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Wochenzeitung DIABOLO:
Neues aus der Hauptstadt: Berliner Brückenposse20.03.2019

TEXT  | Horst E. Wegener
Das ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Dienst genommene Brückenensemble beäugte man seinerzeit als Weltklasse-Bauwerk, 1993 wurde es vom Landeskonservator mit dem Prädikat „bedeutendes Dokument für die Stadtgeschichte“ unter Denkmalschutz gestellt. Eine Sanierung war damit nicht verbunden – weshalb die größtenteils funktionslos gewordenen Brücken weiter vor sich hin rosteten. Erst ab 2011 mit der Eröffnung eines städtischen Freizeitparks auf dem seit der deutschen Teilung weitestgehend verwaisten Güterbahnareal zwischen Yorckstraße und Landwehrkanal ergaben sich neuen Nutzungsperspektiven fürs historische Brückenensemble. Hinsichtlich der ältesten Brücke, als Nummer 5 bekannt, bot sich letztlich eine Umwidmung für Radler an, denen der Senat die Anbindung an den Fernradweg Berlin-Leipzig vorschlug. Genauso kreuzungsfrei sollten auch Fußgänger einen Zugang vom nahen S-Bahnhof zum Gleisdreieckpark erhalten.
Gesagt, getan? Denkste! Obwohl der zuständige Bezirk Tempelhof-Schöneberg aus Fördermitteln summa summarum 423 000 Euro in die Grundsanierung der historischen Brücke Nummer 5 stecken mochte, bockte hernach die Deutsche Bahn. Als Eigentümer zuständig für die Betriebssicherheit des Bauwerks von 1875 veranschlagten die Statiker der Bahn weitere 860 000 Euro. Begründung: Man müsse die nurmehr grundsanierte Brücke erneut anheben und verstärken, so dass sie künftig ohne Stützpfeiler tragfähig ist. Andernfalls könnten die jetzigen Stützsäulen im Fall einer denkbaren Unfallbeschädigung einfach umkippen und das Brückenbauwerk dann einstürzen.
Generös bietet die Bahn seither an, die errechneten Kosten größtenteils beizusteuern. Aber nur, wenn man dafür sechs andere der denkmalgeschützten Brücken abreißen darf. Dies ist nach Ansicht sowohl des Berliner Senats als auch des Bezirks indiskutabel. Den Vorschlag des Landes, nach der Sanierung gegen eine Ablöse die Zuständigkeit für Brücke Nummer 5 übernehmen zu wollen, mag man derzeit bei der Bahn nicht akzeptieren – und stuft die gebotene Summe als zu gering ein. Auf Berliner Seite geben sie zu bedenken, dass die Folgekosten für die Bahn wesentlich höher wären, sollte das historische Baudenkmal in deren Bestand verbleiben. Derweil drängt die Zeit! Immerhin hat der Bezirk in Gesprächen mit einem Bauherrn von Wohn- und Gewerbebauten rechts und links der Yorckstraße mittlerweile erreicht, dass dieser den Anschluss beiderseits der Brücke finanzieren würde. Die mehr als eine Million Euro teure Lösung bindet selbst den Weg über das Dach des ebenfalls vom Investor gebauten Biomarkt-Gebäudes sowie die anschließende Rampe zur ebenen Erde ein. Da Bauherr Reinhold Semer sein Gesamtprojekt nicht bis zum St. Nimmerleinstag in der Schwebe halten will, schafft er einstweilen Tatsachen. Und so könnte es am Ende eine aufwändig sanierte Brücke Nummer 5 geben, nur dass die nichts verbindet! Zwar würde es von beiden Seiten der Yorckstraße aus 1-a-Zuwege geben, nur über die Brücke selbst wäre Laufen und Radeln verboten. Sicherheitsbedenken; man kennt das ja!

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