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Filme im Kino

MoX Kinofilme KW3711.09.2024













Texte: Horst E. Wegener
Beetlejuice Beetlejuice
USA ´24: R: Tim Burton. Ab 12.9. Wertung: **** Bild: Warner Bros. Entertainment
Es war nach dem zurecht vergessenen Langfilmdebüt mit „Pee-Wee´s irre Abenteuer“  erst seine zweite Regiearbeit  – und doch beeindruckte Tim Burton die Kinowelt ab 1988 mit der Lowbudget-Gruselmär „Beetlejuice“ spürbar. Während Hollywood dem visionären Bilderstürmer damals zusehends größere Produktionen zuschanzte, er dann im Lauf der Jahrzehnte überm Verfilmen dieser immer stromlinienförmiger geratenden Bugbudgetprojekte etwa aus dem Batman-Universum oder der missglückten Planet der Affen-Neuauflage seinen schrägen Humor zu vernachlässigen begann, hätten sich in Zeiten des special-effects-lastiger werdenden Mainstream-Kinos irgendwann nur noch hardcore-Fans filmischen Nachschlag zum Fantasyhorror-Geniestreich „Beetlejuice“ vom früheren Regie-Exzentriker Burton erhofft. Da dieser Wunsch jetzt doch noch wahr geworden ist, darf uns der Genrekino-Profi überraschenderweise ein Wiedersehen mit einem Teil der Originalbesetzung unterbreiten, das um Neuzugänge ergänzt und durch jene so schmerzlich vermissten gallig-morbiden Diesseits-Jenseits-Traumwelten aus dem „Beetlejuice“-Original kongenial ergänzt wird. Mit dem Oscar-verdächtig auftrumpfenden Michael „Beetlejuice“ Keaton, Winona „Lydia“ Ryder und Catherine „Delia“ O´Hara sind maßgebliche Akteure aus dem 1988er Kultfilm erneut mit von der Partie, geben sie sich ein Stelldichein mit Neuzugängen, darunter Jenna Ortega als Lydias rebellische Teenietochter Astrid, Monica Belluccis femme-fatale-furiose Seelensaugerin Delores und Willem Dafoes irrem Jenseits-Cop Wolf Jackson. Die „Beetlejuice Beetlejuice“-Story braucht ein Weilchen, bis sie in die Gänge kommt, nimmt erst Fahrt auf, nachdem die Deetz-Sippe zum Begräbnis des Familienoberhauptes Charles im lange nicht aufgesuchten Spukhaus in Winter River zusammenkommt und man den Poltergeist zu neuem Leben erweckt. Bis dahin wird einem die einst Beetlejuice als Braut zugedachte Goth-Göre Lydia wieder ins Gedächtnis gerufen, die älter werdend  ihr Talent, Geister zu sehen, zu einer Geschäftsidee umfunktioniert hat. Mittlerweile moderiert sie ihre eigene TV-Sendung, in der man paranormale Vorkommnisse abklärt. Töchterchen Astrid hält Moms Geistergeschwafel natürlich für komplett vorgetäuscht und findet auch ansonsten, dass Großvater Charles die einzig halbwegs normale Person im Kreis der Deetz-Familie sein dürfte. Als man seiner Enkelin dann vom tragischen Unfalltod des alten Herrn erzählt, ist Astrid zu Tode betrübt – wie es sich herausstellt, war das Flugzeug mit dem Deetz-Senior überm Meer abgestürzt, woraufhin ein Hai Charles um einen Kopf kürzer gemacht hatte; ein typisch Burton´scher Einfall, um jenen verurteilten Sexualstraftäter, der seinerzeit in der Rolle des Deetz-Familienoberhaupts mitmischen durfte, kurzerhand in eine kopflose Stop-motion-Knetfigur zu verwandeln! Wie auch immer: Nachdem man Beetlejuice versehentlich ins Diesseits zurückgerufen mochte, stürzt er Winter River ins Chaos, muss sich aber zugleich mit zwei weiteren Jenseits-Gestalten auseinandersetzen, die ihm rachelüstern an den Fersen kleben, darunter Cop Wolf Jackson sowie die vom Poltergeist noch in der Hochzeitsnacht zerstückelte Ex Delores. Jene sich daraus ergebende Hommage aufs Trashhorror-Genre wird von den Drehbuchautoren Alfred Gough und Miles Millar mit zeitgeistigen Updates zum Klimawandel, Follower-Wahn und Seitenhieben gegen Netflix und Disney unterfüttert, um von der Regie in eine Gaga-Welt randvoll mit Musical-Einlagen, kultigen Grusel-Monstern, riesigen Sandwürmern und Dauerknatsch bei Deetz und Co. überführt zu werden. Mit Blick auf die Fantasie des Kino-Visionärs Tim Burton kann man sagen: Rückerinnerungsmission an frühere Zeiten erfüllt, da capo.
D: Michael Keaton, Winona Ryder, Catherine O´Hara, Jenna Ortega, Justin Theroux, Monica Bellucci, Willem Dafoe, Danny DeVito, Arthur Conti.


