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Auf Augenhöhe: Edith-Russ-Haus zeigt Ausstellung zum Thema Sexarbeit24.04.2019





Text und Fotos  |  Christoph Kienemann

„Die politischen und moralischen Diskurse über Sexarbeit neigen häufig dazu, Sexarbeitende zu bevormunden, und machen es ihnen schwer, ihre Identitäten differenziert und eigenständig zu bestimmen“, so Edit Molnár und Marcel Schwierin, die das Edith-Russ-Haus gemeinsam leiten. „Die Ausstellung ‚Red Umbrella Struggles‘ will daher den gesellschaftlichen Kampf dieser marginalisierten Berufsgruppe sichtbar machen.“ Ausgangspunkt der Ausstellung sind zwei Arbeiten von Petra Bauer und Daniel Jacoby. Beide erhielten im Jahr 2018 Stipendien am Edith-Russ-Haus und zeigen nun das Resultat ihrer Arbeit. Ergänzt wird die Ausstellung durch Arbeiten von Tadej Pogačar, Lilla Szász, Louise Carrin und Ditte Harløv Johnsen.
Den Einstieg in die Ausstellung bildet Petra Bauers Mixed-Media-Installation „Workers!“, die gemeinsam mit der schottischen Initiative SCOT-PEP entstanden ist. Der Film zeigt die Arbeit von SCOT-PEP – einer Organisation, die sich für die Rechte von SexarbeiterInnen einsetzt - im schottischen Gewerkschaftskongress. Das Gebäude steht für den Kampf von ArbeiterInnen für ihre Rechte und so wird deutlich, dass auch die Sexarbeitenden von der Gesellschaft verlangen, von ihr akzeptiert zu werden. Die Identität der Frauen wird dabei nicht preisgeben, die BetrachterInnen sehen nur die arbeitenden Hände oder die Person von hinten. Der Fokus liegt auf diese Weise ganz auf der Botschaft der Protagonistinnen. Mit Code:Red zeigt Tadej Pogačar ein partizipatorisches Langzeitprojekt, das die verschiedenen Aspekte der Sexarbeit als Schattenwirtschaft und einer Form des ökomonischen Ungehorsams erkundet. Durch den von Tadej Pogačar auf der 49. Biennale von Venedig organisierten Red Umbrella March, erhielt die Bewegung der SexarbeiterInnen zudem ihr internationales Symbol, den roten Regenschirm. Intime Einblicke in die Lebenswelt von Sexarbeitenden gewährt das Fotoprojekt von Lilla Szász. Sie fotografiert über drei Jahre hinweg das Leben der Michael, Monica und Alexander, zwischen Alltag, Liebe und Sexarbeit. Dabei stellte sich Szász die Frage, was eine Familie ausmacht und was Menschen unter schwierigen Umständen verbindet. Auch bei Louise Carrins Film „Venusia“ stehen die Charaktere der Protagonistinnen im Vordergrund. Was verbindet Bordellbesitzerin Lisa mit ihrer einzigen Vertrauten?
Der Ausstellung im Edith-Russ-Haus gelingt es, ihren BetrachterInnen unterschiedliche Perspektiven über das Leben von SexarbeiterInnen zu eröffnen. Warum wird ihre Arbeit diskriminiert? Welche politischen Forderungen sind damit verbunden, welche Schicksale? Wie sehen die Arbeitsbedingungen aus? Dabei verzichtet die Ausstellung auf Voyeurismus und Opferperspektiven, sondern zeigt die SexarbeiterInnen auf Augenhöhe mit den BetrachterInnen und weist ihnen die Rolle von ExpertInnen ihres Lebens zu. Vielmehr werden die BesucherInnen aufgefordert, sich ein eigenes Bild und eine eigene Meinung über das Thema Sexarbeit zu bilden und Vorurteile und Stereotype zu hinterfragen. Dazu tragen auch die Bücher und Broschüren bei, die zu einer selbstständigen Beschäftigung mit dem Thema anregen.

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