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Was tun gegen Antisemitismus?22.11.2023



Interview und Foto: Thea Drexhage

MoX: Wie lange engagieren Sie sich in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft?
Cordula Behrens: Ich bin Anfang 2000 in die Deutsch-Israelische Gesellschaft hineingegangen zur Zeit der zweiten Intifada. Zu dieser Zeit begann die Propaganda mit Fake-Bildern wie die Aufnahmen von Mohammed al-Dura.
MoX: Nach den Angriffen der Hamas auf Israel am 7.10. war anfangs die Solidarität mit Israel sehr groß. Nach und nach schleicht sich Antisemitismus wieder sichtbar in die Gesellschaft. Was kann dagegen getan werden?
Cordula Behrens: Die Stadt und Bürgermeister Krogmann haben sehr eindeutig Stellung bezogen, auch auf dem Erinnerungsgang. Das fand ich sehr gut. Das ist aber bei Stadtbediensteten nicht durchgängig so, denn es gibt durchaus Stadtbedienstete, die auch die BDS unterstützen, wie einen Lehrer. Seit 2014 haben wir versucht, das offenzulegen und anzuzeigen. Das sind Punkte, wo die Stadt ansetzen könnte. Die Kontakte nach Israel festigen, anzurufen und zu fragen, was benötigt wird. Es gibt dort Angst und Trauma und da müssen wir vor Ort helfen oder anbieten: „Wenn ihr eine Auszeit braucht, dann kommt her.“ In Berlin und München beispielsweise gibt es die Einrichtung, Keren Hayesod, die nach dem grausamen Terrorangriff am 7. Oktober eine Notfallkampagne für Medizinische Ausrüstung und Medikamente, geschützte Unterkünfte und psychologische Betreuung ins Leben gerufen hat. Dafür könnte gespendet werden. Der zweite Schritt betrifft die palästinensische Gemeinde hier vor Ort und die Pro-Palästinensischen Demonstrationen. Schon 2021 wurde dort „Kindermörder Israel“ oder „Free Palestine from the river to see“ gerufen. Wir brauchen eine öffentliche Diskussion mit einigen Mitgliedern. Ob sie sehen, dass es Hamas-Mörder gibt, ob es Verbindungen gibt. Es muss ein Dialog geführt werden. Auch in den Schulen und in Integrationskursen muss mehr über diese Thematik gesprochen werden und ich weiß, dass das nicht ausreichend passiert.
MoX: Sie haben direkten Kontakt nach Israel. Was wissen sie über die Lage der Menschen vor Ort?
Cordula Behrens: Die Menschen vor Ort sitzen Shiv‘a, sie trauern. Dabei gibt es natürlich auch einen Verteidigungswillen. Sie sprechen von der Hölle, die sie gesehen haben und wie sich ihr Leben in Israel nach der Geiselnahme von 239 und dem Massaker an 1200 Babys, Kindern, Jugendlichen, Frauen, Männern, Behinderten, Shoaüberlebenden sowie auch arabischen Israeli und ArbeiterInnen aus Thailand verändert hat.
MoX: Die Reaktion der starken Angriffe von Israel auf den Gazastreifen ist gemischt. Wie lassen sich diese rechtfertigen?
Cordula Behrens: Es ist die Verantwortung der Hamas-Leute, die Kinder und Zivilbevölkerung als Schutzschild instrumentalisieren. Schon 2012 wurden Kinder von der Hamas total vermint an die Grenzen geschickt. Fliehende Eltern gaben an, dass sie ihr Kind bei Verwandten zurücklassen mussten, weil sie sonst nicht hätten fliehen können. Weil die Flucht mit Kind nicht möglich gewesen wäre oder weil sie dazu gezwungen wurden? Das müssen wir hinterfragen. Es ist schwierig, aber man muss fragen, inwieweit die Zivilbevölkerung an dem Hamas-mörderischen Terror beteiligt ist. Wenn unter dem Krankenhaus Al-Schifa die Kommandozentrale der Hamas ist, bedeutet das, dass dieses Krankenhaus eine doppelte Identität hat. Hinter der medizinischen Versorgung von Kranken und Verletzten werden Mordtaten befehligt. Die Tarnung ist ein Kriegsverbrechen.
MoX: Teil der Debatte ist, dass durch den Angriff der Israelis der Hass auf die Juden in den jungen Palästinenser*innen noch mehr geschürt wird. Wie [font=Times]kann dann eine Zwei-Staaten-Lösung überhaupt[/font]
funktionieren?
Cordula Behrens: Dabei spielt auch Europa eine Rolle. Ich habe so einen Idealfall vor Augen. Die Integrationskurse hier vor Ort müssen ausgeweitet werden. Gerade in den Konfliktregionen wie Syrien und Afghanistan konnten viele Menschen nicht oder nur kurz in die Schule gehen. Das muss hier nachgeholt werden, denn Bildung ist immer ein
Weg zur Selbstreflexion, Demokratie und Freiheit. Das muss hier verlangt werden und hätte schon eher verlangt werden müssen. Diese Konflikte waren vorauszusehen, auch mit den Fehlern, die die Israelis unter der Netanjahu-Regierung gemacht haben. Der Gesundheitsminister der Hamas hat hier in Deutschland Medizin studiert. Wie kommt jemand durch so eine schwere Prüfung hier, wenn er nicht mal den Hippokratischen Eid, jedem Menschen zu helfen, einhält sondern Mord und Totschlag unterstützt. Die Lage ist schwierig. Während nach der Hamas Charta die Vernichtung des demokratisch verfassten Staat Israel an oberster Stelle steht, gehen die israelischen Soldaten unter Einhaltung des humanitären Kriegsrecht zielgerichtet und reflektiert vor. Vor einem Raketenbeschuss warnt sie die Bevölkerung, schafft Fluchtkorridore, versucht das Prinzip „Humane Help for a human gesture“ durchzusetzen. Die IDF versuchte Treibstoff oder Inkubatoren für das Al Shifa-Krankenhaus bereitzustellen, was von der Hamas verweigert wird. Der Krieg wäre vorbei und auch das Elend der palästinensischen Zivilbevölkerung, wenn die 238 Geiseln bedingungslos freigelassen werden, der Gazastreifen entmilitarisiert wird und die Verantwortlichen für das Massaker, wie Hamas- Führer Isamel Haniye sich ihrer Verantwortung stellen und sich vor Gericht verantworten würden. Das wären zivilrechtliche Voraussetzungen für die Errichtung eines Rechtsstaats.
MoX: Bilder von Opfern und Geiseln wie Shani Louk gingen um die Welt und haben auf Plattformen wie Tik Tok auch junge Menschen erreicht. Gleichzeitig werden dort auch widersprüchliche Berichte aus dem Gazastreifen geteilt. Was würden Sie jungen Menschen raten, um sich vor Fake-News zu schützen. Wo können Sie sich informieren?
Cordula Behrens: Auch wir als Erwachsene müssen uns mit den sozialen Medien befassen und die damit einhergehenden Probleme in die Schulen bringen. Alles, was Schüler bewegt, sollte sowohl von Lehrkräften als auch Eltern thematisiert werden. Auch Mobbing passiert über diese Plattformen. Shani Louk ist ein Beispiel für die Dämonisierung einer Jüdin, auch von Frauen, wenn man sich die Kommentare unter den Beiträgen anschaut. Und vor sowas müssen Kinder geschützt werden, das fängt ja schon in der ersten, zweiten, dritten Klasse an.

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