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Serie: Künstler von Hier: 11 Fragen an … Ziya Karakurt03.04.2019
Text+Foto | Karin Eickenberg
Oft trägt er mit dem Spachtel fünf oder mehr Farbschichten übereinander auf, lässt von einem Stock plastische Farblinien auf Leinwand oder Pappe fließen und arbeitet diverse Materialien ein. Die knalligen Farben fallen auf und „locken an“, wie Blüten, an denen niemand vorübergehen kann. Karakurt kam 1970 als Gastarbeiterkind aus der Türkei nach Deutschland. Er lebte einige Jahre in Bad Essen bei Osnabrück, wo er Maschinenbau studierte und als Konstrukteur arbeitete. Dann entschied er sich für einen radikalen Bruch. „Ich wollte mich von allen Zwängen befreien und Künstler werden,“ erzählt er. Er zog nach Oldenburg, organisierte sein komplettes Leben neu und widmete sich nach dem entsprechenden Zweitstudium konsequent der Bildenden Kunst. Inzwischen sind in seinem Atelier mehr als 100 Bilder und Skulpturen entstanden. Das freie Arbeiten, jenseits festgelegter Stilrichtungen aber auch unabhängig von Verbänden oder Institutionen, ist ihm wichtig.
DIABOLO: Wie sind Sie zu Ihrer Kunst gekommen?
Karakurt: Ich habe schon früh angefangen, Gedichte zu schreiben und zu zeichnen. Als ich etwa sieben Jahre alt war, entdeckte ich Farben und Formen. Schon damals faszinierte mich die Vergänglichkeit des Augenblicks, alles ist in Bewegung, nichts scheint so zu bleiben, wie ich es gerade gesehen habe. Diese Wahrnehmung hat mich immer geleitet. Der Gedanke, Kunst zu studieren, kam recht spät. Ich war schon 36 Jahre alt und arbeitete als Maschinenbau-Konstrukteur. Meine Arbeit war geprägt von den strengen Regeln der Statik, Funktionalität, Mathematik und Physik. In der Kunst lassen sich diese Grenzen überwinden. Dieses Gefühl der Befreiung ist ein Prozess. Es ist ein Weg, ein Weg zum Erleben. Ohne ein Ankommen. Ich bin hier und jetzt immer in Bewegung.
DIABOLO: Was möchten Sie mit Ihrer Kunst bewirken?
Karakurt: Den Betrachter meiner Werke in eine andere Gedankenwelt bringen. Helfen, den Blickwinkel zu verstellen. Alles in allem versuche ich, wieder Gelassenheit in uns aufkeimen zu lassen. Die Kunst kann unsere Seele bereichern. Und eine gesunde Seele ist Voraussetzung für Empathie und ein gutes Miteinander.
DIABOLO: Mit welchen Themen setzen Sie sich auseinander?
Karakurt: Ich vermeide bei meinen Bildern Titel. Der Betrachter soll nicht vom Titel geleitet sein, vielmehr soll er seinen Gedanken, Erfahrungen und sein Leben als Betrachtungshilfen benutzen. Meine Bilder sind genau deswegen abstrakt, damit jeder für sich was entdecken kann.
DIABOLO: Wo und wie arbeiten Sie?
Karakurt: In meinem Atelier. Ich bin ein nachtaktiver Künstler. Ich male oder bin bei den Skulpturen immer abends oder nachts. Der Zustand der Erschöpfung ist bei mir die kreativste Phase.
DIABOLO: Ihre kreative Eigen-Art?
Karakurt: Ich habe keinen bestimmten Stil. Das einzig Konstante in meiner Malerei ist, dass ich Primär-Farben mag. Rot, Blau, Gelb trage ich ohne zu mischen auf. Die Sekundärfarben mit zwei oder die Tertiärfarbe mit allen drei Farben entstehen beim Malprozess. Die Farben lege ich öfter auch nebeneinander, damit sie gemeinsam eine Form bilden, ohne ihre Identität aufzugeben. Dafür verwende ich meistens Spachtel.
DIABOLO: Ein Höhepunkt in Ihrer bisherigen Arbeit?
Karakurt: Ich bin während des Schaffens so beschäftigt, dass ein fertiges Werk eher einen Tiefpunkt erzeugt. Am Ende sind meine Gedanken rationaler und die technischen Fragen holen mich nach und nach runter, vom Berg ins Tal. Ein Höhepunkt war sicherlich meine Beteiligung an der Ausstellung „Anerkennung“ im Stadtmuseum Oldenburg.
DIABOLO: Ein aktuelles Projekt?
Karakurt: Ich experimentiere zur Zeit mit rollbaren Malflächen. Diese auf feste Rahmen gespannten Bilder will ich versuchen zu verändern.
DIABOLO: Wo ist Ihre Kunst zu sehen?
Karakurt: Noch bis zum 1. Mai ist eine kleine Anzahl meiner Gemälde im Elisabeth-Anna-Palais in Oldenburg ausgestellt.
DIABOLO: Was bedeutet Erfolg für Sie?
Karakurt: Ich mache Kunst für Menschen. Also ist es für mich eine große Freude, wenn ich die Möglichkeit bekomme, meine Kunst zu zeigen. Es interessiert mich, wie die Betrachterinnen und Betrachter sich meinen Werken nähern und welche Gedanken sie dabei haben.
DIABOLO: Wie lebt es sich als Künstler in Oldenburg?
Karakurt: Ich bin seit 1986 in Oldenburg und liebe diese Stadt. Nicht nur wegen der kulturellen Vielfalt. Auch mein Freundeskreis lebt hier. Unter anderem bin ich beim Urban-Gardening sehr aktiv, unser Beitrag zur „grünen Stadt“.
DIABOLO: Ein Wunsch, ein Plan, eine Vision?
Karakurt: - Ein Ort in Oldenburg, der für jeden offen steht, der Kunst machen möchte. Zu jeder Tages- und Nachtzeit, ohne Miete zahlen zu müssen. Mit Räumen für verschiedene Kunstrichtungen. Zum Beispiel Metall- oder Holzarbeiten. Viele wollen künstlerisch tätig sein. Wenigstens versuchen und schauen, ob das oder jenes was für sie ist. Wir hätten viel mehr glückliche Mitmenschen, die sich künstlerisch austauschen. Kunst bereichert die Welt. Wenn wir uns auf die Kunst einlassen, bekommt unsere Seele die Energie, die sie braucht, um Schwierigkeiten zu bewältigen und auch Ordnung in unsere Psyche zu bringen.
Kontakt: kunstgalerie-zk@freenet.de
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