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MoX Soundcheck KW2812.07.2023











Texte: Horst E. Wegener


Alice Phoebe Lou: SHELTER (VÖ: 7.7.)
Es lässt auf ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein der 1993 im südafrikanischen Kapstadt geborenen Alice Phoebe Lou schließen, sich nach bestandenem Schulabschluss aufs Abenteuer Straßenmusik einlassen zu wollen. Durch Europa tingelnd erkor die absolute Autodidaktin in puncto Musik 2013 Berlin zum neuen Wohnsitz. Verweigerte sich den Angeboten namhafter Plattenfirmen. Wurde fürs Debütalbum ´16 lieber mit einem kleineren Label handelseinig – und lehnte dann sogar James Blunts Einladung ab, das Vorprogramm seiner Europatournee zu bestreiten. Im Bestreben, sich einer zu starken Kommerzialisierung ihrer Musik zu widersetzen, beharrte Alice weiterhin auf maximaler Autonomie. Was angesichts der sperrigen Songtexte wenig verwunderlich sein dürfte. Letzteres trifft auch auf das fünfte Album der Wahl-Berlinerin zu: „Shelter“ versammelt Texte voller Verletzlichkeit, ganz ohne cool klingende Worthülsen, zum Nachdenken anregend, bittersüß-melodisch - unverkennbar Alice Phoebe Lou.
Annie Taylor: INNER SMILE ( VÖ: 7.7.)
Anno 1901 liebäugelte die 63-jährige verwitwete Lehrerin Annie Taylor mit dem Himmelfahrtskommando, sich in einem Fass die Niagarafälle hinunterzustürzen – und überlebte das Abenteuer. Als der Zürcher Kindergärtnerin Gini Jungi Ende der 2010er-Dekade diese Geschichte erzählt wurde, erschien sie ihr passend fürs geplante Bandprojekt. Gleichermaßen todesmutig mixt uns Annie-Taylor-Frontfrau Gini mitsamt ihrer drei Kollegen jetzt schon zum zweiten Mal nach der ´20 veröffentlichten Debütscheibe einen verblüffend tanzbaren musikalischen Cocktail aus Grunge, Surfrock, Shoegaze, Psychedelia und Pop, ohne je altbacken oder gar angestaubt zu klingen.
P.J. Harvey: I INSIDE THE OLD YEAR DYING (VÖ: 7.7.)
Irgendwann während des Tourens mit ihrem Vorgänger-Album anno 2016 begann sich die multi-kreative Künstlerin P.J. Harvey seltsam verloren zu fühlen. War sich kaum mehr sicher, ob sie weiterhin Songs komponieren sollte – und verlegte sich aufs Schreiben ihres zweiten Gedichtbands Orlam. Als P.J. dann gut sechs Jahre später mal  wieder am Klavier Platz nahm, flammte die Liebe zum Musikmachen erneut auf. Naheliegend, auf eine Auswahl an Gedichten aus Orlam zurückzugreifen, um die zu vertonen. Was nun in unser aller Ohren an pures dadaistisches Wortgeklingel erinnert, ist in Wahrheit ein Dialekt, wie sie ihn in der Region von Dorset sprechen: Völlig unverständlich für Nicht-Briten, gleichwohl faszinierend exotisch. Da P.J. dort nicht nur 1969 geboren wurde, sondern sich vor Ort nach wie vor heimisch fühlt, kommen ihr Wörter wie chawly-wist, un-gurrel oder puxy locker über die Zunge – während man als Zuhörer schnell geneigt ist, sich in den geheimnisvollen Geschichtchen zu verlieren wie in einem Labyrinth. Große Kunst, gehört gehört.  
The Isley Brothers: MAKE ME SAY IT AGAIN, GIRL (VÖ: 7.7.)
Das 1954 von vier gesangsstarken Brüdern zunächst in Cincinnati gegründete Gospelchor-Experiment erwies sich spätestens in den Seventies an der neuen Wirkungsstätte der Isley Brothers in Detroit als wegweisend: Mit Unterstützung durchs legendäre Komponisten-Trio Holland-Dozier-Holland initiierten die Crossover-Spezialisten mit ihren Grenzgängen zwischen Soul, Funk, Rock, Blues und Soul Wegweisendes. Man inspirierte Kollegen und elektrisierte die Massen. Auch nach dem Tod von zweien der vier Brüder gelingt es dem nach wie vor aktiven Isley Brothers-Gespann  Rudolph und Ronald, bei verschiedenen Generationen anzukommen. Wenig verwunderlich also, dass es Gaststars von Beyoncé, über Earth Wind and Fire bis hin zu Snoop Dog eine Ehre war, beim aktuellen Album der Motown-Legenden mitzumischen. Gemeinsam werden deren Klassiker neu interpretiert, gelingen seelenreif ohne falsches Pathos.
Arliston: HOW IN HEAVEN (VÖ: 14.7.)
Für ihre vierte EP hat das in Süd-London beheimatete Indie-Pop-Gespann Jack Ratcliffe und George Hasbury die Zusammenarbeit mit Schlagzeugern und Hornisten gesucht, sich unter anderem von Ray Bradburys SciFi-Roman „Fahrenheit 451“ zur düsteren Atmosphäre ihres in irritierendem 7/8tel Takt eingespielten Tracks „451“ inspirieren lassen. Die gewohnt verträumten elektronischen Texturen, und die Gefühlstiefe verdichten sich zu filigran-fragilen LoFi-Klangkunstwerken, bescheren einem eine beglückende Hörerfahrung.

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