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Filme im Kino

MoX Kino-Tipps KW1616.04.2025











Oslo Stories: Liebe
Norwegen ´24: R: Dag Johan Haugerud. Ab 17.4. Wertung: ***** Bild: Alamode Film
Eher widerwillig lässt sich die in Oslo als Ärztin am Krankenhaus arbeitende Urologin Marianne (Hovig) von ihrer Freundin Heidi (Engebrigtsen) zu einem Ausflug ins Umland überreden. Denn sie ahnt, dass deren Besuch beim Geologen Ole (Gullestad) vor allem als Blind Date gedacht ist, bei dem die verheiratete Kupplerin Heidi ihr das geschiedene Mannsbild schmackhaft machen möchte. Dabei fehlt Marianne im Grunde nicht mal eine neue auf Dauer angelegte Beziehung, vermisst sie allenfalls gelegentlichen Sex. Also hat die Ärztin auch nach ihrer Stippvisite bei Ole mitnichten vor, das Single-Dasein aufzugeben. Auf der Fähre, die sie vom nahegelegenen Nesodden nach Oslo des Abends heimbringen soll, begegnet ihr ein Arbeitskollege. Tor (Jacobsen), der als Pfleger in der Urologie-Sektion von Mariannes Arbeitgeber Dienst schiebt, ist schwul – und nutzt die nachts hin und her pendelnde Fähre für unverbindliche Abenteuer mit anderen Männern. Im Smalltalk mit Marianne plaudert Tor offenherzig über seine Erfahrungen bei diesen Sexdates, so dass sich die Ärztin fragt, ob dies nicht auch etwas für sie sein könnte. Oder sollte sie ihrem Liebäugeln hinsichtlich unkonventioneller Beziehungen doch besser entsagen, um sich auf den im Grunde ganz liebenswürdigen Geologen dauerhaft einzulassen? Bald sieht es obendrein so aus, als ob sich auch Tor in einen seiner Patienten mit Prostatakrebs verlieben könnte – und er somit seine Prinzipien an den Nagel hängen müsste…
„Liebe“ ist der mittlere Teil der „Oslo Stories“-Trilogie, mit der Regisseur Dag Johan Haugerud das Konzept von Sex, Liebe, Intimität, Scham, Rollenverhalten und Orientierung vor dem Hintergrund der Stadt Oslo hinterfragt; das erste Kapitel („Sehnsucht“) sowie der beschließende Teil („Träume“) werden im Wonnemonat Mai ergänzend ins Kino gebracht. Soweit es „Liebe“ betrifft, fühlt man sich als Zuschauer an einstige Kammerspieldramen des französischen Vorzeige-Cineasten Eric Rohmer erinnert, der in intimen Milieustudien das jeweilige Ensemble sich wortreich über das Leben an sich und die Liebe, Sex, Eifersucht im Speziellen austauschen ließ. Ein Erlebnis für erwachsene Filmfans auf der Suche nach anspruchsvoller Arthauskinokost.
D: Andrea B. Hovig, Tayo Cittadella Jacobsen, Marte Engebrigtsen, Lars Jacob Holm, Thomas Gullestad.


Was Marielle weiß
Deutschland ´25: R: Frédéric Hambalek. Ab 17.4. Wertung: ***
Die Ohrfeige, die Teenagerin Marielle (Geiseler) von einer Klassenkameradin in der Schule verpasst bekommt, sitzt – und entfaltet eine ungeahnte Langzeitwirkung bei der Geschlagenen. Als sie dann später von ihrer Mutter (Jentsch) wie sonst auch nach dem Unterricht abgeholt wird - den Versuch einer elterlichen Umarmung demonstrativ abwehrend, was die Mama zuhause Marielles Vater (Kramer) gegenüber lapidar mit ´nem heute mal wieder herrschendem „Zickenkrieg“ abzutun versucht-, bekommt das Töchterchen dies Zwiegespräch haarklein mit, obwohl sie beim Smalltalk ihrer Eltern mitnichten zugegen ist! Der Schlag gegen ihren Kopf hat bei Marielle telepathische Kräfte freigesetzt – so dass sie ab sofort all das sehen und hören kann, was Mama Julia und Vater Tobias andernorts erleben. Nachdem dies den Alten irgendwann klar geworden ist, fühlen sie sich ihrerseits einer rund-um-die-Uhr-Überwachung ausgesetzt, was zum einen die Familiendynamik total durcheinanderbringt, andererseits den Zuschauern vor der Leinwand durch manch entstehende absurde Situation einen Heidenspaß bereitet. Für die hellsichtige Marielle bedeutet es jedoch, sowohl jene sexuellen Avancen eines Kollegen ihrer Mutter gegenüber nebst deren verbalen Flirt-Intermezzi hautnah mitzubekommen, als auch über die Schwierigkeiten ihres Dads stets im Bilde zu sein, der als Führungskraft im Verlag einen schweren Stand hat.
Selbst- und Fremdbilder fallen in sich zusammen – die Leidtragende angesichts ihrer gern die Unwahrheit verbreitenden Eltern ist dabei vor allem Marielle, die an der Erkenntnis, dass auch Erwachsene selten unfehlbar sind, schwer trägt. Wo Kinder ansonsten oftmals erst im Alter realisieren, dass ihre Eltern keine Heiligen sind, muss Julias und Tobias Kind dies von jetzt auf gleich akzeptieren. Schade nur, dass Regisseur Frédéric Hambalek über eine kleingeistig verengte TV-Bildästhetik nie hinausreicht, seine Kammerspiel-Rochaden somit ins Ungefähre versenkt.  
D: Laenie Geiseler, Julia Jentsch, Felix Kramer, Mehmet Atesci, Moritz Treuenfels.


