich bildhauerisch und übergreifend mit hebräischen Buchstaben zu traditionellen Themen des Judentums im historischen Zusammenhang. Zusätzlich wirke ich als Künstlerin an einem Genisaprojekt in Veitshöchsheim mit, das als Kooperation von der Hochschule, den Universitäten Bamberg und Erfurt sowie der Vereinigung für Jüdische Studien e.V. stattfindet.
DIABOLO: Wo ist Ihre Kunst zu sehen?
Benar: Ich freue mich über Besuch im Atelier. Öffnungszeiten kann ich mir nicht leisten aber mit Voranmeldung kann man meine Galerieecke besichtigen und in Kurse reinschnuppern. Ausstellungen werden auf meinem Blog oder in der Presse angekündigt. Mit den Jahren sind Werke in Spanien, Syrien, Israel, den Niederlanden und Deutschland in privaten Sammlungen, Betrieben sowie kirchlichen Trägern behütet oder zu sehen. Derzeit steht eine Skulptur „Die Welle“ im Rathaus Bad Zwischenahn.
DIABOLO: Was bedeutet Erfolg für Sie?
Benar:Wichtige Begriffe sind für mich Akzeptanz, Respekt, die Wertschätzung meiner Arbeit in meiner ganzen Person. Dafür genügen nicht Menschen, die sich ein wenig auskennen, vielmehr Menschen, die ihr Herz öffnen und den Anderen erkennen. Natürlich möchte ich auch sichtbare Spuren in der Kunst hinterlassen. Das ist eigentlich der große „Gewinn“ einer  Ausstelllung.
DIABOLO: Wie lebt es sich als Künstlerin in Oldenburg?
Benar: Oldenburg ist ein „small town paradise“, in dem ich als Künstlerin gut arbeiten kann. Es ist eine ruhige, grüne Stadt mit gelassenen, respektvollen Menschen. Es ist meine Wahlheimat, in die ich schon oft zurückgekehrt bin. Dennoch werde ich mir als Künstlerin hier auf Dauer nur Brote schmieren können. Die Mieten sind für Kreative zu hoch und die Oldenburger kaufen wenig Kunst. Ich wünsche mir eine vernünftige Kulturpolitik, die professionelle Künstler aus der Stadt unterstützt, finanziell zum Beispiel mit einer Atelierförderung. Auch die Presse sollte mehr über Veranstaltungen von Künstlern in der Stadt berichten. Ein Künstleraustausch mit unseren Partnerstädten würde Oldenburg kulturell bereichern.
DIABOLO: Ein Wunsch, ein Plan, eine Vision?
Benar: Für mich selbst wünsche ich mir internationale Projekte. Ich möchte in der Wüste Israels bildhauern und meine Projekte und Ideen weiter über die Stadtgrenze voranbringen. Ich bin sehr dankbar für das, was ich bis jetzt mit meiner Kunst erreichen konnte.
 
Kontakt: Atelier MaKom
Alte Dorfstraße 17 in Ofen, Oldenburg
Tel: 0441-96947980

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