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„Herzfaden“ Vorgestellt von Heidrun Kämpf, Buchhandlung Thye30.09.2020



MoX: Wovon handelt das Buch?
Heidrun Kämpf: Es beginnt damit, dass ein 12-jähriges Mädchen nach einer Vorstellung der Augsburger Puppenkiste, über eine verborgene Tür, auf einen märchenhaften Dachboden gerät und da trifft sie viele bekannte Marionetten, die man so kennt. Kalle Wirsch, Jim Knopf, die Prinzessin Li Si, Kater Mikesch oder auch das Urmel. Die Puppen leben dort alle. Sie trifft aber auch die Frau, die diese Marionetten allesamt geschnitzt hat. Hannelore Oehmichen, auch Hatü genannt. Diese beginnt dann, ihre Geschichte zu erzählen, während das Mädchen mittlerweile selbst  auf Marionettengröße geschrumpft ist. Oehmichen erzählt über ihre Vergangenheit, über das einmalige Theater und ihre Familie, die dieses gegründet hat.
Es beginnt im zweiten Weltkrieg, als der Vater Walter Oehmichen in der Kriegsgefangenschaft einen Puppenschnitzer kennengelernt hat. Als er dann wieder zuhause ist, fängt er an, für seine beiden kleinen Töchter eine  Marionettenbühne zu bauen und im kleinen Kreis gibt es dann auch schon ganz bald  Vorführungen. In der Bombennacht 1945 wird alles in Schutt und Asche gelegt. Hannelore Oehmichen beginnt danach, gemeinsam mit Freunden und Familie alles wieder aufzubauen und zu neuem Leben zu erwecken. Ab da machen sie die Augsburger Puppenkiste so berühmt, wie man sie heute kennt.
MoX: Wie haben Sie das Buch gelesen?
Heidrun Kämpf: Ich habe das Buch klassisch als Printausgabe, nicht als E-Book, gelesen, direkt, nachdem es erschienen ist, denn die aktuelle Ausgabe ist besonders schön.
Als wir die in die Buchhandlung bekommen haben, waren wir alle gleich ganz begeistert, weil das so eine liebevoll gestaltete Ausgabe ist. Ich hab mir das dann als Leseexemplar bestellt. Es lohnt sich, das Buch in dieser Form zu lesen.
MoX: Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Heidrun Kämpf: Das Buch hat zwei Erzählsprünge, die sich auch farblich voneinander unterscheiden. Die Passagen auf dem Dachboden in der Gegenwart sind in roter Schrift und die Geschichte, die Hannelore Oehmichen erzählt, also der Rückblick in die Vergangenheit, ist in roter Schrift gehalten.
Dann gibt es noch Zeichnungen, die sind sehr reduziert, aber trotzdem ausdrucksstark von den Marionetten. Die beiden Passagen unterscheiden sich auch erzählerisch sehr. Die Dachbodenpassagen sind sehr poetisch und surreal, während diese Rückblickspassagen sehr interessant sind in Bezug auf Fakten zur Kriegs- und Nachkriegszeit. Das ist beides ganz toll miteinander verwoben. Es ist ein tolles Leseerlebnis.
MoX: Wem würden Sie das Buch empfehlen?
Heidrun Kämpf: Allen, die so wie ich mit der Augsburger Puppenkiste aufgewachsen sind, aber auch jüngeren Leuten, die sich dafür interessieren. Eigentlich kann man das jedem empfehlen, es ist ein Buch für jung und alt.
MoX: Was wissen Sie über den Autor?
Heidrun Kämpf: Thomas Hettche ist Jahrgang 1964 und hat schon viele Romane geschrieben, die große Erfolge waren und in viele Sprachen übersetzt wurden. Dafür hat er schon viele Preise und Auszeichnungen erhalten.
Jetzt mit diesem Buch ist er auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis und ich drück ihm die Daumen, dass er den Preis im Oktober gewinnt, denn das Buch hat es verdient.

Interview und Foto: Thea Drexhage

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