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„Keine Schublade für mich“
Vom 28. November bis zum 1. Dezember findet das 10. Queer Film Festival Oldenburg statt30.10.2019



text  |  britta lübbers

Colleen war ein Mädchen in einem Jungenkörper. Jetzt ist sie 82 Jahre alt und stellt sich ihrer lange verdrängten Identität. M. ist 27 Jahre, ihr Körper lässt sich nicht eindeutig als „männlich“ oder „weiblich“ definieren. Was bedeutet die Intersexualität für ihr Leben? Das Queer Film Festival Oldenburg stellt Menschen wie Colleen und M. in den Mittelpunkt. Aber auch eine lesbische Migrantin, zwei schwule Reisende und eine Ménage-à-trois sind auf der Leinwand zu erleben. In seiner 10. Auflage präsentiert das Filmfest erneut eine prall gefüllte queer-bunte Wundertüte.

Zehn Jahre queere Kinovielfalt im cine k in der Kulturetage: ein Grund, die Sektkorken knallen zu lassen, finden die Organisatorinnen und Organisatoren von RollenWechsel, der Filmgruppe des Oldenburger Vereins „Na Und“, und laden anlässlich des Eröffnungsfilms zu einem Glas Sekt ein.
Oberbürgermeister Jürgen Krogmann gratuliert bereits vorab zum Jubiläum und glaubt, dass das Festival den richtigen Nerv beim Publikum trifft. „Kulturveranstaltungen wie diese regen die gesellschaftliche Diskussion um sexuelle und geschlechtliche Vielfalt an“, so Krogmann. Aus diesem Grund förderten das Kultur- und das Gleichstellungsbüro der Stadt diese Filmreihe, zu deren Unterstützern auch das Queere Netzwerk Niedersachsen, das Autonome Schwulenreferat, das Medienbüro Oldenburg und Amnesty International zählen.
Die Eröffnungsfilme sind am Donnerstag, 28. November, „Bonnie & Bonnie“ (20 Uhr) sowie „Orpheus‘ Song“ (20 Uhr).
„Bonnie & Bonnie“ ist eine deutsche Produktion des Filmemachers Ali Hakim. Die 17-jährige Albanerin Yara aus Hamburg-Wilhelmsburg und Kiki, ein deutsches Mädchen mit knallharter Vorgeschichte, verlieben sich ineinander. Das darf niemand erfahren. Als Yaras Bruder die Beziehung öffentlich macht, bleibt den Liebenden – ähnlich wie dem berühmten Gangster-Paar Bonnie und Clyde – nur die Flucht. Ali Hakim, selbst in Wilhelmsburg aufgewachsen, wollte keine klassische Liebesgeschichte erzählen. Außerdem ärgert es ihn, wenn behauptet wird, in Deutschland hätten homosexuelle Paare keine Probleme mehr. „Das stimmt einfach nicht, gerade in muslimischen Familien“, sagt der Regisseur. Er streue gerne dorthin Salz, „wo es am meisten wehtut“.
In „Orpheus‘ Song“ gewinnen zwei Männer aus Berlin eine Reise nach Griechenland. Der Film ist ein Roadmovie, eine Odyssee, die den beiden Reisenden eine neue Welt eröffnet. Regisseur Tor Iben ist in Oldenburg zu Gast und freut sich auf Diskussionen mit dem Publikum.
Auch die kommenden Tage bieten queere Vielfalt. Für „The Garden Left Behind“ (Freitag, 23. November, 18 Uhr) besetzte Flavio Alves alle Trans-Rollen mit Trans-Personen. Das Drama erhielt den diesjährigen QueerScope-Preis der unabhängigen queeren Filmfestivals in Deutschland für den besten Debütfilm.
Am Freitag werden auch „Best of Shots“ – die besten Kurzfilme gezeigt (20 Uhr). Zu sehen ist eine Mixtur humorvoller, spannender und bewegender Beiträge aus aller Welt. Zum vierten Mal wird im Anschluss der mit 600 Euro dotierte Publikumspreis „Bester Kurzfilm“ vergeben.
Am Samstag, 30. November, geht es um Trans- und Intersexualität. „Becoming Colleen“ (18.15 Uhr) erzählt die Geschichte einer australischen Transfrau und ihrer großen Liebe Heather. Das Filmteam begleitet Colleen auf einer Erinnerungsreise durch ihr Leben bis ins Altenheim, wo sie fürchtet, wieder als Mann leben zu müssen.
In „No Box For Me. An Intersex Story” (20 Uhr) erzählt die Schweizer Filmemacherin Floriane Devigne am Beispiel von M., was es bedeutet, geschlechtlich nicht eindeutig zuzuordnen zu sein. Für viele zwischengeschlechtliche Menschen beginnt oft im frühen Alter eine Tortur durch medizinisch nicht notwendige Operationen. „Ein aufrüttelndes Plädoyer gegen Menschenrechtsverletzungen und zur Verteidigung non-binärer Geschlechtskonzepte. Unbedingt sehenswert“, heißt es in der Ankündigung. Zu Gast für ein Publikumsgespräch ist an diesem Abend Lucie Veith vom Verband Intersexueller Menschen. 2017 wurde sie von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit dem nationalen Preis für ihr Engagement gegen Diskriminierung ausgezeichnet. 2018 erhielt sie den Engagement Preis des Landes Niedersachsen.
Das komplette Film-Programm findet sich online unter www.cine-k.de und www.qffol.de.

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