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Menschlich bleiben12.06.2024



Nun könnte man meinen, dass man als Rechtsanwaltschaft schon genug mit dieser Thematik zu tun hat und sich abseits des Berufs vielleicht leichteren Themen widmen möchte, aber Sebastian Wendt sieht das anders: „Für mich ist das die Fortführung der juristischen Arbeit auf der menschlichen Ebene. Es geht für mich nicht nur darum, im Verfahren einen guten Job zu machen, sondern auch zu schauen, wie man das Ziel eines solchen Verfahrens, das ja auch die Rehabilitation und Resozialisierung ist, erreichen kann. Das geht mit diesem Verein. Dieser ist besetzt mit Menschen aus allen Disziplinen. “ Im Verein ist Wendt der 2. Vorsitzende nach Thomas Gerdes, einem Mitarbeiter der JVA, so kann auch auf dieser Ebene bereits mit verschiedenen Einblicken auf Themen die den Justizvollzug beinhalten, gearbeitet werden. Außerdem hat die Gefangenenvertretung die Möglichkeit, den Verein postalisch oder telefonisch zu kontaktieren und Anträge einzureichen. Dabei möchte der Verein nicht die Aufgaben übernehmen, die das Land bezahlen müsste, sondern darüber hinaus gehen. So gab es beispielsweise ein mehrjähriges Projekt, bei dem Hühner in der JVA gehalten wurden, die von Inhaftierten versorgt und gepflegt wurden. „Dabei ging es nicht darum, einfach Hühner zu haben, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen. Und wenn diese dann Eier gelegt haben, konnte damit auch die Kochgruppe bestückt werden- so, wie das Leben eben funktioniert. Es ist wichtig, dass man auch in den Vollzug transportieren kann, dass das Leben weitergeht und es auch bei längeren Haftstrafen ein Gefühl der Teilhabe gibt. Etwas zu haben, das in Eigenverantwortung stattfindet und nicht der Überwachung der JVA unterliegt ist dabei besonders.“, erklärt Sebastian Wendt. Ein ganz aktuelles Projekt ist die Anschaffung einer Popcornmaschine, die vom Verein geliehen werden kann. So können beispielsweise Inhaftierte bei Veranstaltungen von Bediensteten der JVA Popcorn machen, etwas Geld damit verdienen und zusätzlich in ein gesellschaftliches Gefüge integriert werden, was Barrieren zumindest etwas abbaut. Zum Verein gekommen ist Sebastian Wendt über seinen Arbeitgeber Christian Landowski, Fachanwalt für Strafrecht, der ebenfalls im KPVO tätig ist. „Die Arbeit im Verein empfinde ich als etwas Schönes. Mein Beruf ist oft ernst, da man strafrechtlich in das Leben eines Menschen eingreift. Danach geht es darum, wieder etwas zurückzugeben.“, erklärt Wendt. Und wenn doch mal von all den Themen Abstand benötigt wird, werden Handy und Computer abgeschaltet und es geht mit Freundin und Bulli an die Nordsee, deren unmittelbare Nähe zu Oldenburg der 38-Jährige, der eigentlich aus dem Rheinland kommt, sehr zu schätzen weiß. Durch eine damalige Beziehung kam er nach Oldenburg, wo er 2015 die Möglichkeit bekam, bei Christian Landowski als reiner Strafverteidiger zu arbeiten. Eine für ihn glückliche Position: „Das Jurastudium ist ja breit aufgestellt, aber ich habe schnell gemerkt, dass Strafrecht zu mir passt, weil das sehr nah am Menschen ist, während es beispielsweise beim Zivilrecht oft nur darum geht, wer was und wie viel von wem bekommt, das habe ich nicht als meine Erfüllung angesehen. Beim Strafrecht geht es schlimmstenfalls um die Freiheit und viele Jahre eines Lebens. Wenn man da fit ist und Menschen gut beraten kann, kann man wirklich etwas bewegen.“, erklärt er.
Nach der Schule wusste der passionierte Rechtsanwalt allerdings noch gar nicht so recht, was er studieren wolle. Dies erschloss sich ihm erst, als er seine Wehrpflicht als Reserveoffiziersanwärter absolvierte und sich dort mit der damit einhergehenden rechtlichen Materie befasst und an der Thematik Gefallen gefunden hat.

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