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DIABOLO Wochenzeitung:
Drama: All My Loving22.05.2019
Text | Martin Schwickert
Foto | Jens Harant / Port au Prince Pictures
Stefan (Lars Eidinger) hat sich auch nach drei Monaten nicht von seinem Hörsturz erholt. Schwindelanfälle und verminderte Hörleistung – der Arzt regt eine Umschulung an. Aber Stefan braucht seinen Pilotenberuf. Nicht nur wegen des guten Gehalts, sondern auch wegen des Prestiges. Trotz Krankschreibung streift er weiterhin die Kapitänsuniform über, um in der Hotelbar Frauen abzuschleppen. Schwester Julia (Nele Mueller-Stöfen) gönnt sich mit ihrem Mann Christian (Godehard Giese) derweil eine Städtereise nach Turin, wo sie einen angefahrenen Straßenhund mit ins Hotel nimmt und sich zunehmend in eine neurotische Übermutterung des Tieres hineinsteigert. Währenddessen reist Tobias zu den Eltern. Aber der halsstarrige Vater hat nur Verachtung für den Sohn über, der mit Ende Dreißig immer noch an seiner Diplomarbeit bastelt und sich um seine Kinder kümmert, während die Frau das Geld nach Hause bringt. Alle drei Kapitel bergen genug dramatischen Stoff für einen abendfüllenden Spielfilm, wachsen jedoch nicht wirklich zusammen, weil in der aneinandergereihten Erzählform die geschwisterlichen Beziehungen nicht heraus gearbeitet werden können. Dieses narrative Manko macht „All My Loving“ jedoch durch eine punktgenaue, sensible Zeichnung der Charaktere und herausragende schauspielerische Leistungen wieder wett. Lars Eidinger entlarvt den langsam in sich zusammen sinkenden Pseudo-Lebemann fein nuanciert und ohne Häme gegenüber der Figur. Nele Mueller-Stöfen spielt eindrucksvoll eine Mutter, die von ihren Verlustschmerzen fast in den Wahnsinn getrieben wird. Hans Löw ist absolut glaubwürdig als Sohn und Vater, der Verantwortung übernimmt und sich darin zunehmend selbst verliert.
All My Loving
D 2018 116 min R: Edward Berger D: Lars Eidinger, Hans Löw, Nele Mueller-Stöfen
Wertung: + + + +
Casablanca: ab Do. 23.5.