Ernest Cole: Lost and Found
USA/Frankreich ´24: R: Raoul Peck. Ab 17.4. Wertung: **** Bild: Ernest Cole
Ernest Cole, 1940 in Pretoria geboren, gilt als der erste freiberufliche schwarze Berufsfotograf in Südafrika. Gegen alle Widrigkeiten spezialisierte er sich aufs Dokumentieren des alltäglich sichtbaren Rassismus in seinem Heimatstaat. Als er dann 1967 den Bildband „House of Bondage“ veröffentlichen konnte, der den Terror des weißen Schreckens-Regimes aller Welt schonungslos offenbarte, blieb Cole nurmehr die Flucht ins Ausland. Doch auch in den USA fühlte sich der Neu-New Yorker nie auch nur halbwegs heimisch, gelangen ihm besonders in den Südstaaten schier herzzerreißende Aufnahmen, die den überheblich-unmenschlichen Umgang der Weißen mit der schwarzen Bevölkerung gewissenhaft ausleuchteten. „I am homesick and I cannot return home“, sagte sich der depressiv werdende Exilant immer öfter, dessen Leben in den USA mehr und mehr zur Geschichte eines langsamen Verfalls wurde – und das vom haitianischen Dokumentarfilmer Raoul Peck jetzt in einer thrillenden Doku in Kontrast zu jenen mitunter farbigen Fotografien gestellt wird, die dem zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Fotokünstler Cole im Exil in den USA glückten. In den 1980er Jahren fühlte sich der Neu-New Yorker laut Pecks Doku zusehends mehr wie ein Fremder in einer Welt, die er nicht mehr zu fassen kriegt, weshalb er immer weniger fotografierte. Anno ´90 erkrankte Cole an Krebs, das Ende der Apartheid erlebte er nicht mehr.
Nachdem 2017 in einem Banktresor in Stockholm gut 60 000 Filmnegative des Fotokünstlers Ernest Cole gefunden wurden, konnte sich Dokufilmer Raoul Peck den Zugriff darauf sichern. Sein „Lost and Found“-Portrait beleuchtet Coles Oeuvre, dessen Werdegang und seine Wut beim Dokumentieren des Gesehenen sowie das Unverständnis über das Schweigen, die Mitschuld und die Komplizenschaft der westlichen Welt an den Schrecken der Apartheid. Ein beeindruckender - und lange nachwirkender Film.


Neil Young: Coastal
USA ´24: R: Daryl Hannah. Am 17.4. Wertung: ***** Bild: Trafalgar Releasing
Im Musikgeschehen gilt der mittlerweile in Kanada lebende Folk-Dino Neil Young als lebende Legende. Daryl Hannah könnte vor allem Filmfreunden als wandlungsfähige Schauspielerin seit ihrem Debüt als Meerjungfrau in der Hollywood-Komödie „Splash“ vertraut sein; dass sie Youngs Ehefrau ist, dürfte nicht unbedingt jedem Kinogänger bekannt sein. Und doch beschert uns dieser Umstand jetzt eine Doku, bei der die sich zur Regisseurin verwandelnde bessere Hälfte des Musikers ihren Göttergatten auf seiner Coastal-Solotour mit der Kamera begleitet: Die Corona-Pandemie liegt hinter Neil Young, der ins Rampenlicht zurückkehrt, während der Reise von einem zum nächsten Auftrittsort im Tourbus seine alltäglichen on-the-road-Beobachtungen macht, und diese Hannah mitteilt. Diese einzigartigen Einblicke hinter die Kulissen der Tour werden ergänzt durch den ironischen Smalltalk der Folk-Größe mit seinem Publikum. Zudem hält die Kamera drauf, wenn selten oder nie zuvor live gespielte Songs in den Kulissen von atemberaubend schönen Theatern aufgeführt werden - ein Highlight fürs Auge und fürs Ohr gleichermaßen.
Doku


