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Soundcheck16.09.2020



Dritte Wahl: 3D (VÖ: 18.9.)


Dass man schon zu DDR-Zeiten mit sehr direkten, politisch-kämpferischen Texten von sich reden machte, hat der Rostocker Band Dritte Wahl ab 1988 fortwährend Stress mit der Einheitspartei eingebrockt. Beeindrucken konnten diese Auseinandersetzungen die Rockpunktruppe mitnichten. Nach der Wende schreckten Dritte Wahl vorm Thematisieren gesellschaftskritischer Songs, wie jenem zu den Ausschreitungen in den überwiegend von Ausländern bewohnten Plattenbauten von Rostock-Lichtenhagen anno ´92, erst recht nicht zurück. Mittlerweile blickt die Combo auf 30 Jahre Bandgeschichte zurück, kann man es sich leisten, Haltung auch mal mit Unterhaltung zu kombinieren. Wie überzeugend das klingen mag, davon zeugt die enorme Bandbreite der „3D“-Tracks, darunter sowohl Alte-Schule-Klopper, Lieder übers Erwachsenwerden als auch Balladen zu den Irrungen und Wirkungen des Herzschmerz.


Drei Meter Feldweg: GEWINNER (VÖ: 18.9.)


Jene Zeiten, zu denen einem zu Drei Meter Feldweg spontan holpriger Deutschpunk in den Sinn kommen konnte, sind spätestens seit „Hypermaxx 4000“, dem dritten Album der Provinztruppe null und nichtig. Da sich die Jungs aus Salzhausen in der Lüneburger Heide musikalisch verstärkt an Vorbildern wie Die Toten Hosen, Die Ärzte oder den Broilers orientieren, bleibt das Hirn beim Texten und Singen der überwiegend gesellschaftskritischen Songs eingeschaltet. Das regt uns Zuhörer zum Nachdenken an – schon recht. Da einen die spaß-punk-befeuerten Rhythmen obendrein zum Tanzen animieren, lautet das Fazit: „Gewinner“ ist definitiv ein Gewinner.
Derek William Dick, der Progrock-Fangemeinde besser bekannt unter dem Spitznamen Fish, plant mit „Weltschmerz“ das Ende seiner langjährigen Karriere einzuläuten. Wir erinnern uns: Anno 1990, zwei Jahre nach der Trennung des schottischen Sängers von Marillion, stellte Fish mit „Vigil in a Wilderness of Mirrors“ seinen ersten Solo-Longplayer vor. Zehn weitere Alben folgten – an seiner endgültig letzten Scheibe arbeitete der Songpoet jetzt rund drei Jahre lang. Und das Ergebnis kann gleichzeitig als verblüffend visionärer Blick seines Machers auf den desolaten Zustand der Welt und Kritik an der Gesellschaft verstanden werden.
 
Mit Chartrenners wie „Fingertips“ oder „Small Steps“ dürfte Tom Gregory der Popmusikalischen Welt rund um den Globus endgültig ein Begriff sein, wird der 24-Jährige als einer der interessantesten jungen Sänger derzeit gehandelt. Gut, dass sich der Brite von seinem anfänglichen Misserfolg und dem Rausschmiss schon in der Vorrunde der britischen „The Voice“-Casting-Show nicht wirklich beirren ließ. Um diesen Durchhänger zu verarbeiten, heuerte Gregory als Schauspieler bei einer BBC-Serie an, sammelte er Bühnenerfahrung. Da aber seine eigentliche Liebe der Musik gehörte, blieb das Schauspielern ein Intermezzo. Und seit einem Auftritt beim Hamburger Reeperbahnfestival 2017 ist Gregory auch auf der Singer-Songwriter-Bühne in seinem Element. Somit ist die Zeit jetzt reif fürs Debütalbum – magic Pop.
„We do not remember days, we remember moments. The richness of life lies in memories we have forgotten“, lautete eine der Weisheiten des Schriftstellers Cesare Pavese. Auf das junge dänische Trio Hvalfugl dürfte diese Erkenntnis genug Eindruck gemacht haben, um diesem Zitat jetzt sogar den Titel ihres dritten Longplayers abzutrotzen. Bis dahin war man der Meinung, dass am Anfang eines jeden ihrer Songs eine wiedererkennbare Melodie stehen sollte: Stark genug, um zukünftigen Generationen ebenfalls gefallen zu können. Dieser Auffassung folgend, orientieren sich die Drei gern an skandinavischen Folkmusiktraditionen, die auch heute noch bekannt sind. Ergänzt um jazzige Rhythmen hoffen Hvalfugl aufs Entstehen von erinnerungswürdigen „Moments we remember“-Tracks.  
Der unentwegt tourende und produzierende Mainstream-Gitarrist Joe Bonamassa ist bei weitem nicht der Einzige, der den Kollegen Kirk Fletcher als einen der weltbesten Blues-Interpreten rühmt. Auf „Live at the Greek Theatre“, jener Verbeugung Bonamassas vor den drei legendären Kings, bei der Fletcher als Gast mitjammen durfte, könnten wir uns einen Höreindruck vom gleichermaßen authentischen wie modernen Saitenspiel des Ende 1975 in Kalifornien geborenen Perfektionisten verschaffen. Letzteres gilt erst recht für Fletchers eigene Produktionen. Auf „My Blues Pathway“, seinem sechsten Solo-Album sorgt das gefühlvolle Gitarrenspiel des Tausendsassas mit Sicherheit für etliche Gänsehaut-Momente. Wo fast alle Blueser heutzutage klinisch kühl und kalkulierbar tempoverschärft klampfen, bleibt Fletchers State-of-the-Art-Spiel raffiniert und geerdet zugleich. Das soll ihm erst mal jemand nachmachen.
Wer hätte sich´s 2007 vorstellen wollen, dass die Idee jener vier Teenies, von denen keiner ein Instrument auch nur halbwegs beherrschte, was sie nicht davon abhielt, eine Boyband zu gründen, zu mehr als einer Schnapsidee taugen würde? Gerade einmal zehn Jahre alt waren Yann, Tun, Kay und Sam seinerzeit, gingen auf dieselbe Luxemburger Schule – und platzierten unterm Namen Tuys schon 2012 mit „People“ ihren ersten Hit in den Radiocharts des Großherzogtums. Seither ging es weiter steil bergauf, tourten die Viere als Vorband für Künstler wie The Kooks, Mando Diao oder Thirty Seconds To Mars durch halb Europa und etablierten sich als Geheimtipp bei angesagten Festivals wie dem MS Dockville, dem Reeperbahn Festival und The Great Escape. Auf ihrer EP „A Curtain Call for Dreamers“ zelebrieren Tuys jetzt treibende Synths, versponnene Lyrics, lädt ihr kantiger Indie-Rock zum Entschleunigen ein.
                          Autor: Horst E. Wegener

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