Ezra – Eine Familiengeschichte
USA ´23: R: Tony Goldwyn. Ab 12.9. Wertung: *** Bild: Tobis Film GmbH
Als Autist tut sich Ezra(Fitzgerald) mit Nähe und dem korrekten Umgang mit anderen Menschen schwer  – egal ob in der Schule oder im privaten Umfeld. Für Max (Cannavale), den Vater des Elfjährigen bedeutet das, sich immer wieder darauf einstellen zu müssen, dass dem Kind jedwede Umarmung verhasst ist. Aber was soll´s, so ist der Junge eben. Überhaupt nicht klar kommt Ezras Vater derweil mit der Art und Weise, wie die Mutter seines geliebten Kindes an der Zukunft des Elfjährigen herumschraubt, so als habe man es mit einem Bekloppten zu tun: Unglaublich, dass Max Ex Jenna (Byrne) ein Überwechseln ihres gemeinsamen Kindes an eine Förderklasse in Ordnung fände – und erst recht nichts gegen den Vorschlag der Ärzte einzuwenden hätte, die sich´s vorstellen könnten, einige Symptome des bisweilen überreagierenden Jungen medikamentös in den Griff zu kriegen. Da Ezras Eltern sich über solchen von außen an sie heran getragenen Ideen schon früher derart zoffen mochten, dass Max irgendwann auszog um sich bei seinem Vater (De Niro) einzuquartieren, werden derlei Streitigkeiten mittlerweile sogar vor Gericht ausgetragen. Mit der Entscheidung des Richters, den Sohnemann nurmehr ab und an sehen zu dürfen, kommt Ezras Vater erst recht nicht klar. Also greift er sich kurzerhand das Kind, um mit dem Elfjährigen auf einen Vater-Sohn-Road-Trip zu gehen, inklusive übernachten im Auto, frühstücken im Diner. Während sich´s die beiden gut gehen lassen, man die Zeit aus den Augen verliert, beobachtet Regisseur Tony Goldwyn Ezras Vater dabei, wie der gemachte Fehler irgendwann zuzugeben lernt, während es dem Youngster zusehends besser gelingt, aus sich herauszugehen, dabei aber stets er selbst zu bleiben. Auf das mit Lust schauspielernde Ensemble rings um William A. Fitzgeralds sehenswerte Ezra-Verkörperung kann sich die Regie jederzeit verlassen, was dem Film über diverse dramaturgische Längen hinweghilft.
D: Bobby Cannavale, William A. Fitzgerald, Robert De Niro, Rose Byrne, Vera Farmiga.


The Crow
USA/GB/Frankreich ´24: R: Rupert Sanders. Ab 12.9. Wertung: *** Bild: Leonine
Nach seinem gewaltsamen Tod unmittelbar vor Halloween erweckt eine Krähe den Musiker Eric Draven (Skarsgard) zu neuem Leben – mit überirdischen Kräften, die dem Wiedergänger äußerst gelegen kommen bei der Suche nach seinem Mörder. Der alsbald losgetretene Rachefeldzug gerät gnadenlos, da Erics Seele keine Ruhe finden mag, bevor sie nicht jeden aus der Brutalo-Gang ins Jenseits befördern konnte. Zeitgemäßes Remake des Originals von 1994, bei dessen Dreharbeiten Hauptdarsteller Brandon Lee ums Leben kam.
D: Bill Skarsgard, FKA Twigs, Danny Huston, Josette Simon, Laura Birn, Sami Bouajila.