The Accountant 2
USA ´25: R: Gavin O´Connor. Ab 23.4. Vorankündigung Bild: Warner Bros. Finance
So brutal Teil I des Actionkrachers “The Accountant” anno 2016 in Szene gesetzt worden war, kam die Story um Geldwäschespezialist Christian Wolff (Affleck) - der aufgrund seines Autismus von zwielichtigen Organisationen gern buchhalterisch angefragt wird, weshalb er bis zum unbeabsichtigten Wiedersehen mit seinem aus den Augen verlorenen und als Profikiller arbeitenden Bruder Brax (Bernthal) als Top-Empfehlung in kriminellen Kreisen gilt-, beim Publikum hervorragend an, so dass filmischer Nachschlag Pflicht schien. Dennoch sollten fast zehn Jahre ins Land gehen, bevor Regisseur Gavin O´Connor Ben Affleck in seiner Paraderolle als Zahlengenie jetzt abermals in den John Wick-Kampfmaschinenmodus hochschalten lässt: Als Raymond King (Simmons), der ehemalige Chef von Finanzagentin Marybeth Medina (Addai-Robinson), von unbekannten Tätern ermordet wird, spürt die junge Ermittlerin zunächst den abgetauchten Ex-Buchhalter Wolff wie schon in Teil I erfolgreich auf, um ihn für die Aufklärung dieses Verbrechens einzuspannen. Beide decken dann auch mithilfe von Wolffs Killer-Bruder Brax die Hintergründe zum Mord erfolgreich genug auf, um die Aufmerksamkeit einiger skrupelloser Mafiosi zu erregen, die um jeden Preis verhindern wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt…
Erste Kritikerstimmen von der Uraufführung des zweiten Teils in den USA sprechen davon, dass „The Accountant 2“ dichter und somit überzeugender ausfällt als Teil I, was vielversprechend klingt.
D: Ben Affleck, Jon Bernthal, Cynthia Addai-Robinson, Daniella Pineda, J.K. Simmons.


Der Pinguin meines Lebens
GB, Spanien/USA/Irland ´24: R: Peter Cattaneo. Ab 24.4. Wertung: ***** Bild: Tobis Film
Dass sich diese Eliteschule nur für Jungs in Buenos Aires angesichts der 1976 im ganzen Land herrschenden Militär-Junta aus allem herauszuhalten bemüht ist, stellt für den neu in die argentinische Großstadt kommenden Englischlehrer Tom Michell (Coogan) kein Problem dar. Dem desillusionierten Berufs-Zyniker und Spät-Hippie im Cordanzug sind die allerorts mit Händen zu greifenden politischen Unruhen schnurz, und er spult seinen Unterricht ab Tag eins ab, ohne sich groß für seine teils aufsässigen, teils desinteressierten Schüler zu interessieren. Dies ändert sich erst, als Tom einen kleinen, völlig verölten Pinguin am Strand findet und das Tier vor dem sicheren Tod rettet. Fortan hängt der Pinguin wie eine Klette an seinem Retter. Dem bleibt nichts anderes übrig, als das Tier in seinen Unterricht mitzunehmen, woraufhin der treue Begleiter dann sogar zum Maskottchen der Schule wird. Mehr noch: Durch den kleinen Getreuen findet Tom seine Menschlichkeit wieder, schwant es ihm, dass er angesichts des Terrors durch die Militärdiktatur selbst Stellung beziehen muss.
Regisseur Peter Cattaneo ist uns hierzulande in bester Erinnerung mit seiner kultigen Männerstrip-Mär „Ganz oder gar nicht“. Mit „Der Pinguin meines Lebens“ gelingt ihm ein vergleichbarer Coup – eine Dramödie nach einer wahren Geschichte, bei der die Regie die Balance zwischen Wohlfühlkino und Politdrama par excellence hält. Der Pinguin macht Steve Coogans hochintelligenten Zyniker Tom zum besseren Lehrer und mitfühlenden Menschen; wow!
D: Steve Coogan, Björn Gustafsson, David Herrero, Jonathan Pryce, Aimar Miranda.

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