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Vom Kinorebell zum Buddhisten: Filmfest 2019: Tribute Burkhard Driest04.09.2019



TEXT  | Horst E. Wegener

Es gibt diese denkwürdigen Talkshowmomente, die sich dem Zuschauer auf ewig ins Gedächtnis einbrennen – jene Abendveranstaltung anno 1974, bei der Gastgeber Dietmar Schönherr neben Boxer Bubi Scholz Kinostar Romy Schneider und no name Burkhard Driest zum TV-Smalltalk versammelt hatte, gehört zweifelsohne dazu. Der Ex-Knacki Driest war in die Runde gebeten worden, um für sein Romandebüt „Die Verrohung des Franz Blum“ und dessen Verfilmung, zu der der Glückspilz das Drehbuch beigesteuert hatte, die Werbetrommel rühren zu können.
Roman und Film leuchteten Driests Zeit im Knast aus, nachdem dieser aus scheinbar unerfindlichen Gründen als Jurastudent ganze drei Wochen vor seinem mündlichen Examen im Mai 1965 eine Bank überfallen und fünfeinhalbtausend Mark erbeutet hatte – was ihm einige Jährchen in der Strafvollzugsanstalt Celle einbrachte. Die ursprünglich anvisierte juristische Laufbahn war damit vom Tisch, weshalb sich der wegen guter Führung vorzeitig Entlassene zwecks Wiedereingliederung in die Gesellschaft als Arbeiter im Hamburger Hafen oder als Taxifahrer und Kellner versuchte. Nebenbei verdichtete der 1939 in Stettin geborene Driest sein von klein auf alles andere als gradlinig verlaufendes Leben zu „Die Verrohung…“. Glück für ihn, dass ihm Fassbinder über den Weg lief, der Driests Manuskript an seinen Münchner Regiespezi Reinhard Hauff weiterreichte. Und so begann Letzterer, die Verfilmung des Stoffes noch vor der Buchveröffentlichung in Angriff zu nehmen.
Dass Driest in „Je später der Abend“ von derlei überraschenden Fügungen in seinem turbulenten Leben berichten konnte mündete dann in Romy Schneiders Bekundung ein: „Sie gefallen mir. Sie gefallen mir sehr“. Ob es nach diesem denkwürdigen Studioflirt zwischen den beiden Talkgästen zu mehr als Romys Tätschelei vor laufender Kamera gekommen sein könnte, beschäftigte die Boulevardpresse aufs Intensivste. Anlass zu Schlagzeilen lieferte der zum Bad Boy abgestempelte Hallodri auch Jahre später immer mal wieder: Etwa als ihn die Schauspielerin Monika Lundi in den USA wegen angeblicher Vergewaltigung angezeigt hatte, oder wegen Driests exzessivem Alkohol- und Drogenkonsum, der Entgleisungen mit sich brachte.
Seinem Credo, mehr als eine Rolle zu leben, blieb Burkhard Driest bis heute treu: Er hat sich als Schriftsteller, Film- und Bühnenschauspieler, Drehbuchautor, Regisseur, Produzent, Dozent und Maler einen Namen gemacht. Neben Filmemacher Reinhard Hauff, dem Driest als Autor und Darsteller in insgesamt vier Projekten verbunden war, arbeitete der heute Achtzigjährige unter anderem mit Kinogrößen wie RWF, Werner Herzog oder gar Sam Peckinpah zusammen. 1984 kam sein Regiedebüt „Annas Mutter“ ins Kino, das auf dem realen Fall der Marianne Bachmeier beruhte. Rastlos lebte und arbeitete Driest mal in den USA, auf Ibiza, in Dublin oder Berlin, war der Vater zweier Kinder mehrfach verheiratet, bekannte sich mit 70 zum Buddhismus. In seinen Ölgemälden, verweist der sich längst altersmild gebende einstige Bürgerschreck mitunter auf filmische Highlights in seinem Alltag – wozu man Arbeiten zu Ehren von Romy oder zu Fassbinders letztem Kinoprojekt Querelle zählen kann. Im Rahmen des diesjährigen Oldenburger Filmfest-Tributes werden Driests „Die Verrohung des Franz Blum“, „Querelle“ und „Annas Mutter“ wiederaufgeführt werden – in Anwesenheit von Burkhard Driest.

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