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Endlich aufwachen...  Bürger*Innen und Experten stellen Ideen für preiswerten Wohnraum vor03.07.2019







Text und Foto  |  Christoph Kienemann

Das Oldenburger Bündnis „Wohnen für alle“, hat derweil die Bürger*Innen nach ihren Ideen gefragt und ließ den Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm sowie Stefan Könner von der GSG ihre Meinungen zum sozialen Wohnungsbau vortragen. Warum gibt es in fast allen Großstädten der Bundesrepublik einen Mangel an preiswertem Wohnraum?
Die Ursachen dafür lassen sich auf zwei Besonderheiten zurückführen. Anders als in anderen europäischen Staaten, existiert in der Bundesrepublik seit 1990 kein gemeinnütziger Wohnungsbau mehr und Sozialwohnungen fallen nach einer Zeitspanne aus der Sozialbindung, womit zumeist Mietsteigerungen verbunden sind. Zusammen führen diese Punkte dazu, dass es im Land immer weniger Sozialwohnungen gibt und auch kaum Sozialwohnungen nachgebaut werden. Große Wohnungsbaugesellschaften oder private Vermieter*Innen sind schließlich an einer Rendite interessiert.
Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind auch in Oldenburg spürbar. Die Mieten sind in den letzten zehn Jahren um 30% gestiegen, die Sozialwohnungen gingen von 3.850 im Jahr 2005 auf 2.485 im Jahr 2017 zurück. Stattdessen wurden vor allem Wohnungen im Hochpreissegment gebaut. Die Folge: Während das ärmste Fünftel in der Bevölkerung heute mehr Geld für Wohnkosten aufwenden muss, sanken die Kosten für das reichste Fünftel. Diese soziale Ungleichheit nehmen inzwischen immer mehr Menschen wahr. Sie wollen anders leben und wünschen sich, dass Wohnraum keine Ware sein soll, wollen unterschiedliche Wohnformen ausprobieren und die Möglichkeit haben, bedarfsgerecht zu wohnen. Viele haben die Sorge, dass sie insbesondere im Alter keinen finanzierbaren Wohnraum mehr finden können und eventuell sogar von Obdachlosigkeit bedroht sein könnten. So lassen sich die Ergebnisse des wohnpolitischen Forums des Bündnisses „Wohnen für Alle“ zusammenfassen. Rund 100 Bürger*Innen tauschten sich hier in fünf Arbeitsgruppen über ihre Vorstellungen vom Wohnen in Oldenburg aus.
Wie aber kann preiswertes Wohnen Realität werden? Zu diesem Thema sprachen Stadtsoziologe Andrej Holm und Stefan Könner, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft GSG in einer weiteren Veranstaltung des Bündnisses. Hol stellte sein Konzept der neuen Gemeinnützigkeit vor. Demnach könne von privaten Wohnungsbaugesellschaften nicht erwartet werden, dass sie preiswerten Wohnraum erstellen. Stattdessen soll es wieder möglich werden, gemeinnützig zu bauen. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass man gemeinnützig Kaninchen züchten kann, aber keine Wohnungen bauen darf“, so Holm. Für den gemeinnützigen Wohnungsbau würden weniger Steuern anfallen, die Mieten müssten lediglich kostendeckend sein und könnten sogar nach Ende der Förderung sinken. Dieses Modell funktioniert beispielsweise mit großem Erfolg in Wien. Hier gibt es für 80% der Bevölkerung sozialen Wohnraum. Auch Stefan Könner konnte sich für diesen Ansatz erwärmen. „Es war ein Fehler, die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau abzuschaffen“, so Könner. Die GSG sei zwar nicht mehr gemeinnützig, fühle sich diesem Prinzip aber weiterhin verpflichtet. Daher werde die Rendite von 2,5 % in den Bestand oder in den Wohnungsneubau investiert. Die Versorgung der Bevölkerung mit preiswertem Wohnraum werde zudem ein wichtiger Wettbewerbsfaktor in der Konkurrenz der Städte um Fachkräfte, führte Könner aus. Die Politik müsste sich darum kümmern, dass das Bauen nicht zu teuer werde, beispielsweise durch intelligentere Klimaschutzauflagen und steuerliche Entlastungen bei den Baukosten.
Dabei könnte sich Könner auch vorstellen, dass eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, mit Beteiligung der GSG, grundsätzlich ein Erfolg werden könnte. Andrej Holm forderte zudem einen Perspektivwechsel der Politik: „Es ist nicht nur wichtig, genug Wohnungen zu bauen, sondern auch, ob diese preiswert sind.“

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