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Gedenksteine niedergelegt25.10.2023
Interview & Foto: Thea Drexhage
MoX: In welchem Rahmen habt ihr die Erinnerungssteine niedergelegt?
Jannis Zeisberg: Über ein Projekt hier an der Schule, das mit mehreren Schülergruppen lief. Jede Gruppe hatte ein eigenes Thema, zu dem sie arbeiten sollte. Unser Projekt war es, sich um die Gedenksteine für die Gedenkstätte in Wehnen zu kümmern.Von der Idee bis zum Stein hat es dann etwa ein halbes Jahr gedauert.
MoX: Wo lagen für euch die größten Herausforderungen?
Emma Heinrich: Wir waren im Archiv und haben dort die Akten durchgeschaut. Nicht alle waren auf deutsch geschrieben, was teilweise sehr schwer zu entziffern war. Dort wurde uns aber auch in der Gedenkstätte sehr gut geholfen. Oft war auch bei den deutschsprachigen Akten die Schrift auch nicht mehr gut erkennbar.
[font=Times]MoX: Wie haben euch eure Lehrkräfte bei dieser doch eher schwierigen Thematik betreut?[/font]
Marisa Waldau: Wir haben die Akten gelesen, aber wir hatten ja auch ein bisschen Abstand dazu, denn es wurden ja nur trockene Fakten darüber dargelegt, was dort passiert ist. Es waren beispielsweise keine persönlichen Briefe dabei. Ich glaube, wenn Briefe dabei gewesen wären von den Personen selbst, wäre es deutlich schwerer gewesen. Dennoch hat es einen ziemlich mitgenommen. Es hat geholfen, dann auch mit Lehrern darüber zu sprechen und sich beim Biografie schreiben intensiver damit auseinanderzusetzen, um zu verstehen, wie schlimm das eigentlich war.
MoX: Was habt ihr für euch aus der Arbeit gezogen?
Emma Heinrich: Dass Dinge nicht so einfach sind, wie man anfangs denkt.Anfangs haben wir uns das gar nicht so schwierig vorgestellt, aber vor allem die Archivarbeit hat sich dann ja als relativ schwierig herausgestellt. Aber es ist natürlich spannend, dass wir überhaupt sowas machen konnten. Auch den Stein zu beschaffen. Wir mussten ja einige Projekte machen, um überhaupt das Geld zusammenzubekommen. Das war ein großer Aufwand.
MoX: Was waren das für Projekte, mit denen ihr das Geld gesammelt habt?
Lina Theuerkauf: Wir hatten drei Kuchenverkäufe an der Schule, für die wir selbst gebacken haben. Und einen Sponsorenlauf.
MoX: Herr Puchert, wie leitet man das als Lehrkraft an?
Nils Puchert: Ich fang da mal ganz vorn an. Wir hatten einen Themenplan vom ersten bis zweiten Weltkrieg geschichtlich behandelt, darunter auch das Thema Euthanasie. Vorher gab es eine Exkursion zur Gedenkstätte, aus der das Projekt dann gewachsen ist. Ziel ist es dabei, dass die Schüler möglichst viel selbst planen. Das lief an der Schule dann über „Zeit für vieles“ – das ist eine AG in der wir dann planen konnten. Ich habe das dann begleitet, habe Tipps gegeben und gesagt, wo Grenzen sind, aber im Prinzip haben die Schüler das selbst geplant. Am meisten Arbeit und Unterstützung musste ich tatsächlich bei der Aktenarbeit und dem Erstellen der Biografie leisten. Dort gab es teilweise Schwierigkeiten, die Zusammenhänge zu erschließen. Ansonsten lagen meine Aufgaben im Organisatorischen. Meine Schüler haben eine Einkaufsliste geschrieben und ich war einkaufen und dann wurde am nächsten Tag zusammen gebacken.
MoX: Mögt ihr noch etwas über die beiden jungen Menschen erzählen, mit denen ihr euch befasst habt?
Emma Heinrich: Wir haben uns mit Georg Rühlmann beschäftigt, das war ein Obdachloser hier aus Oldenburg, der ist 1940 in Wehnen eingeliefert worden und dann relativ schnell in Wehnen verstorben, etwa vier Monate nach seiner Einweisung. Er wurde 24 Jahre alt. In seiner Kindheit ist er als „nicht belehrbar“ eingestuft worden und hat die Schule nicht beendet. Er kam in ein Erziehungsheim, wo es hieß, dass er homosexuell gewesen sein soll. Später kam er wegen Schlägereien und Diebstahl kurz ins Gefängnis. Dabei wurde ihm „angeborener Schwachsinn“ diagnostiziert und er wurde nach Wehnen geschickt. Dort verstarb er an einer Lungenentzündung. Auffällig war aber, dass die Krankenakte sehr geglättet wurde und die Einträge erst nach seinem Tod entstanden. Man kann also davon ausgehen, dass auch er verhungern gelassen wurde.
Iko Langmaack: Erich Kielmann kam auch aus Oldenburg. Er ist insgesamt zwei Mal eingeliefert worden. Das erste Mal mit dem Verdacht auf Schizophrenie und ein weiteres Mal mit diagnostizierter Schizophrenie. Er starb in Wehnen, angegeben als Todesursache war Darmtuberkulose. Aber es war vorher in der Akte auch ein negativer Test auf Darmtuberkulose enthalten. Insgesamt kann man auch sagen, dass ein 19-jähriger nicht an Darmtuberkulose stirbt. Auch bei ihm ist davon auszugehen, dass er an Mangelernährung gestorben ist.
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