The Substance
GB/USA ´24: R: Coralie Fargeat. Ab 19.9. Wertung: *** Bild: Mubi
Lang, lang ist´s her, dass Elizabeth Sparkle (Moore) mit einem Stern auf Hollywood´s berühmtem Walk of Fame geehrt worden war. Nachdem man die Schauspielerin danach als Star einer Fitness-Sendung im Fernsehen bewundern durfte, neigt sich mittlerweile auch diese Karriere ihrem Ende entgegen – laut Sparkles Produzent Harvey (Quaid) habe frau mit 50 (!) im TV nichts mehr verloren. Da „The Substance“ in naher Zukunft spielt, kann die somit gnadenlos Geschasste einem ihr sodann vorgeschlagenen Deal nicht widerstehen: Spritzt sich eine Droge, die bewirkt, dass Elizabeth aus ihrem eigenen Körper ein zweites viel jüngeres Ich gebiert. Diese jüngere Version, Sue (Qualley), tritt alsbald einen Job beim Sender an und mausert sich im Nu zum Quoten-Star. Dass ihr das ältere Ich von Anfang an total egal ist, was auf Gegenseitigkeit beruht, bringt es mit sich, dass Probleme nicht lange auf sich warten lassen. Das Injizieren der Droge bedeutet nämlich für diejenige, die sich die Substanz spritzt, dass man zuhause ohnmächtig auf dem Boden herumliegt, während das andere Ich lebt – nach sieben Tagen ist eigentlich das Übergeben des Staffelstabs an das ebenso für sieben Tage wiedererweckte andere Ich angesagt, zwecks Regeneration. Doch Sue hält sich immer weniger ans Einhalten dieses paritätisch ausbalancierten Zeitkontos. Indem sie ihre Lebenszeit mehr und mehr ausweitet, hat das sowohl fürs jüngere als auch fürs ältere Ich Konsequenzen, die den Film zusehends drastischer in die Untiefen des Body Horror abgleiten lassen. Filmerin Coralie Fargeat wandelt mit ihrem Schocker auf den Spuren des Genrealtmeisters David Cronenberg; ihr „The Substance“ ist definitiv nichts für Zartbesaitete.  
D: Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid, Gore Abrams, Hugo Diego Garcia.


