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Wie ist das möglich…
Die Verhandlung über Niels Högel  geht weiter15.12.2018



Text: Michael Richter
Bei dem nun folgenden Procedere wird, wie schon an den beiden vorangegangenen Prozesstagen, über die Opfer einzeln und teilweise im Detail, gesprochen. An viele dieser, seiner Tatopfer, mag sich Högel nicht mehr  erinnern. Es waren offensichtlich zu viele und seine grausamen Taten wurden mittlerweile zur Routine. Hervorzuheben ist jedoch  – und Högel bleibt  konsequent bei dieser Haltung – ,  dass er es war, auch wenn er sich nicht erinnert! Dies gibt er zu jedem Fall zu Protokoll.  Nur einige wenige Ausnahmen werden die Sachverständigen weiter beschäftigen, da der Beschuldigte sich hier deutlich ausdrückt, indem er sagt … „Ich erinnere mich an die Person und die Umstände.“ Er beschreibt dann ausführlich den Sachverhalt und begründet seine Feststellung, warum er es in anderen Fällen nicht war. Mittlerweile wirken diese Aussagen auch für den Außenstehenden glaubwürdig. Während der gesamten Aufarbeitung zu den einzelnen Opfern kommt es immer wieder zu detailreichen Darstellungen des Umfeldes, in dem Högel, nunmehr in Delmenhorst, arbeitete. Die tödlichen Medikamente will er, teilweise in Anwesenheit von Kollegen, verabreicht haben. Für ihn sei es anfangs noch eine Herausforderung gewesen, die Angst zu beherrschen, ob Kollegen bemerken, was er machte. In der Beschreibung dieser Situationen von Högel, sind indirekte Vorwürfe gegenüber seinen KollegenInnen unüberhörbar. Und für den Betrachter dieser Verhandlungstage stellen sich die Fragen, warum haben diese KollegInnen nichts bemerkt? Warum gab es im Klinikum Delmenhorst keine Kontrolle der Medikamentenvergabe, oder des Verbrauches? Wer Zeit hatte, bestellte einfach, ohne zu hinterfragen!
Diese Verhaltensweisen spielten am 5. Verhandlungstag auch eine Rolle. Es wurden die letzten Opfer angesprochen und eines wurde immer deutlicher.  Högel selber, stürzte immer tiefer! Er habe keine Motivation mehr gehabt, zunehmende Drogenprobleme mit Alkohol und Medikamentenmissbrauch. Die Opferauswahl, es sollten doch immer komatöse Patienten sein, sei in seinen gedanklichen Hintergrund geraten.
Nur eines sei ihm von damals bis heute nicht aus dem Kopf gegangen: Warum hätten die Kollegen es nicht bemerkt?  Mittlerweile sei es ihm aber auch egal gewesen. Bis – endlich – im Juni 2005 eine Kollegin ihn auf frischer Tat ertappte und den, nunmehr als größten Serienmord in der deutschen Nachkriegsgeschichte dokumentierten Wahnsinn, beendete.

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