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Filme im Kino

Filmkritiken: Little Women, Sorry we missed you, Die Kunst der Nächstenliebe30.01.2020



Text | Horst E. Wegener
Bild |Copyright Wilson Webb
Schließlich sind die Geschwister mit ihren von klein auf ersonnenen und unterm Dach gemeinsam inszenierten Theaterstücken groß geworden. Während der Vater auf Seiten der Unionisten im Sezessionskrieg unterwegs ist, und sich die sozial engagierte Mutter mitsamt der ebenfalls im Haus lebenden Haushälterin um notleidende Gemeindemitglieder kümmert, stemmen sich die vier Geschwister gegen die Widrigkeiten des Alltags. Jo fühlt sich zur Schriftstellerin berufen, Meg liebt das Schauspielern, Beth geht im Klavierspielen auf – und die aufs Malen abonnierte Amy hat dann sogar das Glück, ihre reiche verwitwete Tante bei deren Europatrip nach Frankreich begleiten zu können. Durcheinandergewirbelt wird das Quartett immer mal wieder vom reichen Nachbarssohn Laurie…
Mit größter filmischer Detailfreude lotet Schauspielerin Greta Gerwig in ihrer zweiten Regiearbeit die Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs aus, zieht obendrein Vergleiche zur Lebensperspektive von modernen Frauen, die heutzutage auf Selbstverwirklichung pochen. Aus dem bis in die Nebenrollen perfekt besetzten Cast ragt Saoirse Ronan als Jo unbestritten heraus, lässt den anderen gleichwohl genügend Möglichkeiten um sich schauspielerisch ebenfalls einzubringen. Berührend!


Bewertung: Little Women
USA ´19: R: Greta Gerwig; D: Saoirse Ronan, Emma Watson, Florence Pugh, Timothée Chalamet, Laura Dern, Meryl Streep, Chris Cooper.
Wertung: + + + +  4/6
Cinemaxx: ab Do. 30.1.


Underdog-Drama: Sorry we missed you

Wer die einst stolze Kohle- und Stahlregion um Newcastle aufsucht, dem fallen die Spätfolgen der fast überall in England mit Händen zu greifenden Wirtschaftskrise auf Schritt und Tritt auf
Die Turners stellen da keine Ausnahme dar – obwohl Mutter Abbie (Honeywood) als mobile Krankenschwester sogar über eine halbwegs sichere Arbeit verfügt, während sich ihr Mann Ricky (Hitchen) seit Jahren von einem Aushilfsjob zum nächsten durchhangelt. Trotzdem muss die Familie jeden Penny mehrfach umdrehen – und das Häuschen, das früher mal ihr Eigentum war, fiel der globalen Finanzkrise von 2008 zum Opfer. Als Ricky einen Job beim örtlich aktiven Paketlieferdienst Parcels Delivered Fast! ergattert, wähnt man sich kurzfristig im Glück. Doch die Arbeitsbedingungen in der Paketbotenbranche knebeln, beschleunigen nur die Verelendungsspirale der Turners. Dass Independentaltfilmer Ken Loach, erklärter Anwalt der Armen und Abgehängten, dem Schicksal der sich wie Sisyphos abmühenden Malocher und kleinen Leute eindringliche Milieustudien abgewinnt, davon zeugen all seine Filme in unmissverständlicher Klarheit und Präzision. Wobei von der Sentimentalität früherer Arbeiten in „Sorry we missed you“ nullkommanichts mehr zu spüren ist. Das Motto: Keine Atempause, Geld wird gemacht begünstigt eine Welt ohne Mitleid, in der die Devise „Friss oder stirb“ das alltägliche Dasein zur Tragödie umformt. Wer im Kino sitzt, sagt sich: Ein Schicksal, wie das der Farmers könnten wir überall beobachten. Was das bringt? Zumindest die Erkenntnis, einem brisanten und wichtigen Film beizuwohnen.


Bewertung: Sorry we missed you
GB `19: R: Ken Loach, D: Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone, Katie Proctor, Ross Brewster, Mark Birch.
Wertung: + + + + 4/6
Casablanca: ab Fr. 31.1.




Sittenkomödie: Die Kunst der Nächstenliebe

Selbstloses Engagement für die Schwachen der Gesellschaft – für Isabelle (Jaoui) selbstverständlich. Das man Mamas fortwährende Einsätze in gemeinnützigen Einrichtungen, Suppenküchen und Obdachlosen-Camps zuhause eher missvergnügt sieht, resultiert auch darin, dass die 50jährige ihrer Familie gern predigt, wie privilegiert sie alle im Gegensatz zu den Flüchtlingen leben.
Erst nachdem der Französin in jener gemeinnützigen Einrichtung, in der sie – etwas unorthodox – Kindern Lesen und Schreiben beibringt, von einer jüngeren, methodischer vorgehenden neuen Kollegin (Sermonne) der Rang abgelaufen wird, beginnt die sich ausgebootet fühlende Freizeit-Pädagogin nachzudenken. Da sie Schüler an die deutsche Kollegin verliert, steigt Isabelles Angst, nicht mehr gebraucht zu werden. Was tun? Eine Befragung ihrer Kursmitglieder gipfelt in dem Wunsch der Schützlinge, den Führerschein machen zu wollen. Also beginnt Isabelle damit, den abgehalfterten Fahrlehrer Attila (Ivanov) mit ihrer Idee von einer sozialen Fahrschule zu nerven. Den finanziell angeschlagenen Ausbilder überzeugen irgendwann die in Aussicht gestellten Fördergelder – um deren Beschaffung sich selbstverständlich Ideengeberin Isabelle kümmern müsste.
Dass die typisch französisch wortwitzige Sittenkomödie stets den richtigen Ton findet, ist vor allem der grandios schauspielernden Hauptdarstellerin Agnès Jaoui zu verdanken, die uns Isabelle als zutiefst menschlich und somit fehlerhaft sympathisch präsentiert. Ihr zur Seite: Regisseur Gilles Legrand, der sich eines sezierenden Blicks für menschliche Eitelkeiten und Schwächen befleißigt, sein Drama mit verbalen Sticheleien und einem Gespür für die unterschiedlichsten Milieus kenntnisreich filmisch in Szene  setzt.


Die Kunst der Nächstenliebe
Frankreich ´18: R: Gilles Legrand, D: Agnès Jaoui, Tim Seyfi, Alban Ivanov, Claire Sermonne, Michèlle Moretti.
Wertung: + + + + 4/6
Cine k.: ab Fr. 31.1.

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