Die Fotografin
GB/ USA ´23: R: Ellen Kuras. Ab 19.9. Wertung: *** Bild: Sky UK Ltd.
Anno 1977 schaut ein junger Journalist bei Lee Miller in ihrem britischen Domizil vorbei, darauf hoffend, von der schwer alkoholkranken Fotografin mit ein paar Hintergrundgeschichten übers Zustandekommen mancher ihrer Aufnahmen beglückt zu werden. Die Heimgesuchte gibt sich zunächst abweisend und einsilbig – „it´s just pictures“, kommt dann aber doch Zigaretten-qualmend und Hochprozentiges in sich hineinschüttend ins Erzählen. Was der Doku-Filmerin Ellen Kuras für ihren Teil umso mehr Gelegenheiten bietet, tief in die Geschichte der Jahrhundertfotografin Miller einzutauchen. Kuras´ Biopic katapultiert einen zunächst zurück in den von Müßiggang bestimmten Alltag einer Künstlerclique an der französischen Küste gegen Ende der 1930er-Jahre; die von der europäischen Laissez-faire-Mentalität begeisterte US-Amerikanerin Miller, zu jener Zeit Ex-Model und Muse für den Surrealisten May Ray, ist es längst leid, nurmehr „Bild“ zu sein. Nachdem ihr der britische Künstler und Autor Robert Penrose übern Weg läuft, beschließt Miller ihm, der ihr zweiter Ehemann werden wird, nach England zu folgen. In London tritt Lee eine Stelle als Fotografin bei der Vogue an, erregt dann mit ihren Aufnahmen von Models auf jenen Trümmerbergen, die von Hitlers Bombengeschwader-Attacken auf die Metropole herrühren, Aufmerksamkeit über die Modewelt hinaus. Gleichwohl wurden Millers Anträge, an der Front fotografieren zu dürfen, durch die Briten mehrfach abgelehnt; als US-Amerikanerin konnte sich Lee schließlich über die US-Armee akkreditieren. Millionenfach abgedruckt wurde dann aber eher die Aufnahme des Life-Fotografen David E. Scherman, der Lee beim Bad in Adolf Hitlers Badewanne in der Münchner Privatwohnung des Führers zeigte;  Kollegin Miller glückten anno ´44 vor allem beeindruckende Fotoserien in Lazaretten in der französischen Normandie sowie im durch die Alliierten befreiten Paris. Auch bei der Befreiung der Konzentrationslager von Buchenwald und Dachau war die Amerikanerin mit ihrer Kamera zugegen, verweigerte man ihr seitens der Vogue allerdings die Veröffentlichung der KZ-Schreckensbilder. Erst Ende der 1990er-Jahre fiel Lee Millers Sohn ein Großteil ihrer unveröffentlichten Aufnahmen beim Stöbern auf dem Dachboden in die Hände – so dass Jahre nach dem Tod der 1977 verstorbenen Kriegsfotografin eine Neubewertung ihrer Kunst durch Millers Sohn in seiner Funktion als Nachlassverwalter in Angriff genommen werden konnte. Dank einer sich glaubwürdig in die Rolle der zentralen Figur vertiefenden Hauptdarstellerin Winslet gelingt es auch Filmerin Kuras, die Kunst dieser Kriegsfotografin und ihre Lebenstragödie angemessen auszuleuchten. Sehenswert.
D: Kate Winslet, Andy Samberg, Josh O´Connor, Andrea Riesborough, Alexander Skarsgard.


Samia
Italien/Deutschland/Belgien/Schweden ´24: R: Yasemin Samdereli. Ab 19.9. Wertung: **** Bild: Weltkino Filmverleih
Samia wächst in den 1990er-Jahren in einem der Armenviertel der somalischen Megalopolis Mogadischu auf. Da sie das Laufen liebt, läuft das Mädchen bald allen davon – ihrem Bruder ebenso wie dem Nachbarsjungen Ali. Und blitzschnell wie die größer werdende Samia stets ist, wäre es ihr größter Wunsch, irgendwann als Läuferin bei den Olympischen Spielen anzutreten. Obwohl sich die politische Lage in Somalia stetig verschlechtert, es Frauen untersagt ist, Sport zu treiben und Hijab-Zwang herrscht, hält das Naturtalent an ihrem Training eisern fest: Dann läuft sie eben heimlich nachts… Ausgehend von dem auf wahren Begebenheiten beruhenden Bestseller „Sag nicht, dass Du Angst hast“ übersetzt die in Dortmund geborene Regisseurin Yasemin Samdereli das Drama der Leichtathletin Samia Yusuf Omar filmisch, besetzt sie die Hauptrolle mit Riyan Roble als jüngerer und Ilham Mohamad Osman als älterer Samia. Deren Weg hin zur Teilnahme an den Olympischen Spielen in Peking 2008 bringt uns „Samia“ näher, blendet hernach auch das tragische Ende der Ausnahme-Athletin nicht aus: Die politischen Umbrüche in Samias Heimat lassen ihr irgendwann scheinbar keine andere Wahl als mit der Flucht übers Mittelmeer zu liebäugeln. Anfang April 2012 sitzt sie in einem dieser hoffnungslos überfüllten Flüchtlingsboote, die vor der Küste Maltas kenterten – wie so viele Flüchtlinge aus Afrika, denen niemand das Schwimmen beigebracht hat und die ohne Rettungsweste nicht die geringste Chance aufs Erreichen des rettenden Ufers haben, war auch Samia zum Ertrinken verdammt. Sie starb mit gerade mal 21 Jahren; welch Tragödie.
D: Ilham Mohamed Osman, Fatah Ghedi, Elmi Rashid Elmi, Riyan Roble, Zadaria Mohammed.

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