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Wochenzeitung DIABOLO:
Archaisch und rätselhaft
Druckstöcke und Holzdrucke von Gustav Kluge im Horst-Janssen-Museum13.12.2018

<i>Wochenzeitung DIABOLO:</i><br />Archaisch und rätselhaft<br />Druckstöcke und Holzdrucke von Gustav Kluge im Horst-Janssen-Museum

text  |  BRITTA LÜBBERS

Ramponierte Türreste, zersplitterte Bretter, morsche Bohlen: Das ist das Material, aus dem Gustav Kluge Kunst macht. Druckstöcke, die an sich nur Handwerkzeug sind, gestaltet er zu wuchtigen Objekten. Unter dem Titel „Rote Watte“ zeigt das Horst-Janssen-Museum 40 Arbeiten aus 30 Schaffensjahren des vielfach ausgezeichneten Malers und Druckgrafikers.

Dass die Druckstöcke bei Kluge gleichzeitig Instrument und Exponat sind, das mache den besonderen Reiz dieser Ausstellung aus, erklärt Museumsleiterin Dr. Jutta Moster-Hoos anlässlich der Vorbesichtigung. Und der neben ihr sitzende Künstler lächelt sanft und ein bisschen unergründlich. Das passt zur Schau, denn was zu sehen ist, ist so verblüffend wie geheimnisvoll. Raumgreifend, düster, grob und archaisch wirken vor allem die Druckstöcke. Doch auch die gezeigten Drucke sind eigenwillig und fordern heraus. Ohne Rahmen sind sie an der Wand befestigt und weisen Spuren der Zerstörung auf, haben Falten, Brüche und Löcher. Aber was kaputt wirkt, ist für Kluge nichts weiter als eine andere Ausdrucksform, ein neuer Zustand.
Gustav Kluges hölzernes Rohmaterial ist meist ein Fundstück, er nimmt es mit aus Tischlereien, wo es nicht mehr gebraucht wird. „Ausrangierte Türen und Fenster, Nut- und Federbretter, Bohlen und die bemalten Druckstöcke, die normalerweise nicht in den Blick geraten, werden bei Kluge zu selbstständigen Reliefs und Skulpturen“, erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Antje Tietken. Trotz des oft fragmentarischen Werkstoffs gelängen Kluge Motive von hoher Sensibilität, betont Tietken. Im Mittelpunkt seines Werks stehe der Mensch mit seiner Verletzlichkeit und seiner Fähigkeit zu verletzen.
Dass Kluges Rohmaterial schon einiges erlebt hat, das passe ganz hervorragend zu Horst Janssen, freut sich Jutta Moster-Hoos. „Janssen arbeitete nicht gerne mit einem weißen Blatt. Er mochte es, wenn das Papier eine sichtbare Falz hatte, wenn es stockfleckig war.“
Beim Rundgang durch die Ausstellung stellt sich Moster-Hoos vor den Zyklus „Sieben-Nischen-Partitur“, eine Arbeit, die Gustav Kluge für die Christianskirche im Hamburger Stadtteil Ottensen angefertigt hat. „Soll ich darüber erzählen, oder möchten Sie das selbst übernehmen?“, fragt sie den Künstler. Der erteilt ihr das Wort. „Ach, machen Sie ruhig.“
Hochkant stehen die erdig kolorierten Werke an der Wand, sieben an der Zahl. Sie beziehen sich auf Bibelstellen. „Das ist ja heute mutig, künstlerisch aus der Bibel zu zitieren. Dabei muss man unter Umständen einige Klippen umgehen“, sagt die Museumsleiterin und deutet auf den Auftakt der Reihe, ein dunkles Bild, das einen Christuskopf zeigt, der von Dämonen umspielt wird. Die Arbeit weise selbstredend über die Bibel hinaus, unterstreicht Moster-Hoos. Sie werfe auch die Frage nach den Dämonen der Gegenwart auf. Nun möchte der Künstler doch etwas sagen. „Schattengeflüster“ hat er diesen Teil der „Partitur“ genannt. „Schatten“ sei ein Begriff aus der Analytischen Psychologie nach C.G. Jung, erklärt Kluge. „Jung meinte damit durch Krankheit oder Schicksalsschläge ungelebtes Leben.“ In der Bibel gebe es Heilswunder, manche Menschen glauben, dass man mit Krankheiten kommunizieren könne, so Kluge weiter. „Ob das intelligent ist, ob es funktioniert, das weiß ich nicht. Ich habe es nicht ausprobiert.“ Aber die Schattenwelt diesseits und jenseits der Bibel stand Pate, als Kluge sein düsteres Kunstwerk schuf.
„Wie war dein ursprüngliches Gesicht, bevor deine Eltern geboren wurden?“, lautet der Titel einer anderen Nischen-Partitur, mit der Kluge auf den Zen-Buddhismus verweist. Koan heißen hier jene Fragen, auf die es eigentlich keine Antwort gibt. „Dieses Koan ist nicht lösbar, man könnte sich darüber vergrübeln“, räumt Kluge ein. Er vergrübelte sich nicht, sondern gestaltete einen Baum, der nach unten wächst. Im Astwerk ist der Schemen eines Gesichts zu sehen.
Gustav Kluge, geboren 1947, hat an der Hamburger Hochschule für bildende Künste studiert und später dort gelehrt. Von 1996 bis 2014 war er Professor für Malerei in Karlsruhe. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Preise, darunter den Preis der Stiftung Bibel und Kultur (2006) sowie den Käthe-Kollwitz-Preis (2008). Er lebt und arbeitet in Hamburg und Starnberg.
Wer sich für die Philosophie seines vielseitigen Schaffens interessiert, sollte sich den 16. Januar vormerken. Dann ist Gustav Kluge erneut im Rahmen eines offenen Künstlergesprächs im Horst-Janssen-Museum zu Gast.

Rote Watte
8.12. bis 24.3.19, Horst-Janssen-Museum, OL

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