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Wochenzeitung DIABOLO:
Eine harte Geschichte15.11.2018
text | BRITTA LÜBBERS
„Passiert es heute? Passiert es jetzt?“, lautet der Titel des Jugendbuchs, das den mit 8000 Euro dotierten renommierten Preis gewonnen hat. Schon im Titel schwingt eine gewisse Dringlichkeit mit, eine vibrierende Spannung, die nichts Gutes verheißt. Im Mittelpunkt steht Wolfgang, den die Polizei in die Jugendpsychiatrie bringt. In Gesprächen mit seinem Psychologen gibt Wolfgang nach und nach die Geschichte seiner Familie preis, die vom tyrannischen Vater beherrscht wird. Wolfgang versucht, seine jüngere Schwester Leonie und seine Mutter zu beschützen. Doch die Gewalt lässt sich nicht aufhalten, sie eskaliert.
„Michèle Minelli inszeniert sprachlich und dramaturgisch eine Tragödie von großer poetischer Wucht“, begründete Jurorin Christine Paxmann die Entscheidung. „Die Verbindung von Literatur, Ethik und Psychologie ist eine sehr eigene und gekonnte Form des Coming of Age-Romans.“ Der Text lasse Welten entstehen, die gleichermaßen berühren und abstoßen. „Man kann für den Protagonisten Sympathie entwickeln und muss ihn doch im nächsten Moment hinterfragen“, so Paxmann. Auf diese Weise sei ein unglaublich emotionaler und komplexer Roman entstanden, der junge Leserinnen und Leser gleichermaßen fordere, aber auch unterhalte. „Diese Art Entwicklungsroman ist eine Bereicherung für das Genre Jugendbuch/All Age.“
Die Preisrede hielt der Autor Nils Mohl, der 2011 selbst mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde. „Michèle Minelli hat sich dafür entschieden, diesem Jungen mit all ihrem Können zur Sprache zu verhelfen“, sagte Mohl. „So muss es sein, oder nicht?“ Es gehöre zu den vornehmsten Aufgaben, all jenen eine Sprache zu geben, die ohne Worte sind, die keine Stimme haben. „Wolfgang wäre verloren, ein kaputter Typ, wenn er sich nicht artikulieren könnte, wie die Autorin ihn dies tun lässt. Darin besteht sein Heldenmut, nicht in dem Akt der Notwehr. Dafür bewundere ich den Roman zutiefst: für den Mut, im Erzählen einen Schlüssel zum Erwachsenwerden zu erkennen.“
Michèle Minelli wurde 1968 in Zürich geboren und war zunächst Filmregisseurin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Sie schreibt Romane, Sachbücher und probiert gerne unterschiedliche Textformen aus. „Ich schreibe in verschiedenen Genres und suche für jedes Buchprojekt die Sprache neu“, beschreibt die Autorin ihr Vorgehen.
Michèle Minelli setzte sich in der Endauswahl gegen Maya Alou aus Freiburg und Stephanie Quitterer aus Berlin durch.
Vorab hatte die Jury 238 Einsendungen gesichtet, 64 verlegte Werke und 174 Manuskripte.
Die Texte der drei Nominierten, so unterschiedlich sie auch seien, zeichneten sich alle durch einen ganz besonderen Ton aus; hinzu kämen eine spannende Handlung und interessante Figuren, begründete Jurorin Birgit Müller-Bardoff die Auswahl. „Es sind Texte, die in Erinnerung bleiben